Wait for You: Roman (Wait for You-Serie) (German Edition)
noch etwas anderem, das wahrscheinlich nur von ihm kam. »Ich meine, nein, du stinkst nicht.«
Cam musterte mich einen Moment zu lange. »Auf dem Weg zur Uni?«
Wir gingen die Treppe nach unten, aber sein Arm lag immer noch um meine Schultern. Mein gesamte Seite kribbelte, als wäre sie eingeschlafen. Er ging das Ganze so… beiläufig an. Als würde es ihm überhaupt nichts bedeuten. Tat es wahrscheinlich auch nicht. Ich erinnerte mich daran, wie er und das Mädchen sich gestern Nacht umarmt hatten. Aber für mich, für mich war es…
Ich konnte es nicht in Worte fassen.
»Avery?«, fragte Cam leise.
Ich löste mich von ihm und sah, wie Ollie ein breites Grinsen aufsetzte. Schnell ging ich weiter die Treppe nach unten, weil ich Abstand brauchte. »Ja, bin unterwegs zum Kunstkurs. Was ist mit euch beiden?«
Cam holte mich mühelos im zweiten Stock wieder ein. »Wir gehen frühstücken. Du solltest schwänzen und dich uns anschließen.«
»Ich glaube, ich habe diese Woche schon genug geschwänzt.«
»Ich schwänze«, verkündete Ollie, »aber Cam hat erst heute Nachmittag wieder Kurse, also ist er ganz brav.«
»Und du bist ein schlimmer Finger?«, fragte ich.
Ollies Grinsen war ansteckend. »Oh, ich bin wirklich ganz, ganz schlecht.«
Cam warf seinem Freund einen Blick zu. »Ja, schlecht in Rechtschreibung, Mathe, Englisch, darin, hinter dir aufzuräumen, dich mit Feiern zu unterhalten und noch einigen Dingen mehr.«
»Aber in allem, was wirklich zählt, bin ich gut.«
»Und was wäre das?«, fragte Cam, als wir aus dem Gebäude traten. Die Luft schien feucht, und die Wolken verhießen Regen.
Ollie joggte vor uns, dann drehte er sich um und ging rückwärts vor uns her, ohne den roten Truck zu beachten, der gerade ausparken wollte. Er hob seine gebräunte Hand und fing an, an seinen Fingern abzuzählen. »Trinken, Spaß haben, snowboarden und Fußball – erinnerst du dich an diesen Sport, Cam? Fußball?«
Cams lässiges Grinsen verblasste. »Oh ja, ich erinnere mich, Arschloch.«
Olli lachte nur, drehte sich um und steuerte auf Cams silbernen Truck zu. Ich musterte Cam neugierig. Er starrte mit zusammengebissenen Zähnen vor sich hin. Seine Augen waren kalt wie Eis. Ohne mich anzusehen, schob er die Hände in die Hosentaschen und sagte: »Wir sehen uns, Avery.«
Damit schloss er sich Ollie bei seinem Truck an. Mir war, als hätte sich die Luft passend zu Cams Laune, die auf einmal drastisch umgeschlagen war, plötzlich abgekühlt. Man musste kein Genie sein oder besonderes Einfühlvermögen besitzen, um zu merken, dass Ollie einen wunden Punkt berührt hatte und dass Cam nicht in der Stimmung gewesen war, sich zu erklären.
Zitternd eilte ich zu meinem Auto und kletterte hinein. Keine Sekunde zu früh, denn schon zerplatzte der erste fette Regentropfen auf meiner Windschutzscheibe. Als ich ausparkte, sah ich zu den beiden Jungs hinüber. Sie standen neben der Ladefläche des Pick-ups. Ollie lächelte, während Cam mit derselben kühlen, angespannten Miene auf ihn einredete. Was auch immer er seinem Freund erzählte, es machte ihn nicht glücklich.
Kapitel 6
Ich hatte keine Ahnung, wie Cam es geschafft hatte, mich davon zu überzeugen, dass wir nicht mit zwei Autos fahren sollten, sondern ich mich von ihm chauffieren ließ. Aber Samstagabend – am Tag unserer Hausaufgabe – kletterte ich kurz vor Sonnenuntergang in seinen riesigen silbernen Truck. Ich hatte schon seit Freitag Magenkrämpfe… seitdem Jacob angefangen hatte, mich wegen der Party zu nerven, auf die er und Brittany gehen wollten. Es war ein freundliches Drängen, und eigentlich wollte ich auch hingehen, aber dann konnte ich mich einfach nicht dazu überwinden. Außerdem hatte ich keine Ahnung, wo das Haus stand, Jacob hatte mir die Adresse erst spät geschickt und draußen hatte es schon wieder gestürmt.
Und jetzt war ich so nervös wie eine Maus in einem Raum voller hungriger Katzen. So lächerlich das auch klang, ich hatte noch nie mit einem Kerl in einem Auto gesessen. Mann, selbst in meinen eigenen Ohren klang das unglaublich jämmerlich. So jämmerlich, dass ich dieses Geheimnis mit ins Grab nehmen wollte.
Cam schob den Schlüssel in die Zündung, während er mich ansah. Wieder saß die Baseballkappe verkehrt herum auf seinem Kopf. Hinter seinen dichten Wimpern schimmerten seine Augen azurblau. »Bereit?«
Ich zog meine leichte Strickjacke enger um mich und nickte. Als ich Cam gestern Morgen in Astronomie gesehen hatte,
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