Wait for You: Roman (Wait for You-Serie) (German Edition)
war er sein übliches Selbst gewesen – hatte gescherzt, geflirtet und mir Cookies angeboten. Ich konnte nur hoffen, dass das bedeutete, dass Ollie und er das Problem geklärt hatten. »Und du bist dir sicher, dass wir das nicht auch irgendwo hier in der Gegend erledigen können?«
»Der Ort ist perfekt. Ich werde dich nicht in die Irre führen, Süße.«
»Okay«, murmelte ich mit ineinander verkrampften Händen. Ich schaute aus dem Fenster und beobachtete, wie der Campus an uns vorbeisauste und wir die Brücke nach Maryland überquerten.
Eine Viertelstunde später bog Cam auf die Straße ab, die zum Museum am Antietam National Battlefield führte. Der Geschichtsfreak in mir tickte aus, aber gleichzeitig war ich viel zu nervös, weil ich mitten in der Nacht mit Cam hier war. Nicht, dass er mir wie ein Typ vorkam, der etwas versuchen würde. Aber wenn ich überhaupt etwas wusste, dann, dass es bei solchen Sachen eigentlich keinen ›Typ‹ gab. Ich war vollkommen mit den Nerven am Ende.
»Bist du sicher, dass wir nachts hier sein dürfen?«, fragte ich, während ich mich umsah.
»Nö.« Er suchte sich eine geeignete Parklücke. Auf dem Parkplatz standen nur ein paar Autos.
Ich starrte ihn an. »Was?«
Mit einem Lachen machte er den Motor aus. »Nur ein Witz. Wir müssen nur einem der Rangers erzählen, dass wir von der Uni kommen. Dann ist es kein Problem.«
Ich konnte es nur hoffen. Von einem Parkranger vom Schlachtfeld gejagt zu werden, stand nicht auf meiner Liste von Dingen, die ich vor meinem Tod noch erleben wollte.
Doch nach einem kurzen Blick auf Cam konnte ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass er nichts dagegen gehabt hätte.
»Bist du bereit?«
Ich schnappte mir meine Tasche aus dem Fußraum und öffnete die Trucktür. »Ja. Lass es uns hinter uns bringen.«
Cam schnappte sich eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach und lachte wieder. »Nur nicht zu viel Begeisterung zeigen.«
Ich schenkte ihm ein grimmiges Lächeln. »Werde ich nicht.«
»Du lügst doch.« Er wanderte um die Motorhaube, schloss sich mir an und zeigte auf einem Zementturm mit rotem Dach, der sich in den Himmel erhob. »Da wollen wir hin.«
»Zum Turm an der Bloody Lane?«
Er warf mir einen kurzen Blick zu. »Du warst schon mal hier?«
»Nein.«
»Woher weißt du dann, dass das die Bloody Lane ist?«
Ich verzog den Mund zu einem schiefen Lächeln, während ich eine Strähne meines Haares wieder und wieder um meinen Finger wickelte. »Ich studiere Geschichte im Hauptfach, also interessieren mich solche Orte. Ich habe schon darüber gelesen. Der blutigste Tag des gesamten Bürgerkrieges fand auf diesem kurzen Stück der Schotterstraße statt.«
»Ja, das erzählen sie zumindest. Warte eine Sekunde.« Er drehte sich zu einem Ranger um, der quer über den Rasen auf uns zukam. »Bin gleich zurück.«
Ich beobachtete, wie Cam zu dem Ranger joggte. Sie wechselten ein paar Sätze, dann zeigte Cam ihm seinen Block. Der Ranger lachte, und sie schüttelten sich die Hände. Ich legte den Kopf in den Nacken und entdeckte die ersten winzigen Sterne am tiefblauen Nachthimmel. Bald schon würde es vollkommen dunkel sein.
Ich atmete einmal tief durch.
Cam schlenderte zu mir zurück. »Alles okay. Und wir sind nicht die Einzigen. Auf der anderen Seite des Turms sind wohl noch ein paar Studenten.«
»Cool.« Ich ging neben ihm, achtete aber darauf, einen gewissen Abstand einzuhalten. »Warum kommen so viele Leute extra hierher? Ich bin mir sicher, es gäbe auch geeignete Orte näher am Campus.«
»Nicht so geeignete wie dieser Ort hier. Schau dich um.« Er schob die Taschenlampe in seine hintere Hosentasche. »Bis auf die Häuser auf der anderen Straßenseite gibt es hier keinerlei Straßenlaternen oder Türme. Nur den Himmel.«
»Und Maisfelder«, führte ich an.
Er nickte. »Jede Menge Maisfelder.«
Wir erreichten den gepflasterten Teil der Bloody Lane und gingen Richtung Turm. »Was glaubst du, wie lange wir brauchen werden?«, fragte ich.
»Warum? Hast du heute noch ein heißes Date?«
Ich lachte bellend. »Ähm, nein.«
Er zog eine dunkle Augenbraue nach oben. »Du klingst, als wäre das eine total durchgeknallte Vorstellung. Als würde niemand je am Samstagabend ein Date haben.«
Ich ließ die Strähne fallen, an der ich herumspielte, und zwang mich zu einem beiläufigen Achselzucken. »Ich habe keine Dates.«
»Warum dann die Eile?«
Einzugestehen, dass mir bei der ganzen Sache hier richtig unwohl zumute war,
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