Wallenstein (German Edition)
Eggenberg, den Graf Trautmannsdorf im Auftrag des Königs Ferdinand besuchte, die Antwort auf die Frage zu formulieren, ob man dem Kurbayern Maria Anna zusagen sollte oder nicht. Das stolze Auftreten der bayrischen Delegierten Richel und Wolkenstein hatte am Hof trübe Erinnerungen geweckt. Eggenberg blieb dabei: »Geben, geben. Laßt sie stolz sein. Wir sind beide Opfer. Gebt sie ihm; er betrügt sich mit ihr.«
Die Prinzessin widerstrebte, Maximilian war alt und als hart verrufen, man tröstete sie mit seiner Frömmigkeit.
Sie wurden zu München in der Augustinerkirche kopuliert. Abends brannten die Teertonnen und Scheiterhaufen auf den Plätzen. Auf dem Marktplatz vor der großen Mariensäule waren geölte Gänse an Stangen gebunden; Burschen jagten auf Pferden vorbei, suchten ihnen die Hälse abzureißen. In der Residenz tanzten die Edlen den heiteren Tanz der Gaillarde, die Sarabande, Gavotte. Bankette auf dem großen Saal, Ballett, Ring- und Quintanrennen. Beim Aufzug zum Rennen wurden der goldüberladene Kurfürst und seine Braut hinter Trompeten und Heerpauken, geführt von den Maestri di Campo, auf einem Triumphwagen durch die Straßen gezogen, im blendenden Frühlingssonnenschein von blumenstreuenden Nymphen umgeben. Zwei weiße Pferde waren vor den Wagen gespannt, Maximilian lächelte starr. Sie lachte erst, als auf dem schwarzen Blachfeld beim Armbrustschießen die schlechten Schützen gepeitscht wurden und man die Hosen auf einer Stange herumtrug, die die Stadt als Preis aussetzte. Und nach den Schwerttänzen der Waffenschmiede küßte sie vor dem jubelnden Volk den strengen Menschen neben sich auf dem Thronsessel. Er trug eine dreifache Perlenschnur um den Hut; ein goldener Reiherkopf aufgelegt mit Diamanten, hoch wippend und schwankend der weiße Reiherbusch. Sein fettes Gesicht war von einem dichten graubraunen Vollbart eingerahmt. Eine Glutwelle hüllte seinen Kopf ein. Er tauschte, die Augen lauernd vom Boden erhebend, einen verwirrten fast schamvollen Blick mit dem seitwärts stehenden jungen Küttner.
Auf dem Schrannenplatz, an der Stelle des alten Galgens, errichtete Maximilian eine Mariensäule. Ihren Fuß umgaben mächtige geflügelte Engel mit starken Waffen, sie kämpften gegen Untiere. Contzen predigte an ihr nach dem Psalmwort: Du wirst über Nattern und Basilisken wandeln und Löwen und Drachen zertreten.
DIE MENSCHENMASSEN ließen sich nicht halten. Sie schwappten und rieselten von Böhmen her nach Westen, von Norden gegen Thüringen, vom Rhein herunter. Gurgelten unablässig. Aus Bayern schwollen sie an, gespeist aus allen Teilen des Landes. Die Quellen fanden die tosenden Söldner, das Brunnenrohr schlug die Einquartierung ein, Erpressung und Drangsalierung, Hungersnot und Verzweiflung trieben die Wasser zum Anschwellen. Am Chiemsee floh die Masse der männlichen Bevölkerung in die Wälder und Berge, dann sammelten sie sich unter den Entbehrungen. Zwischen Alz und Inn, Inn und Isar zuckten und zitterten die Kirchenglocken, gepeitscht von den metallenen Schwengeln. »Aufstand!« bullerte es über die Dörfer, die in die Ebenen geglitten waren, in den Bergen träumten, sich in dem Chiemsee spiegelten. Die Heere, Bayern Maximilians des Hoffärtigen, Spanier und Italiener des Gouverneurs von Mailand, Kaiserliche des speichelleckenden Aldringen, des glatten grausamen Federfuchsers, wollten sie über die Isar werfen.
Sie liefen im Winter frierend über die dunstige Erde; auf den Bergen sah man sie laufen und lief nach. Frauen und Kinder, Greise, Kranke im Zug. Sie drangen plündernd in die Häuser der Grundholden ein, rissen die Tore der Scheunen auf, hingen die Müller an den Mühlen auf, schleuderten die Mehlsäcke, Mehlsäcke über Mehlsäcke auf die hungernde Straße. In Rosenheim taten sie sich zusammen, erließen gegen den Kurfürsten Maximilian ein Famosschreiben, nannten ihn Geizkragen Bestie Paternosterknecht. Die Pfarrer warf man als seine Lakaien aus den Häusern, Jesuiten wurden gepeitscht, hie und da ermordet.
Als sich die Grundherren nach München wandten, schickte man ihnen Kapuziner, die sollten die Bauern besänftigen; die Mönche wagten sich nicht an den Herd heran. Das Regiment Cronberg stand bei Endorf und Prien am Chiemsee, dann über Riedering und Söchtenau; die Kompagnien wurden einzeln überfallen, zerstreut, die Pferde geraubt, die Waffen gesammelt; allenthalben begann der Einbruch in die Schlösser und Depots, Waffen wurden gesucht. Eine beherzte
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