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Wallenstein (German Edition)

Wallenstein (German Edition)

Titel: Wallenstein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Döblin
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Mönchskommission machte sich auf zu den Rebellen; sie sah in den Bauernlagern solchen Jammer, daß sie, ehe sie Maximilians Mandat verlesen hatte, abzog; die Mönche verschluckten vor diesen Männern, die sich vor Schwäche kaum auf den Beinen hielten, vor diesen hohlbäckigen, den Gräbern, an die man sie führte, die zornige Warnung, ließen sich gramvoll durch die leeren Dörfer zurückführen.
    Generalwachtmeister Lindelo in Wasserburg erhielt den Auftrag, seinen Platz zu halten. Spanisches Fußvolk aus Ferias Heer kommandierte Oberst Billehe, Artillerie kam aus München, Fürstenberg führte seine Reiter heran. Bei Ebersberg machten sie zweihundert Bauern still. Als das Dröhnen der Kirchenglocken nicht aufhörte, schoß Artillerie die Dörfer in Trümmer. Die ortskundigen Söldner machten Zeichnungen der Landschaft, man konnte ohne Lärm große Massen der Bauern umzingeln, mit Feldstücken und einigen Schlangen umlegen. Versprengte von Cronbergs Reiterei suchten Rache; den Rädelsführer Michael Mauerberger faßten sie, er wurde ihnen vom Oberst Billehe entrissen, und da er gestand, am Rosenheimer Famosschreiben beteiligt zu sein, sogleich enthauptet, gevierteilt. Die zerhackten Stücke stellte man aus, auch gegen die oberösterreichische Grenze, wo das Branden eben begann.

    IN DIE wandernden Scharen der Landesflüchtigen, in die Verödung der Landschaften geriet Ferdinand hinein. Er war dem Bandenführer entwichen, der ihn zehn Tage gefesselt hatte, um ihn an den Wiener Hof gegen ein Lösegeld wieder auszuliefern. Er strudelte mit den Bettelnden Hungernden Plündernden. Ferdinand, längst schmierig wie sie, aß Fleisch von gefallenen Pferden wie sie, lief vor hetzenden Hofhunden; Kaspar Weinbuch, der vertriebene Müller aus Bamsham, mit ihm. Sie hielten sich keine zwei Tage an einem Ort auf; der Boden war lebendig, er hob sich auf, stieß sie von sich. Ferdinand, dünn geworden, sein Gesicht knochenmager, überzogen von einer schlaffen faltigen schmutzüberkrusteten Haut, er ging krummer, rascher als sonst, sein hellblauer Blick bestimmt und sehr lebhaft. Redete und fuchtelte nach rechts und links: »Kein Erbarmen! Kein Erbarmen! Gebt nicht nach. Es sind Teufel in der Welt; wenn ihr sie nicht bezwingt, kommt die Sintflut, und was Lebensodem in der Nase hat, wird ausgerottet. Es kann nicht anders geschehen. Der Herr kann sich nicht anders retten.« Seine Parole wie Kaspar Weinbuchs, eines noch jungen einarmigen Menschen, der seine Mühle angesteckt hatte, weil er für die Italiener mahlen sollte: »Gebt nicht nach. Braucht Gewalt! Kein Mitleid! Braucht eure Arme, eure Zähne. Sterbt nicht, sterbt nicht hin. Wo ist eine Rettung für die Menschen, wenn ihr vergeht. Die Mühle, die die nächsten Geschlechter, Kinder und Enkel und Enkelkinder zermahlen soll, steht schon da, unser Blut, unsere Knochen hängen am Mühlrad. Sie muß brennen. Gebt nicht nach. Sterbt nicht! Sterbt nicht!«
    Sie plünderten viel, um leben zu bleiben, verteidigten sich, trugen Waffen; Pferde konnten sie nicht halten, da der Hafer ausging. Obwohl sie sich oft in leere Häuser einquartierten, litten sie furchtbar unter der Kälte.
    Ferdinand legte sich den Namen Grimmer bei. Die hetzenden harten Reden flossen aus seinem Munde; er wollte nicht sehen, wie sich Verzweifelte in die Städte schlichen, sich satt zu essen und zu wärmen, ob man sie auch totschlüge, oder sich bei den verfluchten Söldnern anwerben zu lassen. Grimmer, krumm an seinem Stock laufend, tröstete und reizte sie: »Fürchtet Gott! Fürchtet ihn! Wisset, daß eine grausige Macht hinter der Welt ist, der wir Verantwortung schulden. Gebt keine Nachsicht. Mordet, mordet! Vergeßt ihn nicht!«
    Was manche dieser Horden vor sich trugen, war das Schrecklichste, das die umlaufende Bevölkerung gesehen hatte: Kreuze aus starken Baumästen, mit Stricken zusammengebunden, daran hing ein wirklicher faulender Leichnam, bald ein Mann, bald ein Weib, manchmal ein Weib und an jedem Querast ein baumelndes Kind; den pestilenzialischen Geruch schienen die das Kreuz trugen nicht zu merken.
    Sie wurden allenthalben zersprengt. Über Furth irrte Grimmer mit Kaspar Weinbuch. Es war Frühling geworden, als sie böhmischen Boden betraten. Fließender Regen ohne Ende. Man ängstigte sich vor den hetzenden Gesellen, trieb sie weiter. Eine alte Fischerin, die sie für Stunden aufnahm und beköstigte, warnte sie, zeigte die Kinder ihrer Tochter, drei junge Geschöpfe, die sie bei sich hatte; Vater

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