Wanderungen durch die Mark Brandenburg
»Annalen der Niedersächsischen Landwirthschaft«. Sechs Jahrgänge.
Das Aufsehen, das diese Bücher und Schriften machten, war ein ganz außerordentliches. Man begreift diesen Erfolg nur, wenn man im Auge behält, daß sich ganz Deutschland eben damals nach einem besseren Ackerbausystem sehnte. »Wie ein leitendes Gestirn erschienen diese Werke am Horizont, freudig begrüßt von der landwirtschaftlichen Welt.« Nicht nur in Schriften, sondern auch in den Salons der Residenzen und in den Wein- und Bierstuben der Marktstädte wurde mit Enthusiasmus dafür, mit Wut – denn auch an Gegnern fehlte es nicht – dagegen gestritten, oft von beiden Seiten gleich unverständig. Seine eigenen Erfolge, die von Jahr zu Jahr wuchsen, unterstützten sein Ansehn, so daß ihm ein großer hannöverscher Grundbesitzer schrieb: »Wenn ich diesen Abend einen Brief von Ihnen erhalte, daß ich meine Gebäude anstecken soll, so stehen sie vor Nacht schon in Flammen.« Alles verlangte seinen Rat, erbat seine oberste Leitung, so daß demselben Manne (dazu noch immer »Leibmedikus«), dessen eigenes Gutsareal sich auf kaum 130 Morgen belief, 100000 Morgen des verschiedensten Bodens derart zur Verfügung standen, daß er, in Ansehung der Bewirtschaftung, damit schalten und walten konnte, wie mit seinem Eigentum. Sein Buch aber gewährte ihm vor allem die Befriedigung: »das Nachdenken besserer Köpfe über Landwirtschaft geweckt und zu energischerer Tätigkeit angespornt zu haben.«
Im Jahre 1802 traten auch die Anfänge seiner »Landwirtschaftlichen Akademie« ins Leben. Diese Akademie erwuchs organisch zwanglos; sie machte sich von selbst und ging mehr aus einem glücklichen Ungefähr, als aus einem festen Entschluß hervor, wiewohl Thaer in seinen Schriften bereits auf das Wünschenswerte eines landwirtschaftlichen Lehrinstituts hingewiesen und seine Ideen darüber geäußert hatte. Im genannten Jahre kamen mehrere junge Männer, darunter der später durch sein Buch »Der isolierte Staat« so berühmt gewordene Herr von Thünen nach Celle, um an Ort und Stelle die Methode und die Erfolge der Thaerschen Bestellungsart kennenzulernen. Sie blieben den ganzen Sommer über. Um diese jungen Leute nicht unbeschäftigt zu lassen, entschloß sich Thaer, ihnen Vorlesungen über Landwirtschaft zu halten und einigen Unterricht in der Naturkunde, Chemie und Botanik hinzuzufügen. Der Fleiß und Eifer, womit man ihm entgegenkam, übertrafen seine Erwartung, aus den zwanglosen Vorlesungen wurde ein »Institut«, das im kleinen bereits all die Züge der erst mehrere Jahre später ins Leben tretenden Mögliner Akademie besaß.
So kam das Jahr 1804, das unsern Thaer nach Preußen führte.
Schon 1799 und 1801 hatte er Reisen in die Mark, besonders in die Oderbruchgegenden gemacht und dabei die Frau von Friedland, eine Tochter des Generals von Lestwitz, sowie deren Tochter und Schwiegersohn, den Landrat Grafen von Itzenplitz kennengelernt. Der Aufenthalt in Kunersdorf, dem schönen Gute der Frau von Friedland, wo diese ausgezeichnete, mit allen Details der Wirtschaftsführung vertraute Frau lebte, war ihm genuß- und lehrreich gewesen und vielfach erstarkt und ermutigt, war er nach seinem Landgütchen an der Aller zurückgekehrt. Die Hauptbedeutsamkeit dieser Reisen lag aber darin, daß sie zu seiner Übersiedelung nach Preußen erheblich mitwirkten.
Die nächste Veranlassung zu dieser Übersiedelung entsproß aus der politischen Lage. Der Wiederausbruch des Krieges zwischen Frankreich und England hatte zur Besetzung Hannovers durch die Franzosen geführt. Die Not des Landes schmerzte ihn tief, trotzdem er persönlich unter der französischen Okkupation nicht zu leiden hatte. Ja, General Mortiers Anordnungen behandelten ihn als Verfasser der »Englischen Landwirtschaft« mit besonderem Respekt. Nichtsdestoweniger konnte ihn sein persönliches Gesichertsein über die allgemeine Lage nicht trösten.
In dieser Zeit war es, daß Thaer sein Auge auf Preußen richtete, auf Preußen, das er für die einzige feste Vormauer gegen hereinbrechende Anarchie und Despotismus hielt. Die Idee einer Übersiedelung kam ihm; Briefe, nach Kunersdorf hin gerichtet, sprachen verwandte Wünsche aus und Graf Itzenplitz – übrigens bei Hardenberg und Beyme dem entschiedensten Entgegenkommen begegnend – führte mit Umsicht und Gewandtheit die ganze Angelegenheit zu einem glücklichen Ende. Schon im Februar 1804 erhielt Thaer einen Brief vom Minister Hardenberg, in dem es
Weitere Kostenlose Bücher