Wanderungen durch die Mark Brandenburg
Kostüm, das ich an anderer Stelle bereits (siehe S. 36) ausführlicher beschrieben habe.
Einigermaßen Leben und Farbe gewinnt die Geschichte von Quilitz erst mit dem Jahre 1763, und wir wenden uns deshalb, mit Übergehung alles dessen, was vorher liegt, dieser Epoche zu.
Quilitz von 1763 bis 1814
Nach dem Tode des Markgrafen Karl fielen die am Rande des Oderbruchs gelegenen Güter desselben, Friedland und Quilitz, an die Krone zurück. Aber nicht auf lange; Friedrich II. verschenkte sie im selbigen Jahre noch, und zwar gab er Friedland an den damaligen Major von Lestwitz, »den Sieger von Torgau«, Quilitz an den Oberstleutnant von Prittwitz, der in der Schlacht bei Kunersdorf, als Rittmeister bei den Zietenschen Husaren, den König vor drohender Gefangenschaft gerettet hatte. Gegen beide Offiziere unterhielt der König seit den genannten beiden Tagen ein verwandtes Gefühl besonderer Dankbarkeit. »Lestwitz hat den Staat, Prittwitz hat den König gerettet«, so hieß es damals sprichwörtlich. Lestwitz a sauvé l'état, Prittwitz a sauvé le roi.
Die Rettung des Königs durch Prittwitz wird verschieden erzählt. Die gewöhnliche Darstellung des Hergangs ist die folgende:
»Als gegen Abend die preußischen Truppen nach übermenschlicher Anstrengung und Tapferkeit endlich zurückgeworfen waren und fast aufgelöst das Schlachtfeld verließen, war der große König in Verzweiflung, und man hörte ihn die Worte rufen: ›Kann mich denn heute keine verwünschte Kugel treffen!‹ Zwei Pferde waren ihm unter dem Leibe erschossen worden, und eine dritte Kugel hatte ihm ein goldenes Etui in seiner Westentasche zerdrückt. 19 Nach dem schnellen Rückzuge des Heeres streifte noch Joachim Bernhard von Prittwitz mit einem Trupp von etwa fünfzig seiner Zietenschen Husaren auf dem Schlachtfelde umher. Als auch er endlich sich vor den andrängenden Kosakenschwärmen zurückziehen wollte, rief ihm der Unteroffizier Velten, der später geadelt, als Major in der Rheinkampagne fiel, zu: ›Herr Rittmeister, da steht der König!‹ Sich umwendend, erblickte Prittwitz den König, der fast allein und nur in Begleitung eines Pagen, welcher sein Pferd hielt, auf einem Sandhügel des sogenannten Mühlberges stand. Er hatte seinen Degen vor sich in die Erde gestoßen und blickte mit verschränkten Armen dem herannahenden Verderben entgegen. Eilig sprengte Joachim Bernhard auf ihn zu, doch nur mit Mühe vermochte er ihn zu überreden, sich aufs Pferd zu werfen und auf seine Rettung bedacht zu sein. Endlich folgte der König seinen Bitten, indem er rief: ›Nun Herr, wenn Ihr meint, vorwärts.‹ Aber schon waren die Kosaken ganz nahe gekommen. Joachim Bernhard wandte sich um und schoß den feindlichen Offizier vom Pferde. Dies machte die Verfolger einen Augenblick stutzen, der König gewann mit seiner kleinen Schar einen Vorsprung, und jene vermochten ihn nicht wieder einzuholen. Mehrmals rief er dabei aus: ›Prittwitz, ich bin verloren!‹ Auf diese Weise rettete sich Friedrich vom Mühlberg herab ins Tal über die sogenannte große Mühle, hinter deren Defileen er vorläufig sicher war. Hier ritt er auf die erste Anhöhe und sah auf die zerschossenen Bataillone, die vorüberzogen. Mit Tränen in den Augen rief er ihnen zu: ›Kinder, verlaßt mich heute nicht, euren König, euren Vater.‹ Und dann ritt er weiter und kam spät abends nach dem Dorfe Ötscher. Auf dem Rücken Joachim Bernhards schrieb er hier mit Bleistift an den Minister Finkenstein in Berlin die berühmt gewordenen Worte: ›Alles ist verloren, retten Sie die Königliche Familie, Adieu für immer.‹ Während in Ötscher der unglückliche König nur von wenigen Getreuen umgeben, sich aufs Stroh warf, sammelte Joachim Bernhard die aufgelösten Trümmer der Armee, etwa 3000 bis 4000 Mann, so daß ihm nicht nur der Ruhm gebührt, den König, sondern auch den Rest der Armee gerettet zu haben. Denn wurden diese Truppenreste nicht in der Nacht noch nach Ötscher, wo die Schiffsbrücken waren, dirigiert, so waren sie auf dem rechten Oderufer verloren. Als er dem Könige melden wollte, daß sich einige Bataillone gesammelt hätten, verhinderten ihn die Adjutanten daran, die bei der verzweifelten Stimmung des Königs fürchteten, derselbe werde, sobald er erführe, er habe noch Truppen in Händen, den unglücklichen Kampf von neuem beginnen.«
So erzählen die meisten zeitgenössischen Schriftsteller. Etwas abweichend davon berichtet Frau von Blumenthal in ihrer
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