Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
wieder stärker betroffen. In Florenz, wo die Pest besonders heftig wütete, starben mehr als drei Viertel der Bewohner. Insgesamt tötete die Pest ein Drittel der europäischen Bevölkerung, rund 20 bis 25 Millionen Menschen, in Deutschland schätzungsweise zehn Prozent.
ca. 1350
TOTENTANZ – GEIßLERZÜGE – BRUNNENVERGIFTER Begleiterscheinung der Pest war ein übersteigertes Büßer- und Geißlertum, in der Kunst dargestellt als »Totentanz«, in Frankreich als Danse macabre . Die Geißler- oder Flagellantenzüge hatten sich, ausgehend von Italien, blitzartig in ganz Europa verbreitet. Bis ins 19. Jahrhundert hielt man Krankheiten oft für eine »Strafe Gottes«, so kam es zu dieser »religiösen« Bekämpfung der Seuche. Eine andere Begleiterscheinung waren teilweise massive Pogrome gegen Juden. In Deutschland fielen ihnen Tausende zum Opfer, noch mehr wurden vertrieben. Die Beschuldigung lautete meistens, Juden hätten Gift in die Brunnen geträufelt. Papst Clemens VI., der so willfährig nach Avignon übergesiedelt war, sah allerdings keinen Zusammenhang, da die Pest auch dort wütete, wo keine Juden lebten, und beschützte sie in seinem Machtbereich.
1356
GOLDENE BULLE Prag war einer der Orte, der von der großen Pestepidemie verschont blieb. Der spätere Kaiser Karl IV. aus dem Hause Luxemburg wurde 1316 hier geboren und ursprünglich auf den böhmischen Namen Wenzel getauft. Er wuchs am französischen Hof auf und war als junger Mann lange durch Italien gereist; der sehr gebildete junge Prinz sprach fünf Sprachen.Inder Nachfolge seines Vaters wurde Wenzel als Karl IV. 1347 böhmischer König und 1349 deutscher Kaiser. Kurz nach seinem Regierungsantritt gründete er 1348 in Prag die erste Universität nördlich der Alpen. Er machte Prag zu einem Zentrum der spätmittelalterlichen Kultur. Mit der Goldenen Bulle erließ er eines der wichtigsten Grundgesetze für das Heilige Römische Reich.
Bullen waren die aus Wachs oder Blei bestehenden Siegel, mit denen man die Echtheit wichtiger Urkunden verbriefte. Sie sind der Vorläufer des Amtsstempels auf Führerschein, Baugenehmigung und dergleichen. Man bezeichnete aber auch das gesamte Dokument – hauptsächlich die Urkunden der Päpste – als Bulle. Im deutschsprachigen Raum bezieht sich »Goldene Bulle« eigentlich immer nur auf die von Karl IV. erlassene Bulle von 1356. Sie blieb bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches (1806) in Kraft, regelte endgültig die Wahl des »römischen« Kaisers und bestätigte vor allem die sieben Kurfürsten, die sich bis dahin herausgebildet hatten, in ihrem (alleinigen) Wahlrecht.
Die Goldene Bulle schuf im Wesentlichen kein neues Recht, sondern schrieb eine überkommene Praxis für die Zukunft fest. Neu war allerdings, dass die Berechtigung zum Führen des Kaisertitels nicht mehr von der Zustimmung des Papstes abhing. Endgültig seit der Goldenen Bulle war damit der deutsche König auch automatisch »römischer Kaiser«. Dementsprechend verloren die Papstkrönungen an Bedeutung. Der letzte deutsche König, der von einem Papst gekrönt wurde, war Karl V.
HEILIGES RÖMISCHES REICH DEUTSCHER NATION Bis in die Zeit der Ottonen sprach man nur vom Regnum Francorum oder vom Regnum Teutonicum . Während der Zeit der Salier wird erstmals die Bezeichnung Imperium Romanum aktenkundig (1034). Im Zusammenhang mit den um das Jahr 1000 umlaufenden apokalyptischen Weltuntergangsszenarien gab es eine mittelalterliche Geschichts»theorie«, die auf einer Bibelstelle im Buch Daniel beruhte und eine Abfolge von Weltreichen: Babylon-Perser-Alexander-Rom postulierte. Durch die Übertragung der Kaiserwürde an Karl den Großen sei die römische Kaiserwürde bei den fränkischen Herrschern und letztlich bei den Deutschen angekommen. So wurde das Regnum Francorum begrifflich gesehen zum Imperium Romanum .
Als sich Friedrich Barbarossa in Italien in der Auseinandersetzung mit dem Lombardischen Bund und der Sancta Ecclesia des Papstes zu behaupten versuchte, überhöhte sein Kanzler das Imperium Romanum zum Sacrum Imperium Romanum (Heiliges Römisches Reich). Wesentlicher Bestandteil dieses Propagandafeldzuges war übrigens die Übertragung der Reliquien der Heiligen Drei Könige (Könige!) aus dem besiegten Mailand nach Köln. Für deren Aufbewahrung wurde der prächtige Dreikönigsschrein in Auftrag gegeben. Außerdem veranlasste die Reichskanzlei die Heiligsprechung Karls des Großen einschließlich einer
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