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Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)

Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)

Titel: Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Seidel
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Rohstoffverarbeitung, Chemie, Massengüterproduktion am Fließband) geradezu ironisch-polemisch gegenübergestellt, die man als »schmutzig« und »veraltet« ( Old Economy ) brandmarkte. Die neuen Hoffnungsträger wurden an der Börse in einer Art Goldrausch hoch bewertet und zum Schluss einfach überbewertet. Bis zum März 2000 erreichten die wichtigsten Weltbörsen neue Aktienhöchststände, dann platzte die Spekulationsblase. Viele Geschäftsmodelle erwiesen sich sehr schnell als substanzlos. Die Investoren, darunter auch viele Kleinanleger, verloren Geld und Vermögen.
    2007/2008
    SUBPRIME UND DERIVATE     Der Subprime-Markt ist ein Teilmarkt des Hypothekenmarktes und bezieht sich auf diejenigen Hypotheken, die keine erstklassigen Wertanlagen darstellen, sondern zweitklassige ( subprime ).
    Die Regierung des amerikanischen Präsidenten Bush (2001–2009) ermunterte die Banken, Kredite zum Bau oder Kauf von Eigenheimen auch an Darlehensnehmer zu vergeben, deren Bonität nicht gesichert war, sprich: an arme Leute. Auch ihre Immobilien waren nicht so viel wert, wie ein dadurch spekulativ überhitzter Immobilienmarkt vermuten ließ. Die Niedrigzins-Politik der amerikanischen Notenbank unter ihrem Gouverneur Alan Greenspan (1987–2006) gaukelte den Leuten zudem vor: »Kredite kosten nichts«.
    Die Banken bündelten ihre mehr schlecht als recht besicherten Darlehensforderungen in einer Art Fonds, aus dem sie wiederum Wertpapiere bildeten. Damit hatten die Forderungen eine andere »Struktur« und konnten als Geldanlage weiterverkauft werden. So entstand ein »Derivat«, ein »strukturiertes Finanzprodukt«. Deren »Wert« wurde durch positive »Ratings« darauf spezialisierter Agenturen verstärkt, währenddessen diese »Finanzinstrumente« immer komplexer und undurchschaubarer wurden.
    2008
    FINANZMARKTKRISE     Als die Zinsen in den USA wieder stiegen und gleichzeitig die Einkommen sanken, konnten viele Amerikaner die Hypotheken für Häuser nicht mehr bezahlen. Nun zerplatzte die Subprime-Blase. Das setzte eine Abwärtsspirale der Finanzmärkte von ungeheurem weltweiten Ausmaß in Gang. Die Regierung Bush sah sich gezwungen, die Hypothekenbanken Fannie Mae und Freddie Mac zu verstaatlichen. Vielen Immobilienbesitzern blieb nichts anderes übrig, als Eigenheime und Wohnungen zu verkaufen, aber da so viele Objekte gleichzeitig auf den Markt kamen, verloren sie drastisch an Wert. Und weil so viele Banken so viele Subprime-Derivate in ihren Depots hatten, verloren auch sie an Wert.
    Das gesamte amerikanische und in der Folge auch das eng verknüpfte weltweite Finanzsystem steht am Abgrund. Banken wie Lehman Brothers und Versicherungen (der größte Versicherungskonzern AIG muss im vierten Quartal 2008 einen Bilanzverlust von 61,7 Milliarden Dollar hinnehmen) gehen in Konkurs. Island gerät im Oktober 2008 nach dem Kollaps seiner Banken an den Rand des Staatsbankrotts. In Deutschland muss vor allem eine bis dahin wenig bekannte Großbank namens Hypo Real Estate mit staatlichen Garantiezusagen in Höhe von rund 100 Milliarden Euro vor dem Zusammenbruch bewahrt werden. Weltweit werden die Kredite knapp, eine existentielle Bedrohung für die Realwirtschaft. Die großen amerikanischen Autokonzerne betteln im November 2008 in einer gemeinsamen Aktion ihre Regierung um Überbrückungskredite an. Die Staaten intervenieren mit Garantien, um wenigstens die Funktionsfähigkeit des Systems zu erhalten. Der Internationale Währungsfonds schätzt den Gesamtschaden auf 12000 Milliarden Dollar.
    November 2008/2009
    YES, WE CAN     Am 20. Januar 2009 wurde Barack Obama als 44. und erster afroamerikanischer Präsident der Vereinigten Staaten vereidigt. Die Mehrheit von 53 Prozent der Wählerstimmen für Obama gegenüber seinem weißen republikanischen Gegenkandidaten war angesichts einer solch historischen Wahl überzeugend. 75 Prozent der Amerikaner sind Weiße mit europäischen Vorfahren, nur 13 Prozent sind Afroamerikaner, die restlichen zwölf Prozent sind überwiegend lateinamerikanischer Herkunft und Asiaten.
    Offenbar suchten die Amerikaner nach einer Art Neuanfang für ihr Land – nicht nur wegen der Fehlgriffe der Bush-Administration (Dritter Golfkrieg, Finanzkrise). Die neue Landkarte in Europa, die Schwellenländer, der 11. September, das Internet – mit etwas Zeitverzögerung bemerkte auch die Masse der Amerikaner, dass es eine Zukunft gibt, die nach neuen Kriterien und Denkmustern gestaltet werden sollte.

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