Wann tranken die Türken ihren Kaffee vor Wien?: Weltgeschichte - alles, was man wissen muss (German Edition)
natürlich gemalter Landschaften und Stadtansichten. Die plastische Modellierung seiner Gestalten durch Licht und Schatten bestimmte die gesamte Malkunst bis Picasso.
Sowohl Dante als auch Boccaccio erwähnen den Künstler in ihren Werken. Petrarca besaß ein von Giotto gemaltes Bild.
ca. 1310
DANTE ALIGHIERI: DIE KOMÖDIE Den geläufigen Titel Die göttliche Komödie gab ihr erst der Dante-Bewunderer Giovanni Boccaccio; er meinte damit eine »hervorragende Komödie«, so wie man heute auch sagt: ein göttlicher Genuss. Dante verwendete den schlichten Titel La Comedia so, wie man das Wort damals in Italien (und heute noch in Hollywood) verstand: Geschichte mit Happy End. Es ist aber keine Seifenoper, sondern ein hochgelehrtes Werk über die Wanderung des Dichters durch die drei Jenseitsreiche Hölle, Fegefeuer und Paradies.
Über Dantes (1265–1321) Leben ist wenig bekannt. 1302 wurde er aus seiner Heimatstadt Florenz verbannt, Die Komödie entstand im Exil ab 1307 auf Italienisch. Für die Italiener ist die Komödie Gründungs- und Hauptwerk ihrer Literatur und wegen der damaligen Vorreiterrolle Italiens auch der modernen europäischen Literatur.
ca. 1345
FRANCESCO PETRARCA: CANZONIERE Weil sein Vater Petracco ein papsttreuer Florentiner Notar war, kam Francesco Petrarca (1304–1374) im Alter von sieben Jahren nach Avignon. (Petrarca ist eine latinisierte Form des Vaternamens.) Er wohnte später in einem Haus in Vaucluse und bestieg 1336 den nahe gelegenen Mont Ventoux, den Paul Cézanne um 1900 so oft malen wird. Nur zum Vergnügen einen Berg zu besteigen und seine Naturempfindungen in einem Brief auszudrücken, war etwas völlig Neues. Jeder mittelalterliche Mensch hätte darüber den Kopf geschüttelt.
Petrarca reiste durch ganz Europa, nach Paris, in die Niederlande, an den Rhein, später wieder nach Italien, als Gesandter auch nach Prag. Er war stets auf der Suche nach antiken Manuskripten, die Beschäftigung mit der Antike war der Hauptlebensinhalt des Gelehrten. Hierin fand er »alternative« Lebensformen zu denjenigen seiner eigenen Zeit. Sein Hauptwerk sind Gedichte, die meist als Canzoniere (»Lieder«) herausgegeben werden. Auch er schrieb in der »Volkssprache« Italienisch.
ca. 1350
GIOVANNI BOCCACCIO: DAS DEKAMERON besteht aus jeweils zehn Novellen, die sich die Mitglieder einer Reisegesellschaft an zehn Tagen zu ihrer Unterhaltung gegenseitig erzählen. Diese Herrschaften (sieben Damen, drei Herren) sind auf der Flucht vor der Pest von Florenz aufs Land gereist. Das Dekameron (»Das Hundert-Werk«) entstand um 1350, nach dem Pestjahr 1348 in Florenz. Mit all seinen Schwänken und Abenteuern ist es auch heute noch sehr vergnüglich zu lesen. Boccaccio (1313–1375) bewunderte Dante und war mit Petrarca befreundet. Auch er und andere Intellektuelle ihres Freundeskreises forschten in Bibliotheken nach Texten aus der Antike.
Es war diese Mentalität, die bewusste Suche nach neuen geistigen Inhalten, neuen geistigen und künstlerischen Ausdrucksformen und nach neuen Lebensformen, die die »Renaissance«, die »Wiedergeburt« der Antike einleitete.
1300
ABLASSHANDEL UND JUBELJAHR – ERSTES »HEILIGES JAHR« Um der Kirche eine neue Einnahmequelle zu erschließen, verkündete Papst Bonifaz VIII. 1300 erstmals ein »Heiliges Jahr«: Allen Christen wurde ein Sündenablass in Aussicht gestellt, wenn sie nach Rom pilgerten. Der Erfolg war überwältigend. Das Gedränge auf der Engelsbrücke von der Altstadt zum Vatikan war so groß, dass man Linksverkehr einführen musste. Der schwunghafte Ablasshandel verbesserte nachhaltig die Lage der päpstlichen Finanzkassen. Schon im alten Israel hatte es die Tradition gegeben, in jedem fünfzigsten Jahr einen Schuldenerlass durchzuführen, angekündigt durch das Blasen des Schofars, eines Kultinstrumentes aus Widderhorn. »Widderhorn« heißt auf Hebräisch jovel . Die Verbindung von Jubel und Ablass ist also seit biblischen Zeiten sehr eng. Mit dem Ablasshandel betrieb die Kirche in den folgenden 200 Jahren einen derartigen Missbrauch, dass Martin Luther, davon angewidert, über Maßnahmen zu einer tiefgreifenden Reform der Kirche nachsann. Nachdem er sie per Thesenanschlag veröffentlicht hatte, entwickelte sich daraus die Reformation.
1302
U NAM SANCTAM ist der Titel einer der berühmtesten Papstbullen. 1302 verkündete Bonifaz VIII. die Doktrin von der übergeordneten Stellung des Papsttums über alle weltlichen
Weitere Kostenlose Bücher