Warum Sex Spass macht
Unterschieden zwischen Männern und Frauen nicht um eine Frage des Entweder-Oder handelt, sondern um Abstufungen: Bei einem Geschlecht findet man unter Umständen eine höhere Konzentration eines Hormons und eine größere Zahl der dazugehörigen Rezeptoren. Insbesondere ist die Schwangerschaft nicht der einzige Weg zur Bildung der Hormone, die für Brustwachstum und Milchproduktion notwendig sind. So sorgen zum Beispiel die normalen Hormone im Blut des Neugeborenen bei mehreren Säugetierarten für die Bildung der sogenannten Hexenmilch. Die direkte Injektion der Hormone Östrogen oder Progesteron, die normalerweise während der Schwangerschaft ausgeschüttet werden, löst bei jungfräulichen weiblichen Kühen und Ziegen die Milchproduktion aus – und auch bei Stieren, Ziegenböcken und männlichen Meerschweinchen. Die hormonbehandelten jungen Kühe produzieren im Durchschnitt ebensoviel Milch wie ihre Halbschwestern, die Kälber zur Welt gebracht und gesäugt haben. Allerdings geben hormonbehandelte Stiere viel weniger Milch als die Jungkühe, und deshalb sollte man nicht damit rechnen, daß Stiermilch nächste Weihnachten im Supermarkt steht. Aber das ist auch nicht verwunderlich, denn bei Stieren sind die Möglichkeiten von vornherein schon eingeschränkt: Bei ihnen hat sich kein Euter entwickelt, das soviel Brustgewebe aufnehmen könnte wie hormonbehandelte jungfräuliche Kühe. Beim Menschen hat man mit gespritzten oder äußerlich aufgetragenen Hormonen schon unter vielen Bedingungen eine anormale Brustentwicklung und Milchsekretion ausgelöst, und zwar sowohl bei Männern als auch bei nichtschwangeren oder nichtstillenden Frauen. Männliche und weibliche Krebspatienten produzierten nach einer Östrogenbehandlung weiterhin Milch, wenn man ihnen Prolactin gespritzt hatte. Ein solcher Patient, ein Mann von 64 Jahren, schied nach dem Ende der Hormonbehandlung noch sieben Jahre lang Milch aus. Diese Beobachtung machte man in den vierziger Jahren, lange bevor die medizinische Forschung an Versuchspersonen von Ethikkommissionen genehmigt werden mußte; heute sind solche Experimente verboten. Auch nach der Einnahme von Beruhigungsmitteln, die auf den Hypothalamus wirken, der seinerseits die Hypophyse steuert, in der das Prolactin produziert wird, beobachtete man anormale Milchproduktion; ebenso kennt man sie von Patienten nach Operationen, bei denen die am Saugreflex beteiligten Nerven gereizt wurden, und von manchen Frauen, die über lange Zeit hinweg Östrogen- und progesteronhaltige Verhütungsmittel einnehmen. Mein Lieblingsbeispiel ist der chauvinistische Ehemann, der sich immer über die »mickrigen kleinen Brüste« seiner Frau beklagte, bis er zu seinem Entsetzen feststellen mußte, daß seine eigenen Brüste größer wurden. Wie sich herausstellte, hatte seine Frau ihre Brust reichlich mit Östrogensalbe eingerieben, um das von ihrem Mann so sehr gewünschte Wachstum anzuregen, und die Salbe hatte auch auf ihn »abgefärbt«.
An dieser Stelle fragen Sie sich vielleicht, ob nicht alle genannten Beispiele für die Möglichkeit einer ganz normalen männlichen Milchproduktion ohne Bedeutung sind, handelt es sich doch um medizinische Eingriffe wie Hormonspritzen oder Operationen. Aber zur anormalen Milchproduktion kann es auch ganz ohne die Methoden der Hightech-Medizin kommen: Schon die mehrmalige mechanische Stimulation der Brustwarzen reicht bei jungfräulichen Weibchen mehrerer Säugetierarten und auch bei jungen Frauen aus, um die Milchabsonderung in Gang zu setzen. Solche mechanischen Reize sind ein natürlicher Weg zur Anregung der Hormonausschüttung; dabei laufen Nervenreflexe von den Brustwarzen über das Zentralnervensystem zu den hormonproduzierenden Drüsen. So kann man zum Beispiel geschlechtsreife, aber jungfräuliche Beuteltierweibchen regelmäßig zur Milchproduktion veranlassen, indem man einfach das Junge einer anderen Mutter an ihre Zitzen legt. Ebenso werden junge weibliche Ziegen durch »Melken« zur Milchproduktion angeregt. Das Prinzip läßt sich vermutlich auch auf Männer übertragen, denn die Stimulation der Brustwarzen mit der Hand löst bei Männern wie bei Frauen, die gerade keine Milch produzieren, einen Prolactinschub aus. Bei Jungen im Teenageralter kommt es durch Selbststimulation der Brustwarzen nicht selten tatsächlich zur Milchabsonderung.
Mein Lieblingsbeispiel für dieses Phänomen stammt aus einem Leserbrief in der häufig nachgedruckten Zeitungskolumne »Dear Abby«.
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