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Warum Sex Spass macht

Warum Sex Spass macht

Titel: Warum Sex Spass macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jared Diamond
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läßt sich das gleiche Modell mit geringen Abwandlungen für den Transport von Passagieren, Fallschirmspringern oder Fracht verwenden. Einen Lastwagen zum Flugzeug umzubauen oder umgekehrt, ist dagegen nicht möglich, denn ein Lastwagen ist in vielerlei Hinsicht auf die Funktion als Lastwagen festgelegt: schweres Fahrwerk, Dieselmotor, Bremsen, Achsen und so weiter. Wer ein Flugzeug bauen will, wird nicht von einem Lastwagen ausgehen und ihn umbauen, sondern ganz von vorn anfangen. Tiere hingegen werden nicht von Grund auf neu konstruiert, damit sie die optimale Lösung für eine bestimmte Lebensweise darstellen, sondern sie entwikkeln sich aus vorhandenen Tierpopulationen. Veränderungen der Lebensweise finden in der Evolution ganz allmählich statt, weil sich in einer Konstruktion, die an eine andere, ähnliche Lebensweise angepaßt ist, kleine Veränderungen ansammeln. Ein Tier, das in vielfacher Weise auf eine bestimmte Lebensweise spezialisiert ist, kann unter Umständen nicht mehr die vielen Anpassungen an eine andere Art des Lebens hervorbringen, oder es gelingt ihm erst nach sehr langer Zeit. So kann sich ein Säugetierweibchen, das lebende Junge zur Welt bringt, nicht einfach dadurch zu einem eierlegenden Tier entwickeln, daß es den Embryo einen Tag nach der Befruchtung ausstößt; es muß vielmehr nach Art der Vögel auch Mechanismen hervorbringen, mit denen es Dotter, Eierschalen und andere Voraussetzungen für das Eierlegen schaffen kann.
    Erinnern wir uns: In den beiden großen Gruppen warmblütiger Wirbeltiere, den Vögeln und den Säugetieren, ist väterliche Brutpflege bei den Vögeln die Regel und bei den Säugetieren die Ausnahme. Dieser Unterschied ist eine Folge der langen Evolutionsgeschichte beider Gruppen, in deren Verlauf sie für das Problem, was man mit einer gerade intrakorporal befruchteten Eizelle anfängt, unterschiedliche Lösungen entwickelt haben. Jede dieser Lösungen erforderte eine ganze Reihe von Anpassungen, die bei Vögeln anders waren als bei Säugetieren und auf die alle heutigen Vertreter dieser Gruppen festgelegt sind.
    Die Lösung der Vögel besteht darin, daß das Weibchen den Embryo nach der Befruchtung sehr schnell zusammen mit Dotter in einer festen Eierschale ausstößt; der Embryo befindet sich zu diesem Zeitpunkt in einem äußert wenig entwickelten, völlig hilflosen Zustand, und nur ein Embryologe kann darin überhaupt einen Vogel erkennen. Zwischen Befruchtung und Eiablage entwickelt sich der Embryo nur wenige Tage lang im Körper der Mutter. Auf diese kurze Phase der intrakorporalen Entwicklung folgt eine viel längere Zeit, in der sich der Embryo außerhalb des mütterlichen Körpers entwickelt: Die Brutzeit zwischen Eiablage und Schlüpfen ist bis zu 80 Tage lang, und bis zu 240 Tage lang müssen die Jungvögel gefüttert und versorgt werden, bevor sie flügge werden. Ist das Ei abgelegt, erfordert seine weitere Entwicklung nicht mehr unbedingt die Mutter: Ebensogut kann der Vater auf dem Ei sitzen und es warm halten. Die Jungen der meisten Vogelarten fressen sofort nach dem Schlüpfen das gleiche wie ihre Eltern, und diese Nahrung kann der Vater ebensogut zum Nest bringen wie die Mutter.
    Die Versorgung von Nest, Ei und Küken erfordert bei den meisten Vogelarten beide Eltern. Reicht ein Elternteil aus, handelt es sich dabei öfter um die Mutter als um den Vater, und zwar aus den in Kapitel 2 erörterten Gründen: Die unentbehrliche Investition des Weibchens in den Embryo ist größer, dem Männchen bleiben durch die Brutpflege mehr Alternativen verschlossen, und das Männchen ist wegen der intrakorporalen Befruchtung weniger sicher in bezug auf die eigene Vaterschaft. Aber auch die unentbehrliche Investition des Weibchens ist bei allen Vögeln viel geringer als bei den Säugetieren, denn der Jungvogel wird in einem sehr frühen Entwicklungsstadium »geboren« (das heißt als Ei abgelegt), selbst im Vergleich mit den am wenigsten entwickelten neugeborenen Säugetieren. Die Entwicklung außerhalb des mütterlichen Körpers – eine Phase, in der Vater und Mutter sich theoretisch die Pflichten teilen könnten – ist im Verhältnis zu der Entwicklungszeit im mütterlichen Körper bei Vögeln viel länger als bei Säugetieren. Bei keiner Vogelart kommt die Dauer der »Schwangerschaft« – der Zeit bis zur Entstehung des Eies – annähernd an die neun Monate der menschlichen Schwangerschaft oder auch nur an die zwölf Tage der am kürzesten trächtigen

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