Was mit Hass begann
Antwort lautet eindeutig nein«, sagte Kane. »NEIN. Das wär's, Mom. Ich finde schon selber meine Frauen. Dafür brauche ich nicht deine Dienste als Heiratsvermittlerin.«
»Na schön«, sagte Pat seufzend. »Dann geh nur wieder an deine vielen Telefone!« Damit legte sie auf. Mit gerunzelter Stirn schaute Kane noch eine Zeitlang auf die Sprechanlage. Er mußte ihr Blumen schicken. Und vielleicht ein Schmuckstück. Doch er wußte selber, daß Blumen und Schmuck kein Ersatz für Enkel sind.
Erst um 8 Uhr abends kam er nach Hause. Da hatte seine Schwägerin Samantha seine beiden Söhne schon zu Bett gebracht. Sein Bruder Mike war in der Sporthalle. Also war er mit Sam allein. Kane ging zu seinen schläfrigen Söhnen und gab jedem einen Gutenachtkuß. Danach begegnete er ihr im Wohnzimmer.
Sam war hochschwanger. Wenn sie durch das Stadthaus watschelte, um zwei Männer und zwei lebhafte fünfjährige Zwillinge zu versorgen, hielt sie eine Hand ständig an den Rücken. Kane besaß selber eine Wohnung in New York, die hauptsächlich mit Kinderspielzeug angefüllt, im übrigen aber fast leer war. Außerdem hatte er Zimmer in seinem Elternhaus in Colorado. Aber nachdem Mike ihn mit Samantha bekannt gemacht hatte, war er mit seinen Söhnen allmählich in Mikes Stadthaus umgezogen. Sam hat es nicht anders gewollt, dachte Kane. Sam hatte sich immer eine Familie gewünscht, und deshalb wollte Mike ihr eine verschaffen.
Ohne zu fragen, brachte ihm Sam ein kaltes Bier im Krug. Er hatte ihr schon tausendmal gesagt, sie solle ihn nicht bedienen, aber Sam war sehr halsstarrig. Er stellte den Krug ab, stand auf, trat auf sie zu und half ihr, sich auf einem von Mikes tiefen Ledersesseln niederzulassen. Sie war nicht schwer, aber so schwierig zu lenken wie ein starres Luftschiff.
»Danke«, sagte sie und deutete mit dem Kopf auf sein Bier. »Wenn du jedesmal aufstehen mußt, um mir zu helfen, hat es wohl wenig Sinn, daß ich dich bediene, wie?«
Er lächelte sie an und leerte den Krug in einem Zug halb aus. Manchmal beneidete er seinen Bruder so glühend, daß er meinte, innerlich verbrennen zu müssen. Er wünschte sich eine Frau, die ihn und seine Söhne liebte. Er wünschte sich ein eigenes Heim. Er wollte nicht länger nur am Leben seines Bruders teilhaben.
»Heraus damit!« sagte Sam.
»Womit?«
»Du kannst dich auch nicht besser verstellen als Mike. Was quält dich?«
Beinahe hätte er gesagt: du! Ich verliebe mich in meine Schwägerin und fange an, meinen Bruder zu hassen.
»Kane«, sagte Sam, »guck mich nicht so an, sondern rede frei heraus! Sag mir, was dich quält!«
Die Wahrheit konnte er ihr nicht sagen. Also berichtete er ihr von dem Anruf seiner Mutter.
»Was wirst du tun?« fragte Sam.
Kane hatte über die Einladung seiner Mutter gar nicht weiter nachgedacht. Doch auf einmal fand er die Aussicht, zwei Wochen lang allein mit vier Frauen in den hohen Wüstenbergen zu verbringen, recht reizvoll. Wenn es New Yorkerinnen waren, würden sie sich vor der Weite der Landschaft und den nächtlichen Geräuschen fürchten - und sich wie üblich in ihren Cowboy-Führer verlieben. Zeig einer New Yorkerin einen Mann im Baumwollhemd, in engen Levis-Jeans und abgetragenen Cowboystiefeln, und sie ist hin. Schwing dich auf ein Pferd, und sie fällt vermutlich vor Entzücken in Ohnmacht.
Er trank das Bier aus und lächelte. Es könnte angenehm sein, einer Frau in die Augen zu schauen, in denen Sterne funkelten. Samantha sah in Mike so etwas wie einen olympischen Gott, und seine Söhne sahen Sam an, als hätten sie nie eine andere Mutter gehabt.
»Meinst du, daß du die Tour machen wirst?«
»Vielleicht«, sagte Kane und stand auf. »Ich hole mir « noch ein Bier. Kann ich dir etwas mitbringen?«
»Auf der Anrichte in der Küche liegt ein Fax von Pat. Darin steht alles über die vier Frauen, die die Tour mitmachen.«
Voller Überraschung sah Kane sich nach ihr um. Aber Sam sagte nur achselzuckend: »Sie hat hier angerufen f und mir gesagt, daß du deinen Entschluß vielleicht noch ändern wirst. Sie hofft es jedenfalls. Kane, eine der Frauen ist Witwe. Vor drei Jahren hat sie ihren Mann bei einem Flugzeugabsturz und am gleichen Tag ihr Kind durch eine Fehlgeburt verloren.«
In der Küche nahm Kane das Fax und las es. Sie hieß Ruth Edwards, und seine Mutter hatte sogar ein Foto von ihr aufgetrieben. Es war eine schlechte Aufnahme. Dennoch war zu erkennen, daß sie schön war. So groß und langbeinig und dunkelhaarig, wie
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