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Wassermelone: Roman (German Edition)

Wassermelone: Roman (German Edition)

Titel: Wassermelone: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marian Keyes
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aussähe, wenn ich zum vorgesehenen Zeitpunkt auf die Welt gekommen wäre, wie ich als dynamischer und munterer Löwe statt als abwägende und allen Gefahren aus dem Wege gehende Jungfrau wäre. Das aber werden wir nie erfahren.
    Ich habe lange schwarze Haare. Das ist ein bisschen merkwürdig, weil alle anderen in unserer Familie sehr blond sind. Meine Mutter stammt aus Clare, und möglicherweise hatte eine ihrer Ahnfrauen ein Techtelmechtel mit einem der Jungs von der im Sturm untergegangenen spanischen Armada. Das könnte eine Erklärung für meine schwarzen Haare sein. Meine Augen sind grün. Manchmal sagen mir Leute, ich sähe aus wie Vivien Leigh. Die haben dann meist was getrunken oder wollen sich Geld von mir leihen. Später tut es ihnen sehr leid, dass sie den Mund aufgemacht haben, weil ich den Rest der Woche hindurch »so ein Unsinn« sage und ihnen mit meinem imaginären Fächer einen Klaps auf den Arm gebe.
    Ich habe vier jüngere Geschwister. Bis zu meinem dritten Lebensjahr war ich das einzige Kind im Haus und regierte infolgedessen mit eiserner Hand. Als Niall zur Welt kam, trug ich meine Nase so hoch, dass sie mir schon fast auf dem Hinterkopf saß. Als eineinhalb Jahre später bei meiner Mutter die Wehen einsetzten, weil meine Schwester Caitriona herauswollte, war ich so empört, dass ich meinem Vater sagte, er brauche sich nicht die Mühe zu machen, meine Mutter ins Krankenhaus zu fahren, sie könne ohne weiteres den Bus nehmen.
    Schon in sehr jungen Jahren machte ich mir Sorgen über alles, aber auch wirklich alles. Bis auf den heutigen Tag ist es das Erste, was ich morgens tue – noch bevor ich die Augen aufschlage.
    Mit sieben Jahren hatte ich solche Angst, zu spät zur Schule zu kommen, dass ich eine Zeitlang vollständig angezogen zu Bett ging und mein Nachthemd darüber trug. Einige Monate lang war ich von der neurotischen Panik besessen, unser Haus werde über Nacht abbrennen, und so stellte ich vorsichtshalber eine Schüssel voll Wasser zu Löschzwecken ins Badezimmer – bis mich meine Mutter eines Tages fragte, was zum Teufel ich da täte. Sie war es leid, jeden Abend über die Schüssel zu stolpern, wenn sie sich im Bad die Zähne putzen wollte.
    Mein erster Schultag war fantastisch. Erst als es mir am nächsten Morgen dämmerte, dass ich wieder und wieder hingehen müsste, begriff ich, warum sich andere so heftig über die Schule beklagten.
    Bis ich acht Jahre alt war, lebten wir in Cork. Dann zogen wir um, für kurze Zeit nach Caven, danach für zweieinhalb Jahre nach Galway, bis unsere Familie schließlich in Dublin Fuß fasste.
    Ich war mir meiner hinterwäldlerischen Herkunft immer bewusst, und ich war dankbar, wenn sich Dubliner mir gegenüber anständig und freundlich verhielten.
    Mit zwölf Jahren wäre ich gern Nonne geworden. Im Rückblick führe ich diesen Wunsch auf das durch die häufigen Umzüge hervorgerufene Trauma zurück. Nach wenigen Monaten hatte sich dieser Wunsch überlebt. An seine Stelle trat eine ausgeprägte Pubertät. Mehrere Jahre hindurch knallte ich Türen, heulte, klagte, dass mich niemand verstünde, schrieb Gedichte, wozu ich mich in mein Zimmer einschloss, träumte von Jungen, stibitzte meiner Mutter das Make-up und war überzeugt, dass ich sterben müsste, wenn ich einen bestimmten Pullover oder ein anderes Kleidungsstück nicht bekam – was damals eben gerade Mode war –, und verhandelte hart mit meinem Vater über die Uhrzeit, zu der er mich von der Disco in der Jungenschule abholen sollte. Wie sehnte ich mich nach dem Tag, an dem er nicht am Tor auf mich wartete. Ich war also im Großen und Ganzen durchaus normal für ein Mädchen meines Alters.

    Mit vierzehn Jahren trank ich zum ersten Mal Alkohol. Er entzündete in mir ein Feuer, das sich schließlich zu einer tobenden Hölle auswuchs, in der ich fast umgekommen wäre.
    Doch lange sah ich das nicht so, sondern hatte den Eindruck, dass mir ein wunderbares Geschenk gemacht worden war. Jetzt hatte ich etwas, das mir meine Schüchternheit nahm, mir Selbstvertrauen schenkte und es mir sogar möglich machte, mit – man glaubt es kaum! – Jungen zu reden.
    Sechzehn Jahre lang habe ich getrunken. Während meiner Teenagerzeit konnte ich mir nicht einmal vorstellen, nüchtern in eine Disco oder zu einer Party zu gehen. Ich hielt mich für völlig normal. Ich war überzeugt, dass alle das taten. Davon später mehr.

    Mit achtzehn Jahren fing ich in Dublin ein Jurastudium an. Es bildete einen rein

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