Weddingplanerin mit Herz (German Edition)
wenn sie nicht länger als 10 Minuten her sind!
Ich knie mich hin und fühle den rasenden Puls der armen Frau, die unter ihren Hustenanfällen entkräftet nach Luft schnappt. Wahrscheinlich hat sie hohes Fieber. Die Omi stöhnt auf. Sie hat starke Schmerzen. In meinem Hirn blättern Lehrbuchseiten auf. Eine typische Pneumonie äußert sich mit Husten, Brustschmerzen, Atemnot und Fieber. Alles klar. Meine erste Diagnose. Sicher und souverän gestellt – und im Handumdrehen. Ich hatte erwartet, diesen Moment mit Sekt und Plätzchen zu feiern – doch jetzt ist an stolze Selbstlob-Partylaune nicht zu denken. Die Frau braucht schleunigst Hilfe. In meinem Kopf rattert es. Sie braucht Antibiotika und sollte dringend in ein Bett; gerade ältere Patienten sind anfällig für fiese Folgekrankheiten. Und vor allem braucht die Frau ein Schmerzmittel, das ist ja nicht mit anzusehen. Am Ende des Ganges steht ein verwaister Rollstuhl. Ich verfrachte die röchelnde Frau hinein. In diesem Krankenhaus muss sich keine kleine Omi schmerzverzerrt auf einem Flur-Stühlchen krümmen, nur weil sie zu schüchtern ist, sich bemerkbar zu machen. Nicht, solange ICH da bin! Lena Weissenbach, die Ärztin mit Herz, Retterin aller gequälten, scheuen Omis. Ich weiß, eben noch wollte ich den ersten Arbeitstag unter »versagt« ablegen und Verkäuferin werden – aber vorher werde ich diese Frau retten.
Hinter mir klackern energische Schritte über den Gang. Ach,verdammt, Herr Ritter! Den hatte ich ja ganz vergessen. Bestimmt kündigt das Geräusch den Oberarzt an, der sich gebieterisch dem Tatort Krankenzimmer nähert, um von meiner unprofessionellen Entgleisung gegen den verängstigten Patienten zu erfahren. Ich kann gerade nicht gucken, denn die Transportsicherung der Omi im Rollstuhl fordert meine ganze Aufmerksamkeit. Ich hänge über dem Rollstuhl und hadere mit der Gurtschließe, als die Schritte hinter mir verstummen.
»Was tun Sie denn da?«
Na klar! Die sonore Stimme des Oberarztes, die sich mir seit heute Morgen so eingebrannt hat, dass sie die penetrante Melodie meines Weckers ersetzen könnte. Und was kriegt der Chef zu sehen, als er zum zweiten Mal an diesem Tag seiner neuen Anfängerin begegnet? Natürlich: meine schönen Beine.
»Was für ein reizendes Wiedersehen!«, sagt Dr. Thalheim. Zu meinem Hintern.
Leseempfehlung:
Antonia Rothe-Liermann, Miss Emergency – Diagnose Herzklopfen
Als E-Book ebenfalls im Planet Girl Verlag erschienen:
Antonia Rothe-Liermann
Miss Emergency – Diagnose Herzklopfen
Ab 16 Jahren
ISBN 978 3 522 65149 3
Chirurgie – ich komme! Mit gezücktem Skalpell und einer gehörigen Portion Schmetterlingen im Bauch will Lena den Operationssaal erobern. Eigentlich kein Problem für die weltbeste Ärztin! Doch sie wird schon ungeduldig erwartet: von der taffen Oberärztin Dr. Thiersch, die keine weibliche Konkurrenz duldet – und einer fiesen Bypassoperation …
I ch glaub’s nicht, Lena!«
Jenny, meine Freundin mit den ungezählten Männergeschichten, schüttelt grinsend den Kopf. »Tut mir leid, ich glaub’s immer noch nicht. Es ist einfach ZU verrückt!«
Ich gebe zu: Heute Morgen, da wir uns in nüchterner Montagsstimmung der Klinik nähern und aus der vollgestopften S-Bahn in das trübe Berliner Herbstwetter stolpern, klingt es unglaubwürdiger denn je. Auch die sanfte Isa hat Zweifel, obwohl sie es vorsichtiger zum Ausdruck bringt. »Aber schau dir Lenas Lächeln an! Sie selbst glaubt es auf jeden Fall …«
Das ganze Wochenende lang haben meine Freundinnen mich ausgequetscht, sie konnten die Geschichte nicht oft genug hören. (Natürlich habe ich auch nichts lieber getan, als sie wieder und wieder zu erzählen.) Am Sonntagabend bei Kakao und Keksen in unserer gemütlichen Küche klang es schon fast glaubwürdig: Wir haben uns geküsst – Dr. Thalheim, der wortkarge, kantige Oberarzt der Inneren, und Lena Weissenbach, die kleine PJlerin. Ein richtiger Kuss, mit weichen Knien und Händezittern. Jedenfalls was mich betrifft …
Aber auch an diesem nüchternen Morgen ist es immer noch wahr! Selbst hier im klammen Frühnebel zwischen den mürrischen Pendlern kann ich noch die zarte rosa Wolke in der Magengegend spüren. Wir haben uns geküsst!
Eigentlich sollten gerade ganz andere Dinge unsere Nachwuchsärztinnengehirne ausfüllen. Denn heute beginnt unserzweites PJ-Tertial im St.-Anna-Krankenhaus. Auf uns wartet die Chirurgie. Noch vor einer Woche hat uns nichts mehr
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