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Weg da das ist mein Fettnapfchen

Weg da das ist mein Fettnapfchen

Titel: Weg da das ist mein Fettnapfchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Notaro Laurie
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eingeworfen hatte. Eigentlich sollte ich gar nicht hier sein.
    Und das wusste die Böse Frau ganz genau.
    Ich sah kurz hoch. Ihr Blick bohrte sich in mich hinein wie der Infrarotlaserstrahl einer unbemannten Drohne.
    Eine Woge der Beklommenheit erfasste mich, vor allem meinen Gastrointestinaltrakt, und ich verspürte das überwältigende Bedürfnis zu flüchten. Gerade als ich auf dem Absatz kehrtmachen und hinausstürmen wollte, fiel mir das Päckchen in meiner Hand wieder ein. Ein Funke Tapferkeit glomm in mir auf. Nein, sagte ich mir. Du musst hierbleiben. Du musst deinem Neffen dieses Päckchen schicken, deinem kleinen Neffen, der sich weigert, etwas anderes als die Unterhosen von Hanna Andersson zu tragen, ein Kindermodengeschäft, von dem es rein zufällig direkt gegenüber von Jamie einen Outlet-Store gibt.
    Tu’s für den Jungen, sagte mir der spontane Anfall von Tapferkeit. Tu’s für die Unterhosen.
    Also blieb ich stehen, trotz meiner lähmenden Angst, trotz des Laserblicks, trotz der Konsequenzen, die mein Handeln unweigerlich nach sich ziehen würde. Schon beim Betreten des Ladens war mir klar gewesen, dass meine Chancen, es bis ganz nach vorn an den Schalter zu schaffen, echt mickrig waren. Da war ja die Chance ähnlich groß, dass meine Mutter mit dem Rauchen aufhörte.
    Gleich nach dem Umzug in unser Haus in Eugene war ich mit Begeisterung in das winzige Postamt im lokalen Drugstore gefahren, in dem man alles kaufen kann, was einem jemals in den Sinn kommen könnte. Es gibt eine eigene Gartenabteilung, eine Haustierabteilung, eine Abteilung für Partyartikel, mehrere Reihen verschiedenster Glückwunschkarten – alles in allem handelte es sich zwar um einen Drugstore, nur mit tausendmal mehr Artikeln, die von der Decke baumeln, bis unters Dach in Regalen aufgeschichtet sind und an den Wänden hängen. Es ist definitiv nicht ratsam, einen Fuß in den Laden zu setzen, wenn man sich nicht gern in beengten, vollgestopften Räumen aufhält oder leicht in Verlegenheit gerät, weil man mit dem Hintern Gegenstände wegfegt. Denn genau das passiert einem dort ständig. Ich bin nicht ganz sicher, wie viele Leute mit einer Zwangsstörung in diesem Laden spontan ausgeflippt sind, aber die Zahl dürfte enorm sein. Man geht hinein, schlendert durch das Labyrinth aus Glitzeranhängern mit Hello-Kitty-Hologramm, stolpert über eine Lieferung Verschlusskappen, verläuft sich und ertappt sich plötzlich dabei, wie man ein Kondom mit Piraten motiv befummelt, ehe man wieder hinausrobbt, indem man dem winzigen Streifen einfallenden Tageslichts folgt. Der Laden hat eine eigene Abteilung exklusiv für Körperlotionen, es gibt Scherz-Hundehaufen, das größte Sortiment an weiß angelaufenen uralten Bonbons der gesamten Westküste und mehr Weihnachtsdörfer zum Aufstellen als in der gesamten EU einschließlich der Türkei. Der Laden sieht aus wie mein Kinderzimmer, als ich sieben war, nur mit Preisschildern überall. Mir fällt beim besten Willen nicht ein, wie ich dieses bunte Sammelsurium am treffendsten umschreiben soll; meine Freundin Grace hat den Laden einmal als den »besten Ort, um von einem Einhorn aufgespießt zu werden« bezeichnet.
    Jedenfalls fand ich es toll, als das Postamt dort einzog, weil sich meine Wege dadurch enorm verkürzten. Zu dieser Zeit verschickte ich ziemlich viel – massenhaft Sticker und Zeug an die vielen verrückten Hühner überall im Land, und noch dazu war ich ein bisschen in Verzug, weil meine Sachen durch unseren Umzug monatelang eingelagert gewesen waren.
    Unglücklicherweise wurde in dieser Zeit das Porto um zwei Cent erhöht, sodass ich gezwungen war, Marken nachzukaufen. Also ging ich zu meinem neuen Minipostamt und stellte mich in der Schlange an.
    Als ich endlich an der Reihe war, trat ich vor und lächelte die koreanische Postbeamtin hinter dem Tresen an.
    Ich brauchte vierhundert Zwei-Cent-Marken. Was ich ihr auch sagte.
    Die Frau starrte mich an, als hätte ich sie gerade gefragt, ob sie mir eine Kopie von meinem selbst gedrehten Sexvideo abkaufen wollte.
    »O nein«, meinte sie und schüttelte vehement den Kopf. »Das geht nicht. Ausgeschlossen.«
    Offen gestanden sagte ich daraufhin überhaupt nichts, aus dem einfachen Grund, weil mir nichts einfiel. In Phoenix hatte ich ständig diese Mengen an Briefmarken gekauft. Einmal waren es sogar sechshundert Stück gewesen, und der Typ auf dem Postamt hatte nicht mal aufgesehen, geschweige denn auf meine Bitte reagiert, als hätte

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