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Wege im Sand

Wege im Sand

Titel: Wege im Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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Nell in Stevies Zimmer einquartiert – einem Salon im ersten Stock, mit zwei Betten und einer viktorianischen Chaiselongue. Henry trat Jack sein Zimmer ab.
    »Ich möchte Sie aber nicht vertreiben«, sagte Jack.
    »Ich übernachte bei Doreen«, meinte Henry. »Ich hätte mich ohnehin heimlich zu ihr geschlichen. Kommt gar nicht in Frage, von jetzt an auch nur eine einzige Nacht ohne sie zu verbringen.«
    »Klingt nach einer sehr guten Idee.«
    Stevie hob bei Jacks Worten den Blick und sah, dass er sie dabei direkt ansah. Er lächelte, doch als sie sein Lächeln erwiderte, lief ihr ein Schauder über den Rücken. Madeleines Geschichte ging ihr nicht mehr aus dem Kopf, die freudige Überraschung angesichts des Wiedersehens mit Jack und Nell hatte sie nur zeitweilig verdrängt.
    Nell hatte im Flugzeug geschlafen, war nun hellwach und brannte darauf aufzubrechen. Sie klammerte sich an die Hand ihrer Tante. Stevie sah die Freude der beiden – und bei Jack. Aida saß im Hintergrund, lächelte mit kaum verhohlener Zufriedenheit, als wüsste sie, dass Liebe – alle Spielarten der Liebe – in der Luft lag und sie ihr Scherflein dazu beigetragen hatte, sie herbeizuführen.
    »Warst du überrascht, uns zu sehen?«, fragte Nell und sah zu Maddie auf.
    »Mehr als jemals zuvor in meinem Leben.«
    Stevie betrachtete Madeleine. Sie war seit ihrer letzten Begegnung mit Nell merklich gealtert. Sie hatte einen Krieg der besonderen Art hinter sich – sichtbar an den Fältchen um ihre Augen, der grauen Strähne im braunen Haar und dem Kummerspeck auf den Hüften. Aber nie hatte sie ihre Freundin schöner gesehen; sie war eine altgediente Kämpferin, die überlebt hatte, dank der Liebe und dem Glauben.
    »Und was ist mit dir, Stevie?«
    »Ich auch. Ich kann immer noch nicht glauben, dass ihr wirklich hier seid.«
    »Wie kam das denn?«, wollte Tante Aida wissen
    »Ich habe eine Flaschenpost an Stevie geschickt«, erwiderte Nell lachend. »Aber Dad hat sie gefunden.«
    »Ist das wahr?«, fragte Stevie.
    »Ja«, bestätigte Jack.
    Stevie fragte sich, wie die Nachricht gelautet haben mochte. Ob Nell wirklich gedacht hatte, dass es der Flaschenpost gelungen wäre, den atlantischen Ozean zu durchqueren, Stürmen, Strömungen und Gezeiten zu trotzen? Doch dann dachte sie an die Vögel, die sie malte, den Mut und die Zähigkeit der Kolibris, die nicht größer waren als eine Blüte und von einem Kontinent zum anderen flogen – und gelangte zu der Schlussfolgerung: Keine Frage! Nell hatte fest damit gerechnet, dass die Nachricht ihren Bestimmungsort erreichte.
    Und sie war beim Empfänger angekommen, in Gestalt von Jack und Nell selbst.
    »Ganz meine Nell«, sagte Madeleine.
    »Man könnte sagen, sie hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit sie ihr Ziel erreicht«, meinte Jack.
    Alle waren müde, und die Nacht war kurz. Henry küsste Stevie und Aida und verabschiedete sich. Jack, der am Fuß der Treppe stand, gab Nell und seiner Schwester einen Gutenachtkuss. Stevie sah, dass Nell und Madeleine vor Glück überschäumten, und beschloss deshalb, den beiden ein paar Minuten Zeit für sich allein zu geben.
    »Ich komme gleich nach«, sagte sie.
    »Gut.« Madeleine warf ihr einen seligen Blick zu.
    Als alle anderen nach oben gegangen waren, wandte sich Stevie zu Jack. Sie waren allein, die Lobby war menschenleer, der Nachtportier hatte um neun Feierabend gemacht. Die Beleuchtung war warm – Lampen mit pfirsichfarbenen Fransenschirmen, Wandleuchter aus Messing und das Mondlicht verbreiteten eine sanften Schein.
    »Lass uns einen Spaziergang machen«, schlug Jack vor.
    »Klingt gut.« Stevie war immer noch aufgewühlt von Madeleines Geschichte und dem unerwarteten Wiedersehen mit Jack und Nell. Sie brauchte einen klaren Kopf und ein Herz, das wieder in normalem Rhythmus schlug.
    Sie traten zur Tür hinaus, überquerten die breite grüne Rasenfläche. Ein robuster Zaun umgrenzte das Anwesen, und sie öffneten das Tor, hinter dem der Cliff Walk begann. In Mondlicht getaucht, wirkte die von Wellen geriffelte Bucht wie unbearbeitetes Silber. Sie waren weniger als fünf Schritte gegangen, als Jack Stevies Hand ergriff.
    »Warum bist du wirklich gekommen?«, fragte Stevie.
    »Wegen Nells Botschaft.«
    »Was stand drin?«
    »Ich werde es dir sagen. Aber nicht jetzt.« Er schloss sie in seine Arme, presste sie an sich, küsste sie. Es war ein Kuss, der kein Ende nehmen wollte. Sein Mund war heiß, erfüllte sie mit Leidenschaft. Ihre Hände

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