Weil ich Layken liebe
mein Inneres vor Aufregung vibriert, versuche ich cool zu bleiben.
»Willst du mich wirklich zwingen zuzugeben, dass ich hier noch keinen Menschen kenne und deswegen morgen Abend auch noch nichts vorhabe?«, frage ich grinsend.
»Perfekt! Dann haben wir also ein Date. Ich hol dich um halb acht ab.« Erst als er schon fast bei sich drüben angekommen ist, fällt mir plötzlich auf, dass er mich gar nicht gefragt hat, ob ich überhaupt Lust habe.
2.
It won’t take long for me
to tell you who I am.
Well you hear this voice right now,
well that’s pretty much all I am.
– THE AVETT BROTHERS, »GIMMEAKISS«
Als ich am nächsten Nachmittag überlege, was ich anziehen soll, gerate ich kurz in Panik, weil ich nichts finde, das frisch gewaschen und dem Wetter angemessen ist. Ich besitze nun mal nicht viele wintertaugliche Oberteile und die wenigen, die ich habe, hatte ich auf der Fahrt alle schon an. Schließlich entdecke ich doch noch ein violettes langärmliges Shirt und sprühe ein paar Spritzer meines Lieblingsparfüms darauf. Anschließend putze ich mir die Zähne, schminke mich, putze mir noch mal die Zähne, ziehe das Gummi aus meinem Pferdeschwanz und sorge mithilfe des Glätteisens dafür, dass mir meine Haare seidig glänzend auf die Schulter fallen. Als ich gerade meine silbernen Kreolen aus dem Schmuckkästchen nehme, klopft es an der Badezimmertür.
Mom kommt mit einem Stapel Handtücher herein und verstaut sie im Schrank neben der Dusche.
»Gehst du heute noch irgendwohin?«, fragt sie und setzt sich auf den Badewannenrand.
»Das trifft es ziemlich auf den Punkt«, antworte ich und muss mich beherrschen, nicht zu breit zu grinsen, während ich eine der Kreolen in meinem rechten Ohrläppchen befestige. »Ich habe nämlich nicht die geringste Ahnung, wohin wir gehen. Um genau zu sein, habe ich diesem Date offiziell noch nicht mal zugestimmt, weil ich gar nicht richtig gefragt wurde. Es wurde sozusagen über meinen Kopf hinweg entschieden.«
Mom steht auf, geht zur Tür und lehnt sich gegen den Rahmen. Sie betrachtet mich im Spiegel und mir fällt wieder einmal auf, wie sie in der kurzen Zeit seit Dads Tod gealtert ist. Mit ihren hellgrünen Augen, den dunklen Haaren und dem Porzellanteint ist sie zwar immer noch eine schöne Frau, aber der Kummer und die Sorgen des letzten halben Jahres haben sie ihr Strahlen gekostet. Ihr Gesicht wirkt hagerer und sie hat dunkle Ringe unter den Augen. Sie sieht wahnsinnig müde aus. Und traurig.
»Du bist jetzt achtzehn und brauchst keine Dating-Tipps mehr von mir«, sagt sie. »Aber für alle Fälle gebe ich dir trotzdem noch mal eine Kurzfassung der wichtigsten Regeln. Bestell nichts mit rohen Zwiebeln oder Knoblauch, lass dein Getränk niemals unbeobachtet stehen und benutz immer ein Kondom.«
»Mo-om!« Ich verdrehe die Augen. »Du weißt genau, dass ich die Regeln kenne, vor allem die dritte, okay? Und bitte tumir den Gefallen und verschon mich mit einer Wiederholung, wenn Will mich nachher abholt, okay? Okay? « Ich zwinge sie, es mir zu versprechen.
»Dann erzähl doch mal ein bisschen von ihm«, sagt sie. »Arbeitet er schon oder geht er noch aufs College? Wenn ja, welche Fächer studiert er? Aber was mich als Mutter natürlich am meisten interessiert: Ist er ein Serienmörder?« Ihre Miene bleibt todernst.
Ich gehe nach nebenan in mein Zimmer und suche im Schrank nach Schuhen. Meine Mutter folgt mir und setzt sich aufs Bett.
»Ganz ehrlich, Mom? Ich weiß praktisch nichts über ihn. Ich wusste noch nicht einmal, wie alt er ist, bevor er es dir gesagt hat.«
»Umso besser«, findet sie.
»Wie bitte?« Ich drehe mich erstaunt zu ihr um. »Warum ist es besser, wenn ich nichts über ihn weiß? Was, wenn er wirklich ein Serienmörder ist?« Ich entscheide mich für die Stiefel und setze mich zu Mom aufs Bett, um sie anzuziehen.
»So habt ihr auf jeden Fall genug, worüber ihr euch unterhalten könnt. Das ist für ein erstes Date doch schon mal eine perfekte Voraussetzung.«
Ich nicke. »Auch wieder wahr.«
Was Jungs angeht, ist meine Mutter schon immer eine gute Ratgeberin gewesen. Sie weiß natürlich, was ich am liebsten hören würde, sagt mir aber immer das, was ich wissen muss. Eigentlich ist es komisch, dass sie so viel zu dem Thema beizutragen hat, obwohl Dad ihr erster Freund und damitder einzige Mann in ihrem Leben war. Man sollte meinen, dass jemand mit so wenig Erfahrung anderen keine nützlichen Tipps geben kann, aber da ist meine Mutter
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