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Weinstrassenmarathon

Weinstrassenmarathon

Titel: Weinstrassenmarathon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Guthmann
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Führerhaus, holte mit fahrigen Händen die Taschenlampe. Er musste eine Entscheidung treffen, schnell. Vielleicht sollte er jemanden hinzuziehen. Pyreck? Nein, das konnte er nicht verantworten, der war Mitglied im historischen Verein der Pfalz und noch dazu ein Polizist. Blieb noch Dr.   Hoffmann, aus dem Dorf. Der war Kurator beim Historischen Museum der Pfalz. Er besaß eine recht große Privatsammlung an historischen Artefakten, die er gern zeigte. Denecke kannte ihn von der Weinkerwe, hatte oft mit ihm zusammen den Ausschank geschmissen. Ja, der wäre der Richtige. Denecke sprang vom obersten Tritt. Komisch, sein Knie schmerzte überhaupt nicht.
    Jetzt fiel ihm auf, dass die Abdeckung keineswegs aus einfachen Feldsteinen bestand, die einzelnen Steine waren die Trümmer einer massiven Steinplatte, die sein Traktor zermahlen hatte. Er hob einen Brocken zur Seite, leuchtete mit der Lampe hinein. Schimmerte da nicht etwas unter der dicken Schicht Staub?

EINS
    Fünf Jahre später
    Röder wollte eigentlich Feierabend machen, aber der Aktenberg türmte sich. Wenn das so weiterging, dann musste er Verstärkungen für seinen Schreibtischunterbau beantragen. Er überlegte, welches Formular er dazu verwenden sollte. Bestimmt eines dieser neuen Online-Formulare im behördlichen Intranet, das eine Lawine von E-Mails lostrat, die alle elektronischen Postfächer verstopften und mit denen in aller Regel niemand etwas anzufangen wusste. Daher löschte er sie meistens. Workflow nannte man diese tolle Errungenschaft. Wenn jemand kam und maulte, warum sein Antrag so lange bei ihm liege, dann schob Röder die Schuld auf die Technik.
    Â»Oh, entschuldige, aber ich habe nichts erhalten, schick’s doch noch mal.« Manchmal maulte auch keiner, dann hatte der Antragsteller wohl seinen eigenen Antrag vergessen. Gelegentlich rief auch ein Computer-Fuzzi an, wollte wissen, was schiefging, hörte Röders laue Erklärung und faselte dann von Error in der Workflow-Engine-Irgendwas. Röder stöhnte und griff zu dem Stapel, den ihm seine Kollegin Rhea Thierbach hinterlassen hatte, bevor sie in den Mutterschutz verschwand. Bisher hatte er sich vor dem Stapel gedrückt, weil Rhea gemeint hatte, sie komme nach sechs Wochen wieder. Daheim würde ihr die Decke auf den Kopf fallen, nur Baby wickeln, das wäre nichts für sie. Dafür hatte sie doch nicht ewig studiert. Das war vor elf Wochen gewesen. Jetzt sah es so aus, als wollte Rhea doch sechs Semester Brutpflege belegen. Okay, eine Akte noch, dann aber nach Hause. Es war schließlich Freitag, und eine kalte Rieslingschorle würde das Wochenende einläuten. Er schlug den leicht vergilbten Aktendeckel auf. Wiederaufnahmeverfahren Piotr Woyczynski. Er erinnerte sich sofort. Woyczynski wurde verurteilt, weil er den Landwirt Heinrich Denecke umgebracht hatte, das war vor ungefähr fünf Jahren gewesen. Er schlug in der Akte das genaue Datum nach. Wie war das noch gewesen? Woyczynski war bei Denecke schon seit Jahren Erntehelfer gewesen und tötete seinen Arbeitgeber nach einem vorausgegangenen Streit. Er überfuhr ihn mit dem Traktor, beteuerte aber im anschließenden Indizienprozess bis zuletzt seine Unschuld. Wegen des fehlenden Geständnisses verschwand er ohne Pluspunkte lebenslänglich im Bau. Röder schlug die Details nach. Die Schwiegertochter von Denecke hatte Woyczynski beschuldigt, sich unsittlich gegenüber ihrer kleinen Tochter verhalten zu haben. Woyczynski beteuerte in diesem Punkt seine Unschuld, er habe der Kleinen nur die nasse Windel ausziehen wollen. Es sei Sommer, und es gehe seiner Ansicht nach auch ohne. Die Sache eskalierte in der Familie, und Denecke kündigte dem Polen, der allgemein als fleißig, freundlich und hilfsbereit galt. Nach einer lautstarken Auseinandersetzung überfuhr der Erntehelfer den Landwirt. Genauer gesagt, er schaltete in den Rückwärtsgang, verzögerte die Kupplung durch den Bordcomputer, legte einen Stein auf das Gaspedal und verduftete. Der Landwirt befand sich hinter der Maschine, um irgendetwas am Pflug zu reparieren, mit dem er einen neuen Weinberg kultivierte.
    Jetzt, nach Jahren, stolperte sein Anwalt über einen Bericht aus dem Badischen, wo ein Bauer auf ähnlich tragische Weise ums Leben kam, aber eindeutig ohne Fremdeinwirkung. Der Bauer wollte Tabakpflanzen setzen, das Ganze ohne Hilfe. Er schaltete in den Kriechgang, verzögerte die

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