Weinstrassenmarathon
Persönlichkeit. So was ist bei uns selten.«
»Gab es Grabfunde?«
»Ja und nein.«
»Was soll denn das schon wieder heiÃen?«
»Soll heiÃen, dass man in so einem Grab mehr erwartet hätte.«
»Gold?«, flachste Röder.
»Das Grab ist offensichtlich geplündert worden.«
»Aber nicht in neuerer Zeit?«
»Tja, das ist es, was die Experten so stutzig macht. Erst sah es so aus, als ob das Grab schon vor langer Zeit ausgeraubt worden wäre. Aber Monate nach den wissenschaftlichen Auswertungen, der Pola⦠äh, der Pole war längst verurteilt, gab es Stimmen, die meinten, das könnte auch noch nicht so lange her sein.«
»Meinst du, der â¦Â« Röder stockte, wählte seine Worte sorgfältig, »â¦Â der Pole hat was verschwinden lassen?«
»Zur Sache mit dem Grab habe ich den Woyczynski in einem der späteren Verhöre befragt. Er wusste nichts davon. Denecke hat es geheim gehalten, dazu haben wir die Aussage von einem Dr.  Dingsbums. Ich habe ihm das abgenommen. AuÃerdem sind sich die Experten nicht sicher. Du musst dir vorstellen, der Winzer ist mit einem Fünftonnengefährt in das Grab eingebrochen und hat darin mit den Rädern rumgewühlt. Dann steckte der Traktor fest, und die haben ihn nicht gerade mit einem Archäologenspatel herausgezogen.«
»Sag mal, woher weiÃt du das eigentlich alles?«
Steiner lächelte, dass man es hören konnte. »Du musst mal mit Pyreck Bier trinken gehen und nicht immer nur davon erzählen. Du solltest ihn sowieso fragen, wenn dich die Sache interessiert. Er ist im historischen Verein der Pfalz und kennt den Dr.  Dingsbums sehr gut.«
»Gerald, du hast mir wie immer geholfen. Wann sehen wir uns mal wieder?«
Steiner stöhnte. »Ich fürchte, heute Abend, auf Achims Weinprobe.«
Röder lachte, auch diese pfälzische Herausforderung an die Leber würden sie meistern.
*Â *Â *
Hellingers kulinarische Weinproben waren so etwas wie der Start ins neue Weinjahr. Gerade wenn das Wetter besser wurde, die Mandelbäume blühten, die Pfälzer sich auf das Ende der kalten Jahreszeit und die zahlreichen Weinfeste freuten, lud der Edelwinzer zu seiner berühmt-berüchtigten Weinprobe ein. Er stellte die neuen Weine vor, und die alten wurden in rauen Mengen verkostet. Hellinger war ein preisgekrönter Winzer und ein ausgezeichneter Koch, wobei das eine das andere hervorragend ergänzte. »Ich keltere nur das Zeugs, das ich auch selbst saufen würde«, erklärte er immer. Tatsächlich schien sein auÃerordentlicher Geschmackssinn ein wesentlicher Erfolgsfaktor zu sein. Das Ganze war für die zahlenden Gäste auch nicht ganz billig. Zu exklusiv war der Kreis, höchstens dreiÃig Personen, und die Warteliste war lang.
Auch in diesem Jahr kredenzte er ein Fünfgangmenü, das einem Sternekoch zur Ehre gereicht hätte. Die geladenen Gäste, unter ihnen viel Lokalprominenz, diskutierten ausgelassen seine flüssigen und festen Kreationen. Das eine und das andere kündigte er mit Anekdoten und wahren Geschichten rund um den Wein an. Dieses Jahr stand die Weinprobe unter dem Motto »Gab es schon vor den Römern Wein in der Pfalz?«.
Röder und Manu mussten für die kulinarisch wie geistig hochkarätige Unterhaltung nichts zahlen. Sie und eine Handvoll anderer Freunde wurden immer eingeladen. Aber erst nachdem sie ein Verschwiegenheitsgelübde abgelegt hatten, denn Hellinger hatte viele Freunde, aber nicht alle genossen die gleiche Wertschätzung. Dieses Gelübde wurde vier Wochen vor der Weinprobe abgelegt. Ein Ritual, bei dem der harte Kern einzelne Gerichte ausprobieren musste.
»Eigentlich seid ihr nur meine Vorkoster, und die Tatsache, dass ihr nicht vergiftet zusammenklappt, habt ihr meinem Wein zu verdanken, der die toxische Wirkung des Essens neutralisiert.« Der diesjährige zweite Gang, ein Gericht aus irgendwelchen Baumpilzen, lieà diesen Spaà in einem ganz anderen Licht erscheinen.
Der Einzige, der sonst noch kostenlos mitaÃ, war der Gastredner. In diesem Jahr war es ein pensionierter Kurator des Historischen Museums der Pfalz, der auch im Unruhestand Veröffentlichungen und Vorträge am laufenden Band produzierte. Normalerweise erhielt er ein Honorar, aber bei Hellinger galten die Ehre und die Köstlichkeiten als Kompensation.
»Die Kelten kannten
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