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Weinzirl 03 - Kuhhandel

Weinzirl 03 - Kuhhandel

Titel: Weinzirl 03 - Kuhhandel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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zu
schnell in das Ministräßchen nach Schwalten und Strass. Die Sonne zauberte
Silberflitter auf den See. Die Sonne war falsch, eine Verräterin, der ganze
Sommer war falsch. Und einmal mehr wusste er, dass das ein Jo-Gedanke war. Die
Gedanken einer Winterfrau. In Weizern hatte er sich wieder unter Kontrolle.
    »Sorry, cara bella«,
sagte er zu Evi, »diese Hitze schafft mich. Hier hat’s übrigens eine gute
Sennerei.«
    Evi nickte nur.
    Sie fuhren durch
Eisenberg und weiter hinauf zur Schlossbergalm. Ein Polizeiauto versperrte den
Weg, auf der Alm saßen verschreckt aussehende Touristen. Die Schlossbergalm –
akkurat auf tausend Metern gelegen – bot einen unverschämt schönen Blick in die
Vilser Gruppe hinein. Den Almziegen war der Blick allerdings egal und die ganze
Aufregung auch. Die Einzigen, die hier herumzuklettern und herumzumeckern
hatten, waren sie. So meckerten sie gegen die Hektik an, der Bock schickte
einen gnädigen, ja huldvollen Blick zu Gerhard hinüber. So ein Schlossberg
adelt eben!
    Gerhard und Evi
zeigten ihre Ausweise und krochen unter dem Absperrband durch. Gerhard so, als
wolle er einen Limbo-Wettbewerb gewinnen. Rasch und schweigend stiegen sie
durch den Wald hinauf. Als Eisenberg in den Blick kam, kam Gerhard in den Sinn,
wie sehr der Adel doch damals seine bauliche Großmannssucht ausgelebt hatte. Im
Kleinen wie hier und im Großen wie bei den Märchenschlössern des »Kini«. Es war
fast immer so, dass Gerhard, wenn er zu einem Ermordeten unterwegs war, ganz
abwegige und banale Gedanken durch den Kopf schossen. So, als müsse er den
Geist reinigen für das, was kommen würde an Grauenvollem.
    Jetzt musste er
sogar ein wenig lächeln, lächeln darüber, dass diese Verschwendung die Nachwelt
umso mehr freute. Dass des Kinis Tod ja wohl der einträglichste Tod für die
Tourismusindustrie war, den es je gegeben hatte. Tourismus – Jos Gesicht
huschte vorbei, bevor er den Kopf hob und erneut nach innen hörte. Sie hatten
mindestens vier Schulausflüge hierher gemacht, und er erinnerte sich, plötzlich
und glasklar, dass Friedrich von Freyberg Hohenfreyberg irgendwann Anfang des
15. Jahrhunderts im Stil einer staufischen Burg errichtet hatte. Das Ganze
einen Steinwurf entfernt von der Burg Eisenberg seines Vaters. Sohnemann hatte
es nicht wahrhaben wollen, dass die Zeiten des Rittertums vorbei waren. Trotzig
ließ er diesen Imponierbau errichten, wollte sich gegen die Zeichen der Zeit
stemmen. Und als sei es gestern gewesen, erinnerte sich Gerhard daran, dass
kurz vor Ende des Dreißigjährigen Krieges die Tiroler Landesregierung im Zuge
der »Politik der verbrannten Erde« die beiden stolzen Schwesterburgen hatte
niederbrennen lassen. Das alles fiel ihm jetzt ein, hatte der alte Sack von
einem Geschichtslehrer ihm wohl doch etwas beigebracht!
    Evi war stehen
geblieben und hatte den Kopf in den Nacken gelegt. »Wow, ich war noch nie hier.
Das ist ja schon …« Sie suchte nach Worten.
    Die ungewöhnlich
hohe, zinnenbewehrte Wandscheibe von Eisenberg hatte dem Feuer getrotzt, ihr
Skelett hatte jahrhundertelang wie ein Mahnmal des Rittertums ausgeharrt.
Jetzt, in der vom Gewitter gereinigten Luft, hob sie sich scharf umrissen gegen
das Blau des Himmels ab – fast bedauerte Gerhard es, kein Fotograf zu sein.
    Gerhard folgte Evis
Blick. »Ja, Burgruinen gibt es viele in Bayern, aber diese beiden? Ungewöhnlich
schön.« Er brach ab, es war ihm peinlich, so lyrisch zu werden.
    Er scheuchte Evi mit
einer kleinen Handbewegung weiter. Sie ging vor ihm her und sah mit den
abgezippten Trekkinghosenbeinen und einem engen T-Shirt einfach sexy aus. Er
rief sich zur Räson: Sie waren auf dem Weg zu einer Leiche. Er war Evis
Vorgesetzter. Es war schlimm genug, dass er seinen Vorsätzen, sich nie am
Arbeitsplatz auf so eine Geschichte einzulassen – er konnte es nicht mal für
sich selbst aussprechen, dass er mit ihr geschlafen hatte –, untreu geworden
war. Sie hatten das beide auch hinterher nicht thematisiert, aber es lag Spannung
in der Luft. Gerhard wusste, dass er etwas hätte sagen müssen. Oder nicht!
    Sie durchschritten
den Burghof. Die Leiche war in der so genannten Kapelle gefunden worden. Sie
lag auf dem Rücken, die Augen geschlossen. Ihrer Hand war augenscheinlich eine Spritze
entglitten, daneben lag ein Röhrchen. Ein Kollege in Uniform war sichtlich
überfordert, sein junger Begleiter kam gerade aus dem Gebüsch. Grünweißlich im
Gesicht.
    »Weinzirl, meine
Kollegin Evi Straßgütl.

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