Weiß wie der Tod
ist.«
»K.-o.-Tropfen?«
Milanovic bestätigte. »Ja, ein Benzodiazepin, das für die Kurzzeitbehandlung von Schlafstörungen und in der Anästhesie verwendet wird.«
»Das kommt doch normalerweise nur in Kliniken zum Einsatz. Wie ist unser Täter an das Zeug gekommen?«
»Entweder hat er Zugriff darauf, weil er Patient, Arzt oder Apotheker ist, oder er hat es sich über den Schwarzmarkt besorgt.
Benzodiazepine werden in der Szene verwendet, um die beruhigende Wirkung von Heroin und Methadon zu verlängern oder um Kokain abzuschwächen. In Verbindung mit Alkohol setzt es die Hemmschwelle herab und kann zu Amnesie führen. Daher wird es auch als Vergewaltigungsdroge eingesetzt.«
»Landau und Polykarp hatten aber keine Betäubungsmittel im Körper. Es bleibt dabei, oder?«
»Ja. Trotzdem können sie welche konsumiert haben. Bei einmaligem Gebrauch ist nahezu nichts nachzuweisen, weil es der Körper schnell abbaut. Bei Mandrak hatten wir Glück. Flunitrazepam bleibt länger im Körper als zum Beispiel GHB.«
»Wie wird es verabreicht?«
»Vor zehn Jahren waren die Tabletten noch farb- und geschmacklos und konnten daher leicht Getränken beigemischt werden. Ende der Neunziger änderte der Hersteller die Zusammensetzung, sodass sie im Getränk eine bläuliche Farbe aufweisen, klumpen und einen leicht bitteren Geschmack erzeugen. In einigen Ländern sind die alten Tabletten jedoch noch erhältlich und werden außerdem von einigen Generikaherstellern immer noch in der alten Form in den Handel gebracht.«
»Wenn ich also nicht gerade Wasser trinke, merke ich nicht, dass das Zeug in meinem Glas ist.«
»Richtig.«
»Wie lange hält die Wirkung an?«
»Schwer zu sagen. Kommt auf die Dosierung an. Wer zu viel davon erwischt, wacht nicht mehr auf.«
»Wie schnell tritt die Wirkung ein?«
»Nach etwa fünfzehn bis zwanzig Minuten, und je nach Dosis hält sie vier bis sieben Stunden an.«
Levy ging die mögliche Verabreichung des Betäubungsmittels in Gedanken durch. Der Täter mischte es dem Getränk des ahnungslosen Opfers bei. Danach hatte er eine Viertelstunde Zeit, das Opfer dorthin zu bringen, wo er es haben wollte. An einen Ort, wo er mindestens vier Stunden abwarten konnte, bis es aus dem Schlaf erwachte. Eine Kneipe eignete sich dafür kaum, sofern er nicht das letzte Bier des Opfers vorausahnen konnte.
Folglich hatte er sein Opfer schon an dem gewünschten Ort, wo die sich anschließende Tortur unbemerkt blieb. Das wiederum bedeutete, dass sich Opfer und Täter kannten beziehungsweise sich vertrauten.
Das Opfer war ahnungslos gewesen und fürchtete keinen Hinterhalt. Welche Beziehung hatten sie zueinander? Alte Freunde, Familienmitglieder, Kollegen?
»Was passiert, wenn das Opfer aus der Ohnmacht erwacht?«, fragte Levy. »Ist es bewegungsunfähig?«
»Nein, wenngleich nicht sofort im Vollbesitz seiner Kräfte. Aber es kann sich wehren.«
»Dann muss noch etwas im Spiel sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass er stundenlang Prügel über sich ergehen lässt?«
»Der Täter könnte zuerst auf die Arme und Beine eingeschlagen haben, solange das Opfer noch schlief. Bei allen drei Opfern habe ich zahlreiche Brüche festgestellt.«
»Das ist eine Möglichkeit, stimmt. Wenn unser Täter aber schon Zugriff auf Flunitrazepam hat, könnte dann nicht noch eine zweite Droge zum Einsatz gekommen sein, die ihn handlungsunfähig gemacht hat?«
»So wie ein Muskelrelaxans?«
»Ja.«
»Theoretisch. Er geht dabei die Gefahr ein, dass das Opfer erstickt, da unter anderem der Atemmuskel gelähmt wird. Außer, er setzt die Dosierung exakt. Dann wäre das Atmen noch möglich, aber eine Flucht nicht mehr durchführbar. Ich habe jedoch nichts Entsprechendes feststellen können.«
»Ich nehme an, es kommt auf die Substanz an. Wenn es sich schnell im Körper abbaut, kannst du auch nichts finden.«
Milanovic stimmte zu. »Leider ja.« Er blickte zur Uhr. »Es ist Zeit. Wir sollten uns beeilen, bevor Hortensia nach uns suchen lässt.«
Levy nickte und ging mit ihm zum Aufzug. Die Fahrt führte sie in den vierten Stock. Das Team war zur allmorgendlichen Besprechung versammelt.
Während Milanovic die Ergebnisse der Obduktion präsentierte, versuchte Levy, sie im Kopf zu ordnen.
Welche neuen Informationen hatten sie dazugewonnen, seitdem die Leiche Mandraks aufgetaucht war, und wie passten sie zu Landau und Polykarp?
Ein Betäubungsmittel war ins Spiel gekommen.
Täter und Opfer mussten sich gekannt haben, unter
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