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Weiß wie der Tod

Weiß wie der Tod

Titel: Weiß wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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Mutter, doch er holte mich wieder zurück. Er entschuldigte sich, schwor, dass es nie wieder vorkommen würde.«
    »Doch das tat es.«
    »Richtig schlimm wurde es, als der Seniorchef vor rund einem Jahr starb. Ab diesem Zeitpunkt war es mit Jochens Karriere vorbei. Er musste gehen und machte sich selbständig. Anfänglich lief es einigermaßen, er hatte ja Kontakte aufgebaut. Aber seine alten Kollegen machten ihm das Leben schwer. Sie hatten ihm die Bevorzugung durch den Chef niemals verziehen. Sie wussten ja nicht, wieso …«
    »Was ist am letzten Abend passiert?«
    »Wir hatten Streit. Ich wollte ihn verlassen. Dieses Mal endgültig. Er hatte sich in den letzten zwei Jahren vollkommen verändert und wurde bei der geringsten Kleinigkeit aggressiv. Irgendwie spürte ich auch, dass er mich betrog.«
    »Wussten Sie, mit wem?«
    »Nein. Er war nur noch unterwegs. Keine Ahnung, wo. Es war auf jeden Fall eine Frau im Spiel, oder mehrere. Ich weiß nicht. Einmal habe ich sie noch an seinen Klamotten gerochen. Schminke und Parfüm.
    An jenem Abend hatte ich genug. Die Koffer waren gepackt, und ich wollte gerade das Taxi rufen, als er zur Tür reinkam.«
    »Er schlug Sie.«
    »Ja, brutal und blindwütig. Katja und Lara hatten sich im Speicher versteckt, sonst wäre noch Schlimmeres passiert. Als er endlich fertig war, ist er zur Tür hinaus, und ich habe ihn nicht mehr wiedergesehen.«
    »Wieso tat er das?«
    »Er war so. Impulsiv. Im einen Moment glaubte ich, er wolle mich umbringen, im anderen tat es ihm leid, und er rannte davon. So war er sein Leben lang. Damals in Berlin hoffte ich, dass er sich bessern würde.
    Ich habe ihm mein Leben zu verdanken. Ohne ihn wäre ich tot.«
    Die Beichte hatte Eindruck auf Michaelis und Naima gemacht. Sie schwiegen eine Weile, bis Michaelis die Befragung beendete. »Danke. Sie können jetzt gehen.«
    Marion Landau putzte sich die Nase, stand auf und verließ erhobenen Hauptes den Raum. Draußen empfingen sie ihre Kinder.
    Naima atmete tief durch. »So etwas hört man nicht alle Tage. Was muss die Frau gelitten haben.«
    »Unbegreiflich«, stimmte Michaelis zu. »Jetzt weiß ich wieder, wieso ich nicht verheiratet bin.«
    »Na, komm. Daran wird es wohl nicht liegen …«
    Luansi Benguela nutzte die Gunst der Stunde und kam mit der Antwort der Staatsanwaltschaft herein.
    »Abgelehnt«, sagte er trocken. »Es lägen keine ausreichenden Verdachtsmomente gegen die Weiße Lilie vor, die einen richterlichen Beschluss rechtfertigten.«
    Michaelis seufzte. »Habe ich mir schon gedacht.«
    Benguela stutzte. »Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?«
    »Was soll ich denn deiner Meinung nach tun?«
    »Auf den Beschluss bestehen.«
    »Luansi, wie lange arbeitest du jetzt schon in meiner Abteilung? Fünf Jahre, sechs? Hast du jemals erlebt, dass ich zurückziehe, wenn ich nur den Funken einer Hoffnung habe? Auch ich würde gern wissen, was sich auf diesem Computer befindet. Aber offensichtlich ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür. Es gibt im Senat unterschiedliche Auffassungen, was den Datenschutz angeht. Die Wahlen stehen bevor und das ganze Gedöns drum herum. Eine falsche Information oder Entscheidung, und schon gehen manche Träume auf einen Posten den Bach hinunter. Das weißt du doch. Lass uns abwarten. Die Weiße Lilie wird es auch in ein paar Monaten noch geben.«
    »Das überzeugt mich nicht. Diese Überprüfungen werden alle naslang gemacht, aus weitaus weniger guten Gründen. Da muss nur das Wort Terrorismus fallen, und plötzlich steht jeder im Visier des Staatsschutzes, wenn er in einem seiner E-Mails einmal das Wort Irak, Islam oder Anschlag benutzt.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Also?«
    Für Michaelis war die Entscheidung gefallen. »Es bleibt dabei. Wir warten ab.« Sie stand auf und verließ mit Naima den Raum.
    Naumov hatte den Disput von der Tür aus mitverfolgt. »Das war’s dann wohl. Schade, ich wäre gern wieder mal eingebrochen.«
    In Benguela brodelte es. Er hatte eine Spur, und er war nicht gewillt, davon abzulassen. »Alexej«, sagte er ruhig und berechnend, »ich bin damit nicht einverstanden. Früher, im Osten, habe ich viel zu oft den Kopf einziehen müssen, wenn einer der Herren meinte, etwas sei nicht genehm.«
    »Was hast du vor?«
    »Schließ die Tür und setz dich.«
    Naumov tat es.
    »Was hältst du von einer kleinen Expedition außerhalb der Dienstzeit und jenseits politischer Kungelei?«
    »Du meinst, so wie in meiner Hackerzeit, bevor ich zu euch

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