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Weiss wie der Tod

Weiss wie der Tod

Titel: Weiss wie der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roman Rausch
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sechs hinauskam? Seltsam. Dabei sagt man, dass die Österreicher nicht nur die gleiche Sprache sprechen wie wir, sondern uns auch kulturell sehr nahestehen. Und dann kommt so ein Hammer-Album auf den Markt und stellt alles auf den Kopf. Ich habe mich immer gefragt, warum das so ist. Liegt es vielleicht daran, dass man in den Alpen Musik anders erlebt als auf dem flachen Land? Aber das kann nicht sein. In der Schweiz schoss Promise auf den ersten Platz, so wie in England und den USA. Auch bei denen gibt es Berge. Und es ist zu vermuten, dass die Leute dort auch Musik hören, und 1985 war Sade nach Diamond Life in aller Munde. In den Clubs, Bars und Radiostationen war fast nichts anderes als Sade zu hören. Diese Stimme, diese Coolness, beneidenswert. Findest du nicht auch?»
    Er nahm den Fuß von der Lehne und setzte ihn auf den Boden. Dort lag Jenny, nackt und zusammengekrümmt, zu seinen Füßen. Er fuhr mit dem Zeh durch ihre Haare.
    «Cool und unnahbar ist sie», sprach er weiter und lächelte. «Genau denselben Eindruck hatte ich von dir, als ich dich das erste Mal getroffen habe. Weißt du noch? Wir saßen in dem Café mit dem Plüschsofa und diesem lächerlich schwulen Kellner. Mario oder Martin, irgendetwas in der Art. Du warst so himmlisch businessmäßig drauf. Die Beine artig übereinandergeschlagen, sodass man nicht unter dein sündhaft kurzes Röckchen schauen konnte. Dabei war dein Jackett so tief dekolletiert. Ich wette, Mario hat auch mal ein Auge riskiert, als er dir den Prosecco hingestellt hat.
    Dann dieser Blick, den du mir über den Rand deiner Brille zugeworfen hast. Der war so … komm, hilf mir mal …» – er stieß mit dem Fuß zu –, «selbstsicher, nein, selbstverliebt … oder einfach nur dämlich arrogant. Dabei brauchst du doch gar keine Brille, und schon gar nicht eine Rodenstock. Da war doch nur Fensterglas drin. Wieso also der ganze Scheiß? Braucht ihr Manager-Tussen so was? Kühl, distanziert, überlegen, den Macker raushängen lassen?»
    Er griff nach unten, packte Jennys Haare und starrte aufgebracht in ihre Augen. «Los, mach dein Maul auf. Oder hat es dir die Sprache verschlagen?»
    Aus ihrem Mund und der Nase tropfte Blut. Ein Auge war geschwollen. Es fiel ihr schwer zu sprechen. «Du Schwein … wenn ich hier raus bin …»
    «Ach», schnaubte er und stieß sie zurück, «immer dasselbe Genöle. Könnt ihr euch nach dem ersten Mal nicht einen besseren Text einfallen lassen? Wenn ich hier raus bin … Noch keine hat die Drohung wahr gemacht.»
    Er machte sich wieder lang – die Hände hinter dem Kopf verschränkt, Blick zur Decke – und ließ die Musik auf sich wirken.
    The rose we remember. The thorns we forget.
    Er wiederholte die Textzeile mehrmals. Dann: «Ich nicht. Niemals. Weißt du, ich war als Kind ziemlich moppelig, andere sagten, ich sei fett. Glaubt man gar nicht, wenn man mich heute sieht. Ich bin gut in Form. Sixpack und Muckis an Armen und Rücken. Hat mich viel Zeit und Schweiß gekostet. Verdammte Plackerei. Nur, um euch Flittchen zu gefallen.
    Sogar meine Mutter hat sich über mich lustig gemacht. Wie soll so eine fette kleine Kröte wie du es jemals zu etwas bringen? Meine eigene Mutter, verstehst du?
    Dabei hätte die Frage lauten müssen: Wieso mästest du mich wie ein Schwein?
    Wenn ich sagte, dass ich keine Hunger mehr habe, musste ich den Dreck, den sie fabriziert hat, dennoch fressen. Als Zeichen, dass dir meine Küche schmeckt .
    Verdammtes Miststück, nur Unglück hast du mir gebracht. Am liebsten hätte ich dir das Zeug geradewegs ins Gesicht gekotzt.
    Und mein Vater? Mein Gott, diese Niete. Statt mir zu helfen, seinem eigen Fleisch und Blut, hat er sich hinter seinen Büchern verschanzt. Bildung ist das halbe Leben . Bullshit. Manipulation ist der Königsweg. Das hat er nicht kapiert, die Lusche. Wozu auch? In seinem Amt war beim Obersachbearbeiter Schluss mit Bildung. Da gab’s nur die Durchführungsverordnung und sonst nix. Na ja, er hat auch nie die Kraft gehabt, etwas daran zu ändern.
    Da war ich ganz Kind meiner Mutter. Sie wusste, wo sie anzusetzen hatte, damit sich das Rad drehte. Ich habe lange gebraucht, um es zu kapieren, aber dann konnte mich nichts mehr halten.
    In der Schule, siebte oder achte Klasse, glaubte einer, Markus, so hieß er, er könne mich triezen. Hat mein Hausaufgabenheft mitgehen und mich vor der Lehrerin blöd dastehen lassen. Das hat er nur einmal gemacht. Am nächsten Tag hatte er sie am Arsch. Ich hab mir

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