Weißer Mann mit Brille
Schwärmerei ist falsch … Dann darf man eben keine Plantagen gründen, keine Brücken und Straßen bauen und auch nicht an die menschliche Vernunft glauben …
Kairo, den 19. Juni – Dem kranken Tier geht es besser. Ich wollte mit einem Straßenmädchen schlafen, aber ich war dazu nicht in der Lage. Beinahe wäre ich in Tränen ausgebrochen. Werde ich mit Emilienne auch nicht …?
21. Juni – Das Tier ist über den Berg. Ich habe bei den Imperial Airways einen Platz reserviert. Das Leben ist eine ernsthafte Angelegenheit.
»Camille! Hast du nichts gehört?«
»Doch … Das war der Bettrost … Sie hat sich hingelegt …«
»Aber sie hat die Lampe nicht ausgemacht …«
Doch kaum hatte er den Satz zu Ende gesprochen, da erlosch der Lichtstreif unter der Tür.
»Gute Nacht, Camille!«
»Gute Nacht, Ferdinand …«
Als am nächsten Morgen um acht Uhr das Frühstück aufgetragen wurde, kehrte er gerade von einem Gang durch die Plantage zurück. Sobald er Emilienne im weißen Kleid, Blumen auf dem Tisch und den lachenden, gesprächigen Camille erblickte, entspannten sich seine Gesichtszüge.
Alle Türen standen weit offen, die zu Ferdinands und die zu Emiliennes Zimmer, ja sogar die Küchentür. Die schräg einfallenden Sonnenstrahlen drangen bis unter die Möbel.
»Gut geschlafen?« fragte er.
»So einigermaßen … Aber zweimal bin ich mit dem Gedanken an Yette aufgewacht …«
Er setzte sich an den Tisch, stützte unwillkürlich die Ellbogen auf. Von seinem Platz aus konnte er den Sekretär im Zimmer sehen, und er stellte fest, daß die feinen Briefbogen verschwunden waren.
»Ferdinand …«
»Ja!«
»Meinst du nicht, daß wir nach Niangara fahren und uns um sie kümmern sollten? Gestern schämte ich mich beinahe, die Flucht ergriffen zu haben, aber ich war nicht imstande, ihr zu helfen …«
»Wir fahren dann gleich los. Übrigens, wir haben jetzt ja zwei Autos!«
Gemächlich beratschlagten sie, ob sie einen Wagen verkaufen oder beide behalten sollten. Vier- oder fünfmal blickte Ferdinand zu der Stelle hinüber, wo er seine Aufzeichnungen zurückgelassen hatte. »Ich muß dir etwas gestehen …«, sagte Emilienne errötend. »Als ich heute morgen mein Zimmer aufräumte, habe ich versehentlich die Blätter ins Feuer geworfen …«
»Ja … ich weiß …«
Plötzlich sprang er hoch. Ohne Rücksicht auf Camille schloß er Emilienne in die Arme und barg sein Gesicht an ihrer Schulter.
»Was hast du, Ferdinand?«
»Nichts … Sag nichts …«
Seine Brille war zu Boden gefallen, und in diesem Moment wollte er sich nicht ohne sie zeigen. Er schniefte. »Wir fahren nach Niangara …«
Er sagte das in so feierlichem Ton, daß sie unwillkürlich lachen mußte. Es klang, als habe die Sache eine ungeheure Bedeutung für ihn, als lege er ein Gelöbnis ab:
»Wir fahren nach Niangara!«
Aber eigentlich gab es da nichts zu lachen, denn an jenem Tag war das Hauptereignis in Niangara ihr Besuch bei dem Missionar mit der Pfeife.
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