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Weiter weg

Weiter weg

Titel: Weiter weg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Franzen
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kennenzulernen! Großer Fan Ihrer Arbeit! Wie ist das Leben in Brooklyn so? Sie wohnen doch draußen in Brooklyn, oder?
    JF: Nein, in Manhattan. Ich hab mal in Queens gelebt, aber das ist lange her.
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Oh! Na, so was! Ich dachte, ihr Literaturleute wohnt heutzutage alle draußen in Brooklyn. Alle, die richtig angesagt sind, jedenfalls. Wollen Sie andeuten, dass Sie nicht angesagt sind? Also, jetzt, wo Sie’s erwähnen – Sie sehen auch nicht so aus. Entschuldigen Sie! Ich habe in der Times irgendwas davon gelesen, dass alle großen Schriftsteller in Brooklyn leben. Da hatte ich selbstverständlich angenommen …
    JF: Ist ja auch ein sehr schöner alter Stadtteil.
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Ja, und wunderbar für die Kunst. Meine Frau und ich versuchen, so oft wie möglich zur Brooklyn Academy of Music rauszufahren. Vor kurzem haben wir da ein Stück gesehen, das komplett auf Schwedisch aufgeführt wurde. Bisschen überraschend für mich, das gebe ich zu, da ich nun mal kein Schwedisch spreche. Aber wir hatten unseren Spaß! Mal was ganz anderes, als man es normalerweise in Manhattan erlebt, das steht fest! Aber schießen Sie los, was kann ich heute für Sie tun?
    JF: Ich weiß es nicht genau. Mir war nicht klar, dass ich mit Ihnen reden würde. Ich dachte, ich hätte einen Termin für ein Interview mit New Y…
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Genau! Da haben Sie’s! Deshalb reden Sie mit mir! Was ich heute für Sie tun kann: Ihre Fragen prüfen.
    JF: Meine Fragen prüfen? Machen Sie Witze?
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Sehe ich so aus?
    JF: Nein, nur – ich bin ein bisschen verblüfft. Es war sonst immer ganz leicht, sich mit ihr zu treffen. Und einfach, Sie wissen schon, ein bisschen zusammenzusitzen und zu reden.
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Sicher, sicher, ich verstehe. Früher war alles leicht. Es war leicht, Crack zu kaufen, Achtundneunzigste Ecke Columbus! Es war leicht, den Grund des Hudsons mit Leiterplatten und Schwermetallen zu pflastern. Oder die Adirondacks kahl zu schlagen und zuzusehen, wie die Flüsse an Mutterboden erstickten. Der Bronx das Herz herauszureißen und eine Schnellstraße mittendurch zu rammen. Am südlichen Broadway Ausbeutungsbetriebe mit asiatischen Sklaven zu führen. Eine Wohnung mit Mietpreisbindung zu bekommen, die so billig war, dass man den ganzen Tag nichts zu tun brauchte, als dem Vermieter lange Schmähbriefe zu schreiben. Früher war alles so leicht! Aber irgendwann wird auch ein Bundesstaat erwachsen und fängt an, besser auf sich aufzupassen, falls Sie wissen, was ich meine. Und genau dafür bin ich da: um unserer Guten dabei zu helfen.
    JF: Ich fürchte, ich verstehe nicht ganz, inwiefern man das gleichsetzen kann – dass sie einen Jugendlichen aus dem Mittelwesten mit offenen Armen empfing und sich ihm von ihrer aufregenden, romantischen Seite zeigte, und dass sie den Hudson hat verschmutzen lassen.
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Sie wollen sagen, Sie waren in sie verliebt.
    JF: Ja! Und ich hatte das Gefühl, sie liebte mich auch. Als wartete sie nur darauf, dass Leute wie ich zu ihr kämen. Als brauchte sie uns.
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Hm. Wann war das?
    JF: Ende der Siebziger, Anfang der Achtziger.
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Du lieber Gott. Ich hatte es befürchtet. Das waren in der Tat ein paar wilde und verrückte Jahre. Sie war damals nicht ganz bei klarem Verstand. Und Sie würden ihr einen großen Gefallen tun – sich selbst übrigens auch –, wenn Sie diese ganze Phase ihr gegenüber nicht erwähnen würden.
    JF: Aber das sind genau die Jahre, über die ich mit ihr sprechen wollte.
    Persönlicher Bevollmächtigter von New York (State): Und genau deshalb prüfe ich Ihre Fragen! Glauben Sie mir, sie ist nicht gut auf dieses Thema zu sprechen. Noch heute kommt ab und zu mal jemand auf die Idee, Fotos von ihr aus besagten Jahrzehnten abzudrucken. Meistens in niederträchtiger Absicht – man begegnet ja immer ein paar widerlichen Paparazzi vor der Entzugsklinik, die nur darauf warten, einen Schnappschuss von einer ihnen um Klassen überlegenen Person in den Kasten zu kriegen, aufgenommen im einzigen bedauerlichen Moment in einem ansonsten fabelhaften Leben. Aber das ist nicht das Schlimmste. Ganz und gar unglaublich sind

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