Weites wildes Land
Augen durch die Welt laufe. Du bist Cliffs Witwe. Als er getötet wurde, habe ich mir geschworen, mein Bestes für dich zu tun. Deswegen habe ich von meinem Vorkaufsrecht keinen Gebrauch gemacht. Ich wollte nicht, daß du glaubst, ich wollte dich in deiner Notlage auch noch unter Druck setzen. Du solltest dich auf Black Wattle sicher fühlen. Wenn du die Farm haben willst, bitte sehr. Du wirst Hilfe bei der Buchhaltung brauchen, also lernst du jetzt am besten rasch Lesen und Schreiben. Das kannst du ja während deines Aufenthalts in Perth in Angriff nehmen; du bist es Wesley schuldig.« »Du verläßt die Farm?« Sie konnte kaum fassen, wie leicht es gewesen war, und hatte eigentlich mit einem Streit gerechnet. »Ja, nachdem wir alles geregelt haben. Ich habe bereits ein Angebot für die Farm neben unserem Besitz eingereicht.« »Welche? Corella Downs?« Maudie war überrascht. »Corella«, wiederholte er und sah sie dabei an. »Dort gibt es zwar kein Wohnhaus, das der Rede wert ist, aber ich kann eines bauen. Der Besitz ist einige Quadratkilometer kleiner als Black Wattle, doch es ist gutes Weideland und verfügt über mehrere Wasserlöcher. Die Verwaltung wäre weniger aufwendig, schätze ich.« Das Offensichtliche erwähnte Zack nicht: Vor vielen Jahren, nachdem Maudies Mutter am Fieber gestorben war, hatte ihr Vater schwer gearbeitet, um seine Familie durchzubringen. Nur wenige Wochen bevor Maudie, die jüngste Tochter, Cliff geheiratet hatte, war der alte Viehtreiber von Rindern zu Tode getrampelt worden und lag nun auf Corella Down begraben. Zack wartete, bis seine Worte ihre Wirkung taten. »Übrigens«, fügte er hinzu. »Glaube bloß nicht, daß du Sibell los bist. Sie wird weiterhin ganz in deiner Nähe bleiben, denn sie hat die Schürfrechte für die Wolfram- und Zinnvorkommen auf Black Wattle angemeldet. Bald ist sie die neue Wolframkönigin; zusammen mit ihrer Freundin Lorelei Rourke.« »Mit wem?« Maudie blieb der Mund offen stehen. »Du kennst sie doch; die Dame aus dem Bijou!« »Das glaube ich nicht. Ich werde sie daran hindern.« »Unmöglich«, antwortete er und versuchte, dabei ein ernstes Gesicht zu machen. »Also wirst du auf Black Wattle nicht einsam sein. Ich vermute, die Minenbesitzerinnen werden dir oft einen Besuch abstatten, und ihr könnt dann ein Damenkränzchen abhalten.« »Ich dachte, du willst Sibell heiraten«, sagte sie verblüfft. »Das habe ich nie behauptet«, meinte er. »Und jetzt fängst du am besten an zu packen. Das Schiff legt in wenigen Tagen ab, und ich möchte dich sicher an Bord wissen.«
* * *
Die Hochzeit von Miss Lorelei Rourke und Colonel Puckering sollte am Samstagnachmittag im neuen Wohnhaus des Polizeipräsidenten stattfinden. Also begab sich der Colonel am Vortag der Trauung ins Krankenhaus, um seine Verlobte abzuholen. Die Oberschwester begrüßte ihn. Inzwischen sah sie wieder aus wie gewohnt, da die Kleidung, die man bei der letzten Lieferung vergessen hatte, endlich eingetroffen war. Sie trug ihre Schwesterntracht, die aus einem schwarzen Rock, einer weißen Bluse, einer riesigen weißen Wickelschürze und einer frisch gestärkten Haube bestand. Zuerst waltete sie ihres Amtes und zeigte ihm das neue Krankenhausgebäude, das gerade errichtet wurde. »Ich habe noch ein paar Worte mit Ihnen zu reden, Colonel«, meinte sie, während sie einem der Bauarbeiter auswich. »Ja?« Der Colonel war über diese Verzögerung verärgert. Jeder Narr konnte doch sehen, daß die Arbeiten wie geplant verliefen. »Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf: Sie waren sehr nett zu Lorelei, aber halten Sie es für klug, wenn ein Mann in Ihrer Stellung so ein Mädchen heiratet?« »Finden Sie, daß Sie zu jung für mich ist«, gab er zurück, wobei er sich absichtlich dumm stellte. »Überhaupt nicht«, antwortete sie. »Sie und ich, wir sind doch im besten Alter.« »Ich freue mich, daß Sie hierin mit mir einer Ansicht sind. Wenn Sie allerdings auf etwas anderes anspielen, lassen Sie mich Ihnen eins sagen: Lord Palmerston, nach dem diese Stadt benannt wurde, war ein berüchtigter Frauenheld mit einem ganzen Schwarm unehelicher Kinder. Doch die britische Öffentlichkeit war klug genug, seine Weisheit und Güte zu schätzen. Um es geradeheraus zu sagen, Oberschwester, ich wünsche, daß auch meine Frau nach diesen Maßstäben beurteilt wird.« »Ja, natürlich, aber…« »Kein aber… Sicherlich erinnern Sie sich auch, daß Palmerston nach seiner Hochzeit im Alter
Weitere Kostenlose Bücher