JULIA FESTIVAL Band 76
1. KAPITEL
Rebecca Chambers hatte sich vor dem Gewitter in die Garage geflüchtet. Wasser tropfte aus ihrem Haar. Das bunt geblümte Seidenkleid war klatschnass und die neuen schwarzen Ballerinas waren völlig ruiniert. Dabei hatte sie sich heute besondere Mühe mit ihrem Aussehen gegeben – mit dem Ergebnis, dass sie wie eine durchs Wasser gezogene Katze aussah.
Sie seufzte leise und strich sich das triefende Haar aus dem Gesicht. Jedes Mal, wenn sie auch nur in die Nähe von Austin Lucas kam, machte sie sich unweigerlich zur Närrin. Aber gegen die unpassenden Gedanken, die sie in seiner Gegenwart regelrecht überfielen und in ein stotterndes, hirnloses Geschöpf verwandelten, war sie einfach machtlos. Seit zwei Jahren ging das jetzt schon. So kann es einfach nicht weitergehen, dachte sie resigniert.
Sie sah zu dem Mann hinüber, der sich im Hintergrund der Garage über seinen Wagen beugte. In Jeans sah er einfach umwerfend aus. In den beiden letzten Jahren hatte sie sich genau elfmal mit Austin Lucas im selben Raum aufgehalten und sich genauso oft lächerlich gemacht, indem sie Blumenvasen umwarf oder bei ihren Fluchtversuchen über ihre Füße stolperte oder gegen alle im Weg befindlichen Möbelstücke stieß.
Ihre Wangen glühten, obwohl sie in ihren nassen Sachen zu frösteln begonnen hatte, und sie drückte die Hände ans Gesicht. Wenn sie doch nur eine Wahl hätte. Aber Austin war ihre einzige Hoffnung.
Rebecca sah sich verzweifelt um, als könnte der Anblick der Garage ihr wunderbarerweise Mut verleihen. Warum musste es ausgerechnet er sein? Als gäbe es nicht genug Männer!
Sie widerstand der Versuchung, sich zurückzuziehen, und räusperte sich. „Mr. Lucas?“
Augerechnet in diesem Augenblick ließ er einen schweren Schraubenschlüssel fallen und stieß eine Verwünschung aus. Rebecca blieben die Worte im Hals stecken. Sie schluckte und setzte erneut zum Sprechen an, aber da bückte er sich, um das Werkzeug aufzuheben, und dabei spannten seine Jeans sich äußerst attraktiv über seiner Kehrseite.
Als sie jetzt wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf deren Besitzer starrte, fühlte sie sich wie ein Teenager bei seiner ersten schwärmerischen Liebe. Es half ihr nicht, dass er sich für Frauen wie sie ohnehin nicht interessierte. Sie fand ihn einfach unwiderstehlich. Außerdem war er ihre einzige Hoffnung.
Rebecca straffte die Schultern. Sie musste etwas unternehmen, wenn sie nicht zur Eissäule erstarren wollte. Aber bevor sie noch den Mund aufmachen konnte, hatte er schon die Initiative ergriffen. „Wie lange wollen Sie noch so tropfnass hier herumstehen?“
„Nicht mehr lange“, brachte sie mit zittriger Stimme heraus. „Höchstens noch zehn Minuten.“ Sie schlug verlegen die Hand vor den Mund und schloss die Augen. Wie unendlich peinlich!
„Sie dürfen die Augen wieder aufmachen“, erlaubte er ihr milde, und aus seiner tiefen Stimme klang unverhohlene Ironie.
Rebecca gehorchte. Austin stand vor ihr und wischte sich die Hände an einem öligen Lappen ab. So besonders gut sieht er eigentlich gar nicht aus, dachte sie in einem Anfall von Selbsterhaltungstrieb. Aber wem wollte sie etwas vormachen?
Er trug ein ausgebleichtes Jeanshemd. Die Ärmel waren aufgerollt und die drei obersten Knöpfe standen auf – gerade weit genug, um ihren Puls rasen zu lassen.
Langsam ließ sie den Blick höher wandern. Austin Lucas hatte ein ausgeprägtes Kinn und einen festen Mund, dazu hohe Wangenknochen und eine klassisch gerade Nase. Seine Augen waren grau, die dunklen Haare hatte er aus dem Gesicht gestrichen.
Die kleine goldene Kreole, die er an einem Ohr trug, beschwor das Bild von Piraten, die Frauen raubten und verführten, in ihr herauf. Es musste himmlisch sein, in seinen Armen zu liegen. Wahrscheinlich würde sie vor lauter Lust und Glück auf der Stelle sterben.
Rebecca straffte entschlossen die Schultern und befahl sich, sich zusammenzunehmen. Er war ein ganz normaler Mann mit einem ganz normalen Ohrring, auch wenn im konservativen Glenwood Männer, die Ohrringe trugen, unbekannt waren.
Aber Austin stellte seine eigenen Regeln auf. Das war vermutlich ein Teil seiner Anziehungskraft. Er galt als „verrucht“, als eine Art Wolf, der sich hinter der Schafsmaske versteckte. Wie hätte eine Frau wie sie da widerstehen sollen?
„Rebecca?“, sagte er jetzt, und sie fuhr zusammen.
Allein der Klang ihres Namens aus seinem Mund ließ ihre Knie weich werden. „W-was?“
„Warum sind Sie
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