Welpenalarm! - Scheunemann, F: Welpenalarm!
von Eschersbach diese Taktik immer genannt.
»Ach, was rede ich auch mit euch. Ihr habt ja sowieso keine Ahnung. Ich muss sofort diesen Vollpfosten von Karl-Heinz anrufen. Da vorne fahr ich raus.«
Ich merke, wie der Lastwagen langsamer wird, abbiegt
und schließlich anhält. Norbert fummelt sein Handy aus der Tasche, schnappt sich eine Packung Zigaretten und springt aus der Fahrerkabine. Obwohl er draußen steht, können wir alle sehr gut hören, was er Karl-Heinz erzählt, denn er spricht immer noch sehr laut.
»Sachma, Kalli, spinnst du jetzt komplett? Ich höre, ihr habt die Schweinepest auf dem Hof, und du Irrer schickst mir Leute von dir in die Viehvermarktung? Willst du, dass ich meinen Job verliere?« Kurze Pause. Offenbar versucht Karl-Heinz, sich zu verteidigen, kann Norbert aber nicht überzeugen. »Das ist mir schietegal, mein Lieber. Du weißt, wie streng die Vorschriften sind. Keiner rein und keiner raus ohne Veterinär. Morgen fahre ich mit diesem Transporter vielleicht Schweine, was meinst du, was da los ist, wenn das jemand mitkriegt?« Wieder Pause. »Also war das blinder Alarm?« Pause. »Schweine sind wieder friedlich? Okay.« Pause. »Aha. Hat nicht einmal eine Blutprobe genommen? Na ja, dann scheint wirklich alles in Ordnung zu sein. Gott sei Dank – ich habe gerade den Schock meines Lebens bekommen. Gut, ich muss weiter – über die Geschichte unterhalten wir zwei beiden uns noch mal, wenn ich wieder zurück bin. Tschüss!«
Norbert klettert wieder in die Fahrerkabine und startet den Motor. Eine ganze Weile sagt er nichts, sondern trommelt nur mit seinen Fingern auf dem Lenkrad herum. Erst als wir wieder auf der Straße fahren, auf der alle so schnell unterwegs sind, fängt er an zu sprechen.
»Das ist ja auch wieder typisch mein Schwager. Wenn es um seinen Öko-Krams geht, dann kann ihm kein Gesetz streng genug sein. Alle anderen sind dann böse Tierquäler und Verbrecher, und nur bei ihm sind die Schweine glücklich. Zumindest, bis sie dann natürlich auch in der Wurst landen. Aber wenn er sich mal an ein Gesetz halten soll, das uns alle
schützt, dann sind wir die spießigen Korinthenkacker, die sich mal nicht so anstellen sollen.«
Willi räuspert sich.
»Es tut mir leid, dass wir dich in Schwierigkeiten gebracht haben. Da haben wir nicht richtig nachgedacht.«
»Nee, nee, euch mach ich keinen Vorwurf. Ihr seid ja nicht vom Fach. Aber mein lieber Schwager, der hätte das wissen müssen. Wusste er auch bestimmt. Na ja, es scheint ja alles in Ordnung zu sein mit den Schweinen. Trotzdem ärgert es mich. Ich bin es leid, immer der Buhmann zu sein. Ist ja nicht nur Karl-Heinz mit seinem Öko-Tick. Wenn die Leute hören, dass ich Viehtransporte fahre, kriege ich meistens nur dumme Sprüche. Scheinheilig ist das. Jeder will glückliche Tiere, aber trotzdem soll das Schnitzel ganz billig sein. Wer kauft denn schon das Fleisch bei Karl-Heinz? 35 Euro pro Kilo! Das kann sich doch kaum jemand leisten. Aber Fleisch wollen heute alle essen. Und zwar nicht so wie früher, von wegen Sonntagsbraten. Nee, täglich.«
Norbert regt sich richtig auf, und ich verstehe nur noch Sonntagsbraten. Das klingt allerdings in meinen Ohren sehr erfreulich. Wo also ist das Problem?
Jetzt mischt sich Luisa ein.
»Wisst ihr, ich glaube, ich werde Vegetarierin. Dann muss kein Tier mehr für mich leiden.« Wuff – da ist das Wort schon wieder. Wenn es allerdings »Abhauen« bedeutet, dann wundere ich mich über Luisa. Sie ist doch längst abgehauen. Und was, bitte schön, hat das mit dem Leiden der Tiere zu tun? Den Schweinen ist es doch – pardon – wurscht, ob Luisa in Hamburg oder München wohnt. Offenbar bedeutet Vegetarier also etwas anderes, aber ich würde mir eher die Zunge abbeißen, als mein Unwissen zuzugeben und Herrn Beck nach der wahren Bedeutung des Wortes zu fragen.
Norbert schüttelt den Kopf. Ob er auch nicht genau weiß, was Luisa meint?
»Nee, Lütte, das ist nun echt keine Lösung. So ein schönes Stück Schweinebraten ist doch was ganz was Feines. Wenn wir gleich bei Manni sind, lade ich euch ein. Seine Frau Angela macht nämlich einen ganz hervorragenden Schweinekrustenbraten nach bayerischer Art. Überhaupt können die Bayern gut kochen. Manni hat früher auch bei der Viehvermarktung gearbeitet, dann hat er seine Angela geheiratet und ist in den Süden gezogen. Seitdem hat er mindestens dreißig Kilo zugenommen.« Norbert lacht.
»Ist Schweinfurt nicht eher Franken?«,
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