Welt der Elben (Band 2: Weltenriss, Götterwille, Herzblut) (German Edition)
Köpfe der Schüler
hinweg nach Moryn Ausschau hielt, während sie mit Zalym redete, blieb stehen.
»Das Menschsein ?«
Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und hielt sie fest. »Zalym,
was genau soll das hier werden? Was habt ihr vor?«
»Wir machen unser praktisches Jahr.«
Heather ließ das Haar los, sofort tanzte die Strähne wieder
vor ihrer Nase. »Warum habt ihr mir nicht geschrieben, dass ihr kommt?«, fragte
sie und blinzelte.
»Du hast recht«, sagte Zalym. »Das hätten wir tun sollen.
Aber es sollte eine Überraschung sein. Und es ergab sich alles erst ziemlich
kurzfristig.«
»Eben sagtest du noch, du hättest dich vorbereitet. Klingt
irgendwie … merkwürdig. Nicht wahr?« Eigentlich hätte sie sagen müssen, dass es
unlogisch klang, was Zalym da erzählte. Aber so direkt wollte sie es nicht
aussprechen. Das hätte sie als unhöflich empfunden.
»So betrachtet schon.« Jetzt blinzelte Zalym. »Das praktische
Jahr macht natürlich nicht jeder. Nur diejenigen von uns, die Botschafter
werden wollen, und alle, die aufgrund ihrer Leistungen mal eine Führungsaufgabe
übernehmen werden.«
»Und seit wann habt ihr … das … nun entschieden?« Heather
konnte förmlich riechen, dass Zalym ihr mal wieder nicht alles sagte. Typisch Elben.
»Du kannst Fragen stellen«, stöhnte Zalym leise. »Eigentlich
stand es bei Tessya und mir schon immer fest.« Er strich mit dem Daumen über
das rote Ahornblatt in seinen Händen. »Und bei Moryn auch. Er wollte es nur nie
wahrhaben.«
»Du meinst, er hätte sich gerne gedrückt?«
»Ungefähr so.«
»Aber jetzt hat er’s sich anders überlegt?« In ihrer Feststellung
schwang die Frage mit, aus welchem Grund die Elben wirklich hier waren, und was
so wichtig war, dass sogar Moryn mitgekommen war.
»Du weißt doch, wie er ist«, wich Zalym aus, und Heather
beschlich das Gefühl, dass er nicht sagen wollte, worum es wirklich ging. Abgesehen
davon hatte sie keine Ahnung, was Moryn dachte oder fühlte. Ihn kannte sie am allerwenigsten.
Eines war allerdings gewiss: Die Elben hatten jede Menge
Zeit in ihrem langen Leben, um ihr praktisches Jahr irgendwann zu machen. Da lag es auf der Hand, sich zu fragen, warum
ausgerechnet jetzt? Und warum alle Drei auf einmal? Aber Heather schwieg. Sie
hatte nicht den Eindruck, für den Moment mehr in Erfahrung bringen zu können.
»Wo wohnt ihr?«, wechselte sie daher das Thema, während sie
langsam weiter gingen.
»Kennst du die alte Mühle am Rande der Siedlung?«
»Die neben dem Sportplatz?«
»Nein, die im Wald, am Schwarzbach.«
Schade, dachte
Heather. Die Wassermühle, die Zalym meinte, lag beinahe drei Kilometer von
ihrem Zuhause entfernt. Es war eine stillgelegte Fabrik aus roten
Backsteinmauern und mit einem riesigen Wasserrad, das schon seit Jahrzehnten
stillstand.
»Wir haben uns da mit Tante Mona einquartiert.« Zalym ließ
das leuchtende Ahornblatt los, das er ins Sonnenlicht gehalten hatte. Es tanzte
im Wind fort. »Bei euch kommt der Herbst früh«, murmelte er.
»Wer ist Tante Mona?«
»Ich glaub nicht, dass ihr euch schon mal begegnet seid. Kannst
du nach der Schule bei uns vorbei kommen?«
»Ich muss erst fragen. Wenn meine Stiefmutter in die Stadt
will, muss ich den Babysitter für Tinchen und meine Brüder machen.« Sie rollte
mit den Augen. »Aber ich glaub schon.«
»Tessya ist auch schon da.«
»Oh, wie cool.«
»Wie?« Er machte ein Gesicht, als hätte er sie schon wieder nicht
verstanden.
»Das ist super.«
»Ah ja.«
»Ich bin gespannt, sie wiederzusehen«, sagte Heather.
Zalyms Mundwinkel zuckten nach oben. »Wir haben auch noch
eine Überraschung für dich.«
»Hoffentlich eine gute.«
Jetzt blinzelte er verlegen. »Bei uns gratuliert man sich
übrigens so zum Wiegenfest.« Er beugte sich vor und hauchte ihr einen Kuss auf
die Wange. »Alles elbisch Gute zum Geburtstag, Glück und ein langes Leben.«
Zwei Mädchen aus ihrer Klasse starrten zu ihnen rüber. Gleich
darauf steckten sie die Köpfe zusammen.
»Danke«, murmelte Heather überrascht. Hatte er also ihren
Geburtstag doch nicht vergessen. Sie zeigte zu einer Mauer. »Meistens bin ich
in den Pausen dort. Sollen wir da hingehen?«
»Gerne.«
Heather setzte sich und ließ die Beine baumeln.
Am Rande des Schulhofs, entdeckte sie Moryn. Er kam langsam über
den Platz in ihre Richtung geschlendert. Die Hände in den Hosentaschen. Zwei
Jungen stellten sich ihm breitbeinig in den Weg. Offensichtlich hatte er sich
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