Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII
beantworten: Warum machen wir nicht einfach Dampf auf und setzen uns ab?" Ich war sicher, daß Commander Harris diese Möglichkeit bereits selbst in Betracht gezogen hatte. Delta VII war ein Prototyp: ausgerüstet mit einem verstärkten Atomtriebwerk und den Taurus-Zerstörern an Geschwindigkeit weit überlegen. Die Versuchung, den Befehl der Raumpatrouille in den Wind zu schlagen, war sicherlich auch für den Commander groß - und weil ich der Meinung war, daß es nur noch eines letzten Anstoßes bedurfte, um ihn zu einer Sinnesänderung zu veranlassen, fügte ich Ibakas Worten hinzu:
„Stimmt, Sir. Wenn wir alles einsetzen, was wir unter der Haube haben, sehen diese Bastarde nur noch unsere Schlußlichter."
Auch ich hatte, als ich das sagte, die Chancen einer Flucht erwogen, und weil das Moment der Überraschung auf unserer Seite war, glaubte ich ziemlich sicher zu sein, daß wir ungeschoren davonkommen würden. Commander Harris schwenkte auf seinem Stuhl brüsk zu mir herum. „Seit wann, Brandis", erkundigte er sich mit einer Mischung von eisiger Kälte und ätzendem Spott, „führen Sie hier eigentlich das Kommando?" Ich biß mir auf die Lippe und blieb ihm die Antwort schuldig. Auch Ibaka und Stroganow schwiegen betroffen. Commander Harris ließ ein paar Sekunden verstreichen, dann fügte er etwas gemäßigter hinzu: „Spätestens nach der Landung werden wir die Sachlage klären. Bis dahin befolgen wir die Befehle und Anweisungen der Raumpatrouille. Wir werden nicht dafür bezahlt, uns und unser Schiff in unnötige Gefahr zu bringen." Er blickte mich von der Seite her an. „Ich hoffe, Sie akzeptieren diese Entscheidung." Ich starrte geradeaus auf den Radarschirm, auf dem die Taurus-Zerstörer ihre unbeirrbare Bahn zogen: helle Lichtpunkte, die jederzeit zu großen huschenden Schatten werden konnte, wenn sie in jäher Wendung zum Angriff ansetzen sollten. Nie zuvor war mir so unmißverständlich klargemacht worden, daß ich mit dem Platz des Kommandanten auch alle Entscheidungsfreiheit eingebüßt hatte. „Aye, aye, Sir", sagte ich. „Sie sind der Commander."
Als sich gegen 19 Uhr die Raumpatrouille wieder meldete, wußten wir über unseren Kurs wenigstens so weit Bescheid, daß er - falls er in letzter Minute nicht noch einmal geändert wurde - auf das Mittelmeer zielte. Stro-ganow hatte wieder einmal seinen Computer befragt: eine Wissenschaft, deren Tore mir verschlossen blieben. Zwar konnte ich wie jeder andere Pilot auf vorprogrammiertem Kurs von einem Punkt zum anderen fliegen, doch im freien Manöver war ich von den Rechenkünsten meines Navigators abhängig. Der Flug in der Formation war ohne weitere Zwischenfälle verlaufen und ohne daß man mit uns noch einmal Kontakt aufgenommen hätte, um uns über das uns aufgenötigte Landegebiet in Kenntnis zu setzen. Je länger wir jedoch auf diesem Kurs blieben, der uns dem Mittelmeer näher und näher brachte, desto geringer wurde die Auswahl, denn die Zahl der Landeplätze in diesem Gebiet ließ sich an den zehn Fingern herzählen. Der Umstand freilich, daß man uns nicht nach Metropolis eskortierte, sondern nach Europa, ließ mehr und mehr den Schluß zu, daß unsere Eskorte zu den von der Regierung abgefallenen Einheiten gehörte. Wir konnten zwar gelegentlich hören, wie sich die Tau-rus-Piloten von Bord zu Bord unterhielten, aber ihre Witze und Scherze gaben weiter keine Auskunft, und wenn es um dienstliche Dinge ging, benutzten sie eine Fülle von Decknamen und Codewörtern, die auch dem Commander nicht geläufig waren. Der Stimme im Lautsprecher ging ein sekundenlanges Knistern voraus. „Wir entlassen Sie jetzt zum Anflug auf Asinara, Delta VII. Versuchen Sie keine Dummheiten zu machen. Wir bleiben in der Nähe. Bitte bestätigen Sie!" Commander Harris drückte auf die Taste. „Delta VII bestätigt Landegebiet Asinara." Und mit unverkennbarer Ironie fügte er hinzu: „Im übrigen bedanken wir uns für die angenehme Gesellschaft." Danach rief er Asinara und forderte die Landeerlaubnis im freien Manöver an. Wir erhielten sie ohne jede weitere Rückfrage.
Nun, da ich wußte, daß ich in freiem Manöver aufsetzen mußte, vergaß ich Ärger und Wut. Meine Aufmerksamkeit reduzierte sich auf das unmittelbar Erforderliche. Asinara, einst eine militärische Station, war vor knapp einem Jahr stillgelegt worden. Der Umstand, daß die Station antwortete, ließ erkennen, daß man sie wieder in Betrieb genommen hatte. Ich streckte die Hand aus. „Die
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