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Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII

Titel: Weltraumpartisanen 01: Bordbuch Delta VII Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Brandis
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sich.
    „Manchmal", sagte Ibaka, „geht fürsorgliche Behandlung entschieden zu weit." Er bot zuerst mir, dann Stroganow Zigaretten an, und wir lehnten uns rauchend gegen die Wand und versuchten, unsere Gedanken und Gefühle zu ordnen. In der Zelle war es fast dunkel. Nur durch einen Spalt knapp unterhalb der Decke, kaum mehr als handbreit, sickerte etwas Tageslicht herein. Es gab weder eine Pritsche noch einen Schemel, nicht einmal einen Strohsack - nichts, worauf man sich setzen konnte. Meine vordringlichste Empfindung war noch immer Zorn: über unsere Festnahme, unsere Rechtlosigkeit, unsere Ohnmacht. Die nackte, brutale Gewalt, der wir gegenüberstanden, war eine neue Erfahrung in meinem Leben. Bisher hatte ich stets mit der Überzeugung gelebt, daß unsere Zivilisation unerschütterlich sei: ein Höchstmaß an demokratischer Freiheit, in Jahrhunderten erkämpft und gefestigt, eine aus sich herauswirkende Kraft, die, von der menschlichen Vernunft gebändigt, störungslos funktionierte.
    Irgendwo im Gefängnis wurde gegen eine Tür gehämmert. Schlüssel klirrten, jemand schrie, schrie und schrie, wie ich noch nie jemanden schreien gehört hatte. Danach herrschte Stille. Allmählich gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit, und ich begann die Zelle zu untersuchen. Stroganow sagte: „Sie vergeuden nur Ihre Zeit, Captain. An diesen Mauern sind schon andere gescheitert."
    Ich mußte ihm recht geben. Die Wände waren voller Inschriften und Zeichnungen, meist in italienischer Sprache: „ Viva la liberta! 1941." Einen Herzschlag lang überkam mich das beklemmende Gefühl, als sei seit damals, seit Hitler, Mussolini und Stalin und wie die Diktatoren alle hießen, die Zeit nicht mehr weitergegangen. Mein Zorn schlug um in Mutlosigkeit. „Captain", fragte Ibaka, „haben Sie eine Ahnung, was man eigentlich von uns will?"
    Genau das fragte ich mich selbst: eine verzweifelte Frage ohne Antwort, denn was immer ich an Gründen erfand und erwog, nichts davon wollte mir sinnvoll und logisch erscheinen. Es gab keine technischen Geheimnisse, die wir hätten ausplaudern können: VEGA verfügte über alle Unterlagen des Delta-Programmes, und in diesen Unterlagen war mehr enthalten, als wir nach einem Testflug je hätten sagen können. Aber andererseits war das die einzige Erklärung, die mir wenigstens einigermaßen plausibel erschien, denn warum sonst hatte man dem Commander gleich zu Anfang das Bordbuch abgenommen? Freilich: mit dem Bordbuch allein ließ sich kaum etwas anfangen. Um es auszuwerten, benötigte man die unzähligen Informationen, die in den VEGA-Computern schlummerten.
    „Irgendwann" beantwortete ich Ibakas Frage, „werden wir es ja wohl erfahren." Er lächelte grimmig:
    „Allmählich glaube ich fast selbst, daß wir alle Schwerverbrecher sind. Ich auf jeden Fall habe zumindest meine Schwiegermutter auf dem Gewissen, wenn nicht im Augenblick, dann bestimmt später." „Wie das?" erkundigte sich Stroganow mürrisch. „Nun", sagte Ibaka, „die alte Dame wird sich über meine Verhaftung totlachen."
    Ibakas Humor war anfangs ein kleiner Lichtschein, aber auch dieser Lichtschein wurde blaß und blasser, je mehr Zeit dahinging, ohne daß etwas geschah. Als die Tür aufging, war es wie eine Erlösung. Doch nur der Commander wurde in die Zelle gestoßen - mit bleichem, schmerzverzerrtem Gesicht. Er blieb neben mir stehen, und ich sah mit Entsetzen, daß er taumelte - wie einer, der mit letzter Kraft gegen die Ohnmacht ankämpft. Stroganow kam mir zur Hilfe, und gemeinsam betteten wir Commander Harris auf den steinernen Fußboden. Ibaka zog seine Jacke aus, rollte sie zusammen und legte sie ihm unter den Kopf. „Sir", sagte ich, „Sir, was hat man nur mit Ihnen gemacht?"
    Er versuchte sich aufzurichten, sank aber wieder zurück. „Auf jeden Fall", sagte er, „haben sie mir eins klargemacht: daß wir unsere alten Vorstellungen von Recht und Ordnung abschreiben können." Draußen im Gang waren wieder Schritte zu hören. „Sir", sagte ich, „wonach hat man Sie gefragt? Wir müssen es wissen, wenn man uns die gleichen Fragen stellt."
    Ein paar Sekunden lang glaubte ich, der Commander hätte mich nicht gehört, aber dann bewegten sich seine Lippen.
    „Sie wollen Angaben über das Triebwerk. Mit den Aufzeichnungen im Bordbuch können sie nichts anfangen, verstehen zu wenig von der Materie." Die Schritte näherten sich der Zellentür und hielten an. „Ich verstehe, Sir", sagte ich. „Aber warum, wenn VEGA

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