Wenn ein Maerchenprinz heiraten will
ob er aus einer Trance erwachte.
Was für eine Frage! Natürlich war sie es. Er hatte sich ja extra jede Menge Fotos von ihr an die Wand geheftet, um sich auf seine Aktion vorzubereiten. Auf mehreren dieser Bilder umarmte sie ihren steinalten „Gönner“, und das in einer Weise, die keinen Zweifel über die Art dieser Beziehung aufkommen ließ. Oh ja, er wusste genau, wie sie aussah.
Das hatte er zumindest gedacht. Doch jetzt, da er sie in Fleisch und Blut sah, wirkte sie doch ganz anders. Sie war … viel mehr, als die Fotos wiedergeben konnten.
Nein, die Fotos hatten die hundert bronzenen Farbschattierungen ihres seidigen Haars nicht zeigen können, weder ihre cremefarbene Haut, noch die Tiefe und Ausdrucksstärke ihrer Augen. Ihre Augen waren grün, das war auf den Bildern zu sehen gewesen, aber selbst auf diese Entfernung erkannte Shehab jetzt, wie unglaublich grün die Augen tatsächlich waren, so grün wie duftige Sommerwiesen. Ihr Gesicht war unvergleichlich, und eine magische, ihr wohl angeborene Aura des Geheimnisvollen umgab sie.
Auf den Fotos hatte sie gut ausgesehen. Doch in natura war sie … einfach atemberaubend.
Er blinzelte wieder. Lass dich bloß nicht beeindrucken, dache er. Sie mag aussehen wie eine Göttin, aber in Wahrheit ist sie eine selbstsüchtige, geldgierige, skrupellose Person. Sie stellt ihren Luxuskörper dem höchsten Bieter zur Verfügung. Ja, so eine ist sie!
Sie stolzierte durch den Ballsaal. Alle Blicke waren auf sie gerichtet, aber das schien ihr völlig gleichgültig zu sein. Sie stellte ihre Eiseskälte zur Schau, von der er schon so viel gehört hatte.
Oder war es doch etwas anderes?
Bei näherem Hinsehen war es doch keine Arroganz, keine Geringschätzung. Es war etwas, das er nur zu gut kannte – von sich selbst. Der Wunsch nach Einsamkeit, das Bestreben, sich von Menschenansammlungen fernzuhalten. Shehab wusste ja, wie es war, stets im Mittelpunkt zu stehen, auch wenn man es gar nicht wollte – und zu wissen, dass man dieser Falle niemals entrinnen könnte.
Jetzt fange ich schon wieder damit an, dachte er. Ich suche nach menschlichen Zügen bei einer Frau, die tatenlos zusieht, wie ein wohlhabendes Königreich im Chaos versinkt, obwohl sie es verhindern könnte. Und nicht nur das, ich entdecke sogar eine gewisse Seelenverwandtschaft zwischen uns!
Genug davon, sagte er sich. Es ist an der Zeit loszulegen. Das wird alles sehr unschön, und wenn ich keinen Ausweg finde, wird es auf Dauer auch so bleiben. Warum das Unvermeidliche noch länger hinauszögen?
Er gab den Kellnern ein Zeichen.
Mit langen Schritten ging er los, er wollte Farah auf ihrem Weg zur Terrasse abfangen.
Doch kurz bevor er sie erreicht hatte, blieb er stehen. Er sah sie an, archaische Urbedürfnisse erwachten in ihm, und er vergaß alles, was er hatte sagen wollen.
E’lal jaheem. Verdammt, warum wich er plötzlich von seinem ursprünglichen Plan ab?
Ihre Blicke trafen sich. Und dann sah er es in der unergründlichen Tiefe ihrer Augen. Sie hatte ihn wahrgenommen und war von ihm offenbar ebenso beeindruckt wie er von ihr.
Ein wohliges Gefühl breitete sich in ihm aus. Die Eiskönigin war für seine Präsenz also durchaus empfänglich!
Bei ihrem Ruf hatte er befürchtet, sie wäre vielleicht die Ausnahme, würde ihn im Gegensatz zu allen anderen Frauen nicht sofort anziehend finden, sodass er sich richtig Mühe geben müsste. Aber ihr Ruf als Eiskönigin rührte vielleicht daher, dass sie vorher noch keinem Mann begegnet war, der das Zeug dazu hatte, sie auf den ersten Blick zu beeindrucken.
Nun war sie ihm begegnet.
Vielleicht hatte er damit schon gewonnen. Vielleicht würde sie bereitwillig einlenken, wenn sie erfuhr, dass er der ihr zugedachte Ehemann war. Sie würde ja nur einen milliardenschweren Geschäftsmann gegen den anderen eintauschen. Und als Dreingabe würde sie seine unbestreitbaren Fähigkeiten im Bett bekommen, etwas, womit ihr derzeitiger alternder Liebhaber sicher nicht aufwarten konnte …
Stopp! Was waren denn das für Gedanken? Egal, wie anziehend sie als Frau sein mochte, sie war unmoralisch und herzlos. Er würde sie nur so lange bei sich im Bett behalten, wie es nötig war, um den unbedingt erforderlichen Erben zu zeugen.
Nach allem, was er von ihr wusste, hatte ihre Weigerung, dem Land durch die Heirat zu helfen, vor allem einen Grund: In ihrer jetzigen Partnerschaft war sie eindeutig der dominierende Teil und genoss schier unbegrenzte Freiheiten. Sie beherrschte
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