Wenn es daemmert
Sie.«
Hepburn kümmerte sich. Sie ließ sich Minas Hände zeigen und erklärte, dass der Mann in dem seltsamen weißen Anzug einen Test auf Schmauchspuren machen musste. Sie sprach beruhigend auf Mina ein, erklärte ihr, was mit Matt passiert war, klang verständnisvoll, sagte, Mina solle sich Zeit lassen, es sei in Ordnung, wenn sie sich jetzt noch nicht erinnern konnte. Wollte Mina ins Krankenhaus? Oder erst nach Hause, ein paar Sachen holen? Oder zu Hause bleiben? Dr. McCallum könnte dort nach ihr sehen.
Die Polizistin hatte Kleidung für sie. Einen Trainingsanzug, den sie noch von ihrer letzten Joggingrunde im Auto hatte, erklärte sie, als Mina ihn anzog.
»Ich fahre Sie nach Hause. Wenn Sie ein bisschen schlafen, kommt Ihre Erinnerung sicher zurück. Wenn Sie wollen, bleibe ich solange bei Ihnen. Bestimmt wird alles wieder gut«, sagte DS Hepburn, jetzt ganz Kindergärtnerin.
Etwas tief in ihr wusste, dass nur dann alles wieder gut werden würde, wenn sich ihre Erinnerungen für immer im Nebel versteckten.
»Ich kenne Sie«, sagte Hepburn, als Mina aus dem Bad kam, noch in Handtücher und Bademantel gewickelt. Diesmal hatte sie das Bad als das ihre erkannt und war beinahe erleichtert gewesen.
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, sagte Mina, während sie ihre Haare trocken rieb.
»Doch, wir können lesen bei der Polizei.« Hepburn lächelte. »Also, manche können es.«
»Und dann gleich so was Langweiliges.« Mina probierte ebenfalls ein Lächeln.
»Ich bin nicht die Einzige, die Ihre Bücher liebt. Ich dachte, Sie seien mittlerweile in Hollywood und würden über große Verträge verhandeln.« Sie zwinkerte Mina zu.
»Tja. Ich fand es dann offensichtlich doch spannender, im Haus eines Weltranglistengolfers in St. Andrews ohnmächtig zu werden, während dieser sich in meinem Beisein ermorden lässt.« Sie verzog das Gesicht. »Streichen Sie das.«
»Der Schock«, sagte Hepburn verständnisvoll. »Können Sie sich wirklich an nichts erinnern?«
Mina schloss die Augen, zuckte die Schultern.
»Hat er Sie …«, begann Hepburn leise, ohne den Satz zu beenden.
Mina setzte sich auf ihr Sofa. Auf ihr Sofa. Gut zu wissen, dass sie nicht alles vergessen hatte in diesem Leben.
»Hören Sie, ich hab ihn gestern im Bertrand Hotel an der Bar getroffen, wir haben geredet und etwas zusammen getrunken. Dann sind wir zu ihm gegangen, haben weitergeredet, und ungefähr ab da verschwimmt so ziemlich alles bis zu dem Zeitpunkt, als Ihre Kollegen mit den Taschenlampen aufgetaucht sind.« Mina hob die Schultern, merkte, dass Tränen in ihren Augen aufstiegen, und wusste, dass sie nicht mehr länger die Starke spielen konnte. Also ließ sie ihren Tränen freien Lauf, das feuchte Handtuch, mit dem sie sich eben noch die Haare getrocknet hatte, vor dem Gesicht.
»Ich schicke Ihnen noch mal Dr. McCallum.«
Mina schüttelte den Kopf, das Gesicht noch immer in das Handtuch gepresst.
»Das dumme Gerede von wegen Hollywood … Es tut mir leid. Ich dachte nur, ich lenke Sie ein bisschen ab«, murmelte die Polizistin. Mina nahm das Handtuch herunter.
»Ich weiß schon. Danke. Ich würde jetzt gerne ein wenig schlafen. Das werde ich schon ohne McCallums Spritze hinbekommen.«
Hepburn stand unschlüssig auf. Blieb stehen, statt zur Tür zu gehen, und sah Mina an.
»Ich freue mich, Sie persönlich kennengelernt zu haben«, sagte sie und klang ein bisschen ehrfürchtig. Mina musste lächeln, trotz allem.
»Immer dran denken, ich bin, wie es aussieht, Ihre Verdächtige Nummer eins.«
»Wie es aussieht.«
Hepburn ging zur Haustür.
»Was hat mir Ihr Doktor eben eigentlich gespritzt?« Sie hatte es die ganze Zeit schon fragen wollen.
Hepburn drehte sich zu ihr um und sah sie mit zusammengezogenen Brauen an. »Gespritzt?«
Mina zeigte auf den Einstich in ihrer Armbeuge.
»Er hat Ihnen Blut abgenommen.«
Mina schluckte. »Darf er das? Ohne Einverständnis?«
Hepburn sah sie lange an, jetzt ganz Polizistin und gar nicht mehr Fan. »Gibt es etwas, worüber Sie mit mir reden möchten?«
»Er darf das gar nicht«, sagte Mina leise.
»Doch, Miss Williams. Doch.« Hepburn drehte sich um und ging zu ihrem Auto.
4.
Sie war in seinem Haus, und er hatte keine Ahnung, wie er sie wieder herausbekommen sollte. Zwei Wochen schon. Seit zwei Wochen wohnte sie in einem der vier Schlafzimmer des Hauses, und er wurde sie nicht wieder los. Ihre Haare klebten auf den Polstern der Sofas. Der Geruch ihres viel zu süßen
Weitere Kostenlose Bücher