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Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart

Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart

Titel: Wenn es dunkel wird im Märchenwald ...: Ritter Blaubart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Schwartz
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kann, zu kommen. Wie Sie wissen, bin ich in diesen Nächten beschäftigt.“
    „Was könnte wichtiger sein, als Ihren Hauptverdächtigen zu observieren?“, entgegnete Alain spöttisch. „Einen schönen Abend noch.“
    Amelie brachte ihn zur Tür. Als er ihr zunickte, glaubte sie erneut, die fremde Stimme zu hören. Ein Flüstern und Fauchen wie Wind, der durch die Ritzen des Hauses pfiff. Sie sollte kommen. Sich ihm anvertrauen. Sich ihm hingeben.
    Verwirrt schüttelte sie den Kopf, während er im Schneetreiben verschwand.
    Das sind sicher die Nachwirkungen von meinem Erlebnis auf dem Friedhof. Ich muss Stefan und Lara davon erzählen, ehe es mich völlig aus der Bahn wirft.
    Doch jedes Mal, wenn sie zu ihrem Bericht ansetzen wollte, verhinderte etwas in ihr, dass sie sprach. Ständig sah sie Alain vor sich. Seinen hohen, schlanken Körper. Diese graugrünen Augen mit den langen Wimpern. Die harte Linie des Kinns unter den weichen Lippen. Sie hörte nur halbherzig zu, als Lara und Stefan eine erhitzte Debatte über das Fest und die Einladung führten.
    Spät am Abend räumte sie die Tasse ab, die Alain hatte stehen lassen. Sie blickte hinein. Die Tasse war komplett gefüllt. Er hatte das Getränk nicht angerührt.
     
    In dieser Nacht träumte Amelie wieder von Alain. Sie war in einer Burg, hing gefesselt in Metallketten an der steinernen Wand und musste zusehen, wir ihre Schwester Alain nahm. Beide beachteten sie nicht. Die Wut in ihr war mörderisch. Benommen wachte sie auf, und musste sofort an Alain und seine Einladung denken. Was würde dieser Maskenball ihr bringen? Würde sie Alain näherkommen? Sie dachte an seinen unnachgiebigen Blick, die kräftigen Hände und die verführerische, spöttische Stimme. Ihr fiel der Text eines alten Lieblingsliedes ein.
    „Wenn er mich ruft, hält mich nichts mehr zurück.“
    Sie seufzte wohlig. Gleichzeitig spürte sie Angst. Ihr Magen kribbelte, wenn sie an Alain dachte. Was würde passieren, wenn sie sich nicht zurückhielt? Wenn sie bereit war, an den „Freizügigkeiten“, die er erwähnt hatte, teilzunehmen? War es nicht das, zu dem er sie indirekt aufgefordert hatte? Ihren Traum in seiner Limousine wahr werden zu lassen?
    Hoffentlich geht die Zeit bis zum Vollmond schnell herum.
     
    Die schwarze Limousine stand vor dem Haus. Nervös zupfte Amelie an dem weißen, mittelalterlichen Kleid, das sie sich im Internet bestellt hatte. Es war teuer gewesen. Dafür stand es ihr ausgezeichnet. Sie trug einen Reifrock und ein Korsett darunter. Beides betonte ihre schlanke Figur.
    Der Fahrer öffnete ihr die Tür. Er hatte sich als Pierre vorgestellt, als Angestellter und Freund Alains.
    „Sie sehen zauberhaft aus, Madame.“ Er lächelte gewinnend. Sein Gesicht war grober als das von Alain, aber auch von ihm ging eine Ausstrahlung aus, die Amelie verunsicherte. Trotz der derben Züge war er attraktiv. Er schien genau zu wissen, was er wollte und wo sein Platz in der Welt war.
    Amelie setzte sich auf den Rücksitz neben ihre Schwester.
    Lara trug ein flammend rotes Kleid, das noch aufwendiger gearbeitet war als ihr eigenes. Auf ihrem Kopf saß eine festgesteckte silberne Krone. Stefan sah nicht weniger eindrucksvoll aus, er war in Samt gehüllt, die schwarzen, kniehohen Stiefel boten einen reizvollen Kontrast zu der teuren Gewandung. Sie saßen majestätisch auf der Rückbank, König und Königin.
    Amelie fühlte sich plötzlich unwohl neben ihnen. Ihre Schwester war so viel selbstsicherer als sie. Früher war das nicht so gewesen. Ein wenig wehmütig erinnerte sie sich an die Zeit, als sie die schönere Schwester gewesen war. Der Mittelpunkt der Schule. Doch nach dem Tod ihrer Eltern hatte Lara sie überholt, sowohl an Selbstsicherheit als auch an Anmut. Würde Alain sie überhaupt beachten oder hatte er nur Augen für Lara?
    Er hat mich gerufen. Er will, dass ich komme.
    Entgegen der Logik ließ dieser Gedanke sie nicht los. Er beruhigte sie. Sie war Alain willkommen.
    Pierre hielt vor dem Tor des Anwesens, stieg aus und ging zur Anlage. Während das gewaltige Tor automatisch zur Seite glitt, betrachtete Amelie die hohen, weißen Steinmauern, die das Anwesen einschlossen. Wie lang mochten sie sein? Einen Kilometer? Anderthalb? Hinter diesen Mauern lag ein eigener Wald. Es gab sogar einen verfallenen, steinernen Turm, der von einem älteren Gebäudeteil erhalten geblieben war.
    Dunkle Szenen von geheimnisvollen Ritualen stiegen in ihr auf. Was konnte alles hinter solchen

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