Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)
hebendem und senkendem Brustkorb hier in ihren Armen lag. Wie er die Augen aufschlug und sie ansah. Wie sie in das leuchtende Blauschwarz seiner Iris sehen konnte.
Mit einem Mal begann Nikolajs Brust unter ihrer Hand zu zittern. Sein ganzer Körper begann zu zittern. Der Boden bebte und erfüllte die Luft mit einem Grollen. Stellenweise brach der steinerne Grund auf, von den Dächern der Häuser krachten Ziegel. Ein Erdbeben. Wie damals, als Lilith einst ihren Zauber gesprochen hatte. Sie schlug die Augen auf. Die Gebäude der Stadt erzitterten, Merkas Männer reagierten aufgebracht und erregt, balancierten ihren Stand aus, ehe die Mehrzahl von ihnen in die Knie ging und verkrampft die Arme um sich schlug, als hätten sie Schmerzen.
Plötzlich brach der Himmel auf. Die Dunkelheit wurde von einem grellen Lichtblitz geflutet. So grell, dass sie die Augen schließen musste, das Glühen aber selbst durch die geschlossenen Lider weiter wahrnehmen konnte. Und dann, so plötzlich wie es gekommen war, war es vorbei. Das durchdringende Licht verschwand. Die Nacht kehrte zurück. Doch es war eine andere Nacht. Nicht mehr nur Schwarz, sondern Grau. Auf den ersten Blick wirkte alles gleich, doch auf den zweiten Blick offenbarte sich ein Unterschied. Weniger sichtbar, denn fühlbar.
„Nein …!“, grollte Luzifer, fiel auf die Knie und stotterte mühsam und abgehakt vor sich her. „Du hast … was mir … Nein …“ Das Rot der Iris flackerte. Er griff sich an die Brust, dann wich die Spannung aus Merkas Körper, er glitt seitlich zu Boden und rührte sich nicht mehr.
Ein Druck um ihre Hand ließ sie zusammenzucken. Nikolaj hielt sie umschlossen, seine Augen waren auf ihr Gesicht gerichtet. „Nick …!“ Ihre Stimme vibrierte, flatterte, so viele Emotionen lagen darin. „Du …“
„Ich lebe. Du hast mich gerettet.“ Seine Antwort war mehrdeutig, bezog sich nicht nur darauf, dass sie ihn zurück ins Leben gebracht hatte. Es lag weit mehr Bedeutung darin.
„Ich wusste nicht sicher, ob ich dich … Du warst das Opfer –
mein
Opfer, um Liliths Zauber …“ Er legte ihr einen Finger auf die Lippen, um sie am Sprechen zu hindern. „Es gibt nichts zu erklären oder zu rechtfertigen. Du hast das Richtige getan. Hättest du es nicht getan, wärst du nicht die Gwen, die ich liebe. Du hast dein Versprechen gehalten. Du hast mich gerettet.“ Er setzte sich langsam auf und ließ den Blick umherschweifen. „Du hast uns alle gerettet.“ Er sah sie wieder an „Ich kann es fühlen. Da sind ein Licht und eine Wärme in mir, die vorher nicht dagewesen sind. Ich fühle mich … weniger hin und hergerissen, weniger zerrissen. Es fühlt sich an, als ob ich … in der Mitte stehenbleiben kann – wenn ich es will. Alles ist weniger kalt und dunkel.“
Sie konnte die Tränen nicht zurückhalten. Es war getan. Es war vorbei. Sie hatte Liliths Fluch gebrochen. Sie hatte Hekate geholfen. Und vor allem hatte sie Nikolaj ein Stück des Friedens und Lichtes gegeben, das er verdient hatte, das ihm zustand. Seine Worte, das, was er nun empfand, entschädigte alles. Alle Ängste. Alle Sorgen. Allen Kampf. Dieser Lohn übertraf jedweden Preis.
Jonathan gab ein Räuspern von sich. „Ich will diesen Moment wirklich nur ungern stören, aber … können wir dann jetzt abhauen? Ich würde diesen „netten Ort“ wirklich gerne hinter mir lassen und einen Arzt aufsuchen, der mich zusammenflickt.“ Noch ehe jemand etwas erwidert hatte, eilte Marah auf ihn zu, ließ sich auf die Knie sinken und umarmte ihn, sodass er ein Japsen von sich gab. Dann hob er seinerseits die Arme und erwiderte die Umarmung, wobei er seine Hand sanft über ihr Haar gleiten ließ. „Halb so wild. Ist nur mein Bein, sonst bin ich in Ordnung. Wir alle sind in Ordnung. Das ist, was zählt. Wir sind alle in Ordnung und wir sind alle Helden.“ Er grinste.
Nikolaj brachte sich auf die Beine und half dann ihr auf. Seine Augen flogen über Merkas und über die Stelle, an der er zuvor gelegen hatte.
„Meine Frage, ob er wirklich tot ist, hatte seine Berechtigung“, warf Jonathan ein, löste sich halb aus Marahs Umarmung und sah Nikolaj mit einem anklagenden Ausdruck auf dem Gesicht an, der sich jedoch alsbald in ein schiefes Grinsen verlief. „Aber unser hexischer Bodyguard hat die Sache geregelt.“ Er griff sich eine weiße Prise vom Boden und pustete sie durch die Luft. „Mit ein wenig Salz. Das neue Kultgewürz. Nicht nur für schmackhafte Speisen sondern auch als Abwehr
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