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Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)

Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition)

Titel: Wenn Licht die Nacht durchdringt: (Teil 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Andrea Huber
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lassen.“ Sie hielt kurz inne. „Ich habe eine Ewigkeit in meiner eigenen Hölle verbracht. Ich habe mich für das verdammt, was ich getan habe und nun ist es an der Zeit, frei zu werden, Frieden zu finden. Du weißt, wovon ich rede, weil du dich selbst verdammt hast. Zum Schmerz. Zum Selbsthass. Dazu, der Liebe nicht würdig zu sein. Für das, was du getan hast. Für das, was du bist. Gwen hat dir verziehen, hat dir ihre Vergebung und Liebe geschenkt. Kannst du dir selbst verzeihen? Dir vergeben? Ihr zu gestatten, dich zu lieben, nachdem, was du getan hast? Kannst du das?“
Er sah sie ausdruckslos und regungslos an. Irgendwann bemerkte er, dass er die Hände zu Fäusten geballt hatte. „Was ist mit dir?“, fragte er schließlich in herausforderndem Tonfall. „Du hängst seit Jahren hier fest und fragst mich, ob ich mir verzeihen kann?“
„Wir sind das letzte Puzzlestück. Gemeinsam können wir nicht nur uns, sondern auch alle anderen befreien. Genau aus diesem Grund bin ich noch hier: damit du und all die anderen Sensaten ihre rechtmäßige Chance bekommen. Ein zu gleichen Teilen existierendes Verhältnis von Licht und Dunkelheit. Wie soll jemand, der nur Dunkelheit in sich trägt, wissen, was Licht ist, sein und geben kann? Nichts auf dieser Welt ist einzig dunkel oder einzig lichtvoll. Alles Existente trägt beides in sich, um sich im Schein des anderen offenbaren zu können. Ich wollte nicht, dass den Sensaten das verwehrt wird. Ich hielt mich für besser als die Inquisition, war am Ende aber genauso getrieben von meiner dunklen Seite. Offenbar wollte ich gut sein, doch im Inneren wollte ich einfach nur Rache. Selbstbetrug funktioniert – aber nur eine gewisse Weile, ehe er zurückkommt, wie ein Bumerang.“
„Das ist … das ist mein Teil? Mein Anteil, an der Aufgabe, die Gwen zugedacht war?“, flüchtete er, sich auf den rationalen Boden der Tatsachen flüchtend.
„Ja. Gwen hat ihren Teil erfüllt. Sie hat sich für die Liebe statt den Hass entschieden. Sie hat dir vergeben – und sie hat dich getötet.“
„Das war, was sie tun sollte? Mich töten?“ Er konnte nicht sagen, was er darüber dachte, was er davon hielt. Aber er erinnerte sich an ihre Frage, warum er sie liebte – und ob er ihr vertraute. Er hatte ihr gesagt, warum er sie liebte. Hatte ihr gesagt, er würde ihr sein Leben anvertrauen. Sie hatte seine Worte wie einen Rettungsanker oder Wasser in der Wüste aufgegriffen, erleichtert und stärker zugleich ausgesehen und ihm ein Versprechen gegeben. Darauf, dass sie alles in Ordnung bringen würde.
„Sie musste ein freiwilliges Opfer bringen. Während Merkas dich fast überwältigt hatte, wurde ihr klar, dass du das größte Opfer bist, das sie bringen kann. Ihr wurde bewusst, dass sie dich töten muss – aber auch, dass sie möglicherweise die Kraft hat, dich zu retten, wenn sie es getan hat.“
„Möglicherweise …“ Er flüsterte das Wort.
„Möglicherweise“, bestätigte Lilith mit fester Stimme. „Doch das ist nicht, worauf es jetzt ankommt.“ Sie trat abermals dichter an ihn heran und nahm seine Hände in ihre. „Jetzt kommt es auf uns an. Auf dich und mich. Vergib dir, was du getan hast. Du musst es nicht gut oder richtig finden. Du musst es lediglich akzeptieren. Als einen Teil deiner Lebensreise. Einen Teil deiner Vergangenheit. Gestatte dir vorwärtszugehen, mit allem, was war. Du kannst es – und du darfst es. Wir können und dürfen es. Hier und jetzt. In diesem Moment.“  

ZWEIUNDZWANZIG
     

     

    „ Verlass dich auf jemand anderen und du bist verlassen …“, spottete Merkas – spottete Luzifer. Eine Mischung zweier Stimmen, zwei Tonspuren, die übereinanderlagen. Weniger ausgeprägt wie einst bei Céstine, aber noch immer in ihrer doppelten Existenz wahrnehmbar.
    Gwen sah ihn voller Entsetzen an und zog Nikolajs Körper dichter an sich heran. Mehr als das konnte sie kaum tun, zu mehr Regung war sie kaum fähig. Marah neben ihr verharrte ihrerseits in einer Art entsetzter Starre. Womöglich war dieser Moment der unpassendste und unwillkommenste, in dem Luzifer hätte auftauchen können. Weil sie spürte, dass es ein begrenztes Zeitfenster gab, um Nikolaj zu retten – und weil sie innerhalb eines engen Raums mit Luzifer eingeschlossen waren.
„Und nun …?“, fragte der Teufel herausfordernd, mit der Stimme desjenigen, der die Schlacht verloren hatte, jedoch noch immer davon überzeugt war, den Kampf gewinnen zu können, während er langsam näherkam.

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