Wer weiter sehen will, braucht hoehere Schuhe
Geschmackserlebnis nahezubringen, ist ein tolles Gefühl. Es ist unglaublich befriedigend für andere zu kochen, die ebenso gern essen wie ich. Kochen löst ein enormes Verlangen nach essen in mir aus.«
»Sollten wir essen, was wir mögen, oder eher das, was dem Alter, der Figur und den gesundheitlichen Anforderungen angemessen ist?«
»Ich finde, man sollte seine Ernährung entsprechend anpassen, wenn man unter einer Krankheit leidet, aber da das bei mir nicht der Fall ist, esse ich eigentlich alles. Nur wenn ich Probleme habe, meine Röhrenjeans in Größe 44 zuzubekommen, fällt mir ein, dass ich vielleicht ein wenig auf meine Ernährung achten sollte. Also gibt es eine Woche lang Hüttenkäse auf Vollkornbrot. Ich esse, um Geschmäcker und Konsistenzen auszuprobieren, nicht wegen der Wirkung, die die Lebensmittel auf meinen Körper haben, sprich, um zu überleben.«
»Ist Kochen wichtig, und wenn ja, warum?«
»Natürlich ist Kochen wichtig! Wie sollen wir sonst etwas Essbares bekommen? Beim Kochen geht es darum, etwas zu teilen; es geht um die Familie, um Traditionen, Erinnerungen und darum, Teil eines Teams zu sein. Kochen ist Adrenalin (zumindest im Restaurantumfeld), und – habe ich das schon gesagt? – Kochen ist Essen. Ich bin nicht sicher, was zuerst da war, das Kochen oder das Essen. Ich denke ununterbrochen ans Essen, wirklich ununterbrochen. Als ich elf war, kamen meine Schwester und ich von der Schule nach Hause und machten uns Pommes Anna als Nachmittagssnack. Wir haben gerne die vierzig Minuten gewartet, die ihre Zubereitung dauert, nur damit wir etwas hatten, was uns wirklich schmeckt.«
»Unterscheidet sich Ihre Haltung gegenüber dem Kochen und Essen von der Ihrer Mutter?«
»Meine Mutter ist eine typische Jüdin: Sie kocht viel zu viel, lädt die Teller der Gäste viel zu voll, und keiner darf vom Tisch aufstehen, ehe nicht alles aufgegessen ist, und auch dann gibt es immer noch vier weitere Gänge. Und NICHTS bleibt übrig, nichts wandert in den Müll. Was verständlich ist, schließlich waren Mums Eltern Überlebende des Holocaust. Heute kocht Mum, weil sie das Abendessen auf den Tisch bringen muss (schätzungsweise ist das eben so, wenn man jahrelang für die Kinder gekocht hat). Ich koche, weil ich das Essen mit anderen teilen möchte. Ich möchte, dass andere die leckeren Sachen probieren können. Ich koche extravaganter, mit viel kaltgepresstem Olivenöl, viel Butter und viel Salz (zu viel, sagt sie).«
»Was war Ihr größtes kulinarisches Verbrechen?«
»Vielleicht der Avocado-Käsekuchen, den ich gemacht habe, als ich zwölf war, er war absolut widerlich. Oh, und so ein Verrückter, für den ich in Israel gearbeitet habe, hat mich gezwungen, einen Lachs am Stück in Plastikfolie zu wickeln und in der Geschirrspülmaschine zu dämpfen. Das Problem war nur, dass sich die Spülmaschine geweigert hat, etwas anderes zu tun als zu spülen!«
»Erzählen Sie mir doch von Ihrer Beziehung zu Schokolade.«
»Frühstück. Cote d’Or Bouches. Leere Schachtel. Das sind die Worte, die mir beim Stichwort Schokolade einfallen. Einmal ist meine Mutter mit mir und meiner Schwester in Paris in ein Café gegangen, um eine heiße Schokolade zu trinken. Wir bekamen eine Schale voll seidiger, warmer Creme, die absolut göttlich geschmeckt hat. Cadbury’s Trinkschokolade ist nie an dieses Geschmackserlebnis herangekommen. Der reinste Himmel. Schokolade ist für mich eindeutig mit dem Frühstück verbunden. Man sollte sie ganz langsam essen, jeden einzelnen Bissen genießen. Als wäre sie pures Gold.«
»Wo stehen Essen und das Kochen heute, und wohin geht die Reise?«
»Einfach und lässig. Und natürlich Bio. Ich bin begeistert, dass Bauernmärkte immer mehr an Bedeutung gewinnen. Saisonal und zurück zu den Wurzeln, das ist der Trend. Ich glaube, deshalb funktioniert das Konzept unseres Engine Room so gut. Wir haben es uns zum Ziel gemacht, Schlichtheit auf höchstmöglichem Niveau zu liefern. Molekulargastronomie ist eine feine Sache, aber ich halte sie nur für eine Modeerscheinung. Wir lieben Seelennahrung; Gerichte, die keine Ehrfurcht einflößen. Der Schwerpunkt muss auf dem Produkt selbst liegen. Heute wollen die Leute mehr denn je wissen, woher die Lebensmittel kommen. Und dann verarbeiten sie sie auf einfache Art.«
Alles Bio
In seinem Buch Table Talk sagt der umstrittene britische Food-Autor A. A. Gill, dass er die Zielsetzung der umweltbewussten Bauern zwar gutheißt und
Weitere Kostenlose Bücher