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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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andern Raum, der ebenfalls eine Art Gemach oder Vorhaus bildete, und durch dicke Türen und ebenfalls durch gegliederte Fensterbalken zu schließen war, damit die Strahlen der Sonne und der Durchzug der äußern heißen Luft abgehalten würden. Lauter Anstalten, die er in Europa nicht nötig hatte. Was ihn schier am meisten freute, war ein Brunnen, den ihm ein Meister an einem stets schattigen Teile seines eigenen Hofes gemacht hatte, wo man nur an einem Metallknopfe hin und her zu ziehen brauchte, daß kristallhelles, eiskaltes Wasser in das steinerne Becken heraus floß. Anfangs wollte er das häufige Ziehen nicht zulassen und den großen Verbrauch des Wassers hindern, daß es nicht vielleicht zu schnell zu Ende gehe, aber da das Wasser durch zwei Jahre unvermindert und gleich frisch dem Zuge des Metallknopfes folgte, erkannte er, daß hier ein Schatz sei, den man nicht leeren, den sie hier nicht schätzen können, und den man in der Wüstenstadt für das höchste Gut gehalten hätte. Überhaupt waren er und Uram in der ersten Zeit ihres Wanderns in Europa über die prächtigen Quellen, die es hat, entzückt, wunderten sich, wie die Leute, die da leben, sich nichts darausmachten, und tranken oft, vorzüglich wenn sie im Gebirge waren und ein recht glasklarer Strahl aus Steinen hervor schoß, mit Lust und dem Wasser zu Ehren, selbst wenn sie nicht durstig waren. Sie priesen die Wässer des Gebirges vor denen der Ebene, wenn ihnen auch das Gebirge selber nicht besonders gefiel, da es sie beengte und ihnen die Weite und Unendlichkeit benahm, an die sie gewohnt waren. Im Garten, den er bereits mit einer hohen Mauer umfangen hatte, war aber noch nichts als Gras; allein auf künftigen Schatten bedacht, ließ er Bäume pflanzen, und nahm sich vor, sie selber zu pflegen und zu betreuen, daß sie schnell wüchsen und doch in wenigen Jahren schon Schatten auf den Rasen und auf die weiße Mauer des Hauses würfen. Für eine Abteilung, wo Gemüse und andere nützliche Dinge wüchsen, würde er in der Zukunft schon sorgen, jetzt müsse er, dachte er, nur das Notwendigste zuerst in den vollkommenen Stand setzen.
    Die inneren Gemächer waren nun alle eingerichtet, das Haus war fertig und von außen gegen Angriffe geschützt. Diener und Dienerinnen hatte er von dem Volke seines Glaubens bekommen.
    Als der ganze Bau in wohnlichem Zustande war, wozu er beinahe drei ganze Jahre gebraucht hatte, ging er daran, ihn zu beziehen. Er nahm Ditha aus dem hölzernen Häuschen, welches mit doppelten Holzwänden für das Kind und ihn als Notwohnung errichtet worden war, heraus und ließ es in die steinerne Wohnung in das für dasselbe eigens eingerichtete Gemach tragen. Er folgte, indem er die ganz wenigen Dinge, die er in dem Holzhäuschen gehabt hatte, mit sich nahm. Das Häuschen wurde nun sofort abgerissen.
    Ein Ziel, welches er in dem Lande Europa angestrebt hatte, hatte er nun erreicht, nämlich einen Wohnplatz. In diesem saß er nun mit Ditha ganz allein; denn Uram war schon im Verlaufe des ersten Jahres ihrer europäischen Wanderung, obwohl er vermöge seiner Jugend alles, was ihm aufgestoßen war, mit Neugierde und oft mit Entzücken betrachtet hatte, an dem fremden Klima verschmachtet. Abdias saß mit Ditha allein. Dieser wollte er nun alle Aufmerksamkeit zuwenden, daß sie, wie er sich vorgenommen hatte, ein wenig erzogen würde, indem er bisher, da er eine Wohnung für sie baute, nicht viel Zeit gehabt hatte, sich nach ihr umzusehen, und auch die Diener, die ihr beigegeben worden waren, sie bloß nährten, pflegten und schützten, und im andern sie liegen ließen, wie sie nur wollte. Sie war aber übrigens in ihrem Körperchen gesund und blühend. Und so lag sie nun vor ihm da, ein ehrwürdig Rätsel, aus seinem Wesen hervorgegangen und einer unbekannten Enthüllung harrend.
    Abdias ging nun mit demselben Eifer, mit dem er bisher alles betrieben hatte, daran, sich mit Ditha zu beschäftigen, obwohl er eigentlich nicht wußte, wie er es anfangen sollte, sie zu entfalten und vorwärts zu bringen. Er hielt sich schier immer in ihrem Zimmer auf. Er berührte sie, er redete mit ihr, er setzte sie in ihrem Bettchen auf, er setzte sie auf den Teppich des Fußbodens, er stellte sie auf ihre Füße, er versuchte, ob sie gehen könne, er wollte sehen, ob sie nicht eine kleine Strecke laufe, wenn er ihr einen lockenden Gegenstand vorhalte, und sehr viele Dinge der gleichen Art; aber sehr bald sah er, daß das Mädchen nicht sei, wie es sein

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