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0921 - Die Trennung

0921 - Die Trennung

Titel: 0921 - Die Trennung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Schwarz
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    Paris, 2. Juli 1789
    Der Marquis de La Mirage starrte auf seinen Degen, von dem das warme Blut in Strömen rann. Es rann auch aus dem Leib der leise stöhnenden Gestalt zu seinen Füßen und bildete eine schnell größer werdende Lache auf den groben Pflastersteinen. Mit dem Blut strömte zudem das Leben aus Louis Saint-Clouds Hülle, etwas, das dem Marquis geradezu wohlige Gefühle verschaffte. Ein höhnisches Grinsen legte sich auf das Gesicht des Adligen, als er den Kretin zu seinen Füßen zucken sah.
    Keine Straßenlaterne beleuchtete die enge, schmutzige, stinkende Gasse ganz in der Nähe des Palais Royal. Nur die Sterne, die hell und klar vom wolkenlosen Himmel schienen, sorgten für ein wenig Licht. Irgendwo grölte ein vom Absinth Betrunkener, aus einer Taverne klangen leise Musik und das schmutzige, girrende Lachen einer Dirne. Dass ein Mann wie Louis Saint-Cloud sich alleine in dieser gefährlichen Umgebung herumtrieb, hing mit seiner Vorliebe für die Straßenmädchen zusammen. Das Schmutzige, Obszöne übte eine ungeheure Faszination auf ihn aus.
    Nun, hatte ausgeübt. Denn trotz seiner Verkleidung war ihm der Marquis de La Mirage auf die Schliche gekommen. Und nun lag der engste Vertraute dieses verfluchten Rechtsanwalts Camille Desmoulins, der flammende und gleichwohl gefährliche Reden von der Freiheit und Gleichheit aller Menschen schwang und damit die niederen Stände aufwiegelte, in seinem Blut.
    Gut so. Wenn Desmoulins nicht ganz auf seinen beschissenen Aufklärerschädel gefallen ist, versteht er die Warnung und hält künftig sein Schandmaul…
    Der Marquis de La Mirage, den die Reden Desmoulins rasend machten, trat dem Sterbenden noch einmal ins Gesicht, wischte den Degen an dessen Hose ab und entfernte sich dann mit raschen Schritten vom Tatort, um im Gewirr der Gassen rund um den Louvre unterzutauchen.
    Ein paar Männer in schwarzen Kutten tauchten an der nächsten Straßenecke auf. Sie lärmten, lachten und kicherten. Pfaffen , dachte der Marquis verächtlich. Er wollte ihnen ausweichen, doch sie kamen näher. Er musste sich eng an eine Wand drücken, um an ihnen vorbei zu kommen. Aus der Gruppe der Kleriker heraus stieg eine Art schwarzer Schatten in die Höhe – und sauste auf den Marquis herunter. Etwas Schweres krachte auf seinen Schädel.
    Stöhnend brach er zusammen. Auf den Knien liegend kämpfte er gegen die blutroten Nebel, die vor seinen Augen wallten. Verzweifelt versuchte er, bei Bewusstsein zu bleiben. Die Angreifer sahen nicht allzu lange zu. Ein zweiter Schlag ließ den Marquis abrupt in undurchdringliche Schwärze sinken. Dass die Männer seinen umsinkenden Körper auffingen, bevor er aufs Straßenpflaster schlug und ihn routiniert in einen Teppich rollten, bekam er längst nicht mehr mit.
    ***
    Langsam kam der Marquis de La Mirage wieder zu sich. Sie hatten ihn gefesselt und auf den kalten Boden geworfen. Er lag auf dem Bauch und hob den Kopf ein wenig an. Zuckendes Fackellicht riss aus Ziegeln gemauerte Wände aus der Finsternis und ließ geheimnisvolle, monsterhafte Schatten darauf entstehen. Ein irrer Schmerz zwang den Marquis, den Kopf wieder sinken zu lassen. Er stöhnte, als sein Kinn auf dem eiskalten gestampften Lehmboden zu liegen kam. Speichel troff aus seinen Mundwinkeln.
    Ich bin in den Katakomben. Die Schweine haben mich in die Katakomben verschleppt…
    So deutlich konnte er immerhin denken. Zwei mit schwarzen Mänteln und Kapuzen Vermummte traten neben ihn und rissen ihn unsanft in die Höhe. Er hing zwischen ihnen wie ein nasser Sack.
    Sein Stolz trieb den Marquis de La Mirage dazu, die Schmerzen zu überwinden und sich gerade aufzurichten. Er stieß seine Stützen weg. »Ich brauche keine… Hilfe. Ich kann … ganz gut selbst stehen«, krächzte er, während er schwankte, dann aber doch das Gleichgewicht halten konnte. »Wer seid ihr und was … wollt Ihr von mir? Lösegeld? Kein Problem. Ich kann euch genügend bieten.«
    Irgendein dumpfes Gefühl sagte ihm sogleich, dass die Männer nicht auf Lösegeld aus waren.
    Unter einem halbrunden, gemauerten Durchgangsbogen stand ein provisorischer Tisch aus Fässern und einem Brett. Fünf Kapuzenmänner saßen ebenfalls auf Fässern, zwei links, drei rechts. Die beiden Fässer in der Mitte hielten sie frei.
    Sitzen hier die Kretins, die links und rechts von mir stehen?
    Keiner der Vermummten antwortete oder

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