Werke
gelbangestrichene Tischlein, das da stand. Seine Diener und die Leute des Gasthauses waren beschäftigt, die Dinge, die der Wagen enthielt, auszupacken und herauf zu tragen.
Herr Tiburius konnte sich nun mit Beruhigung sagen, daß er da sei. Aus der spöttischen Äußerung des kleinen Doktors war Ernst geworden. Gestern, da er noch in der Ebene draußen fuhr, hatte Herr Tiburius gedacht, wenn er nur nicht eher stürbe, ehe er ankäme, dann wäre alles gut; jetzt war er angekommen, und saß bereits neben seinem Tischlein da. Die Leute räumten beinahe die ganze Stube mit den Sachen voll, die sie in dem Wagen fanden. Durch die grünen Schienen der Fensterläden sahen duftige Bergwände herein – er war fast berauscht und legte sich seine Reiseeindrücke zurecht. Da waren noch die unendlichen Felder und Wiesen und Gärten, durch die er gefahren war, und die Häuser und Kirchtürme, die alle an ihm vorüber gegangen waren, dann rückten gar Gebirge näher, dann schwankte ein langer grüner See in seinem Haupte, über den er samt seinem Reisewagen gefahren war, und dann war das eilende Wasser in dem Tale und das erschreckliche Blitzen der Sonne auf allen Bergen. –
Aber auf das alles durfte Herr Tiburius zuletzt doch nicht gar zu stark denken; denn es waren jetzt ganz andere Dinge notwendig, nämlich daß seine Wohnung für seine Krankheit gehörig eingerichtet werde, und daß man sehr bald den Badearzt rufe, daß er ihn kennen lerne, und daß sie mit einander den Plan der Heilung verabredeten und sogleich zur Ausführung desselben den Anfang machten.
Es mußte vor allem noch ein größerer Tisch herbei, auf den er die Stöße Bücher, die sein Diener auspackte, legte, daß er sie bei erster Gelegenheit aufschneide und zu lesen beginne. Dann mußte das Bett, dessen Bestandteile er selber mitgebracht hatte, im noch kleineren Nebenzimmerchen, das an sein Wohngemach stieß, aufgestellt werden. Das Stahlgerüste desselben wurde in der Ecke aufgerichtet, in welcher am wenigsten Zugluft herrschen konnte. Hierauf wurden die Stäbe der spanischen Wand, die er mitgebracht, auseinander geschraubt, gestellt und mit dem dazu gehörigen Seidenstoffe bespannt, auf dem unzählige rote Chinesen waren. Weil so viele Mantelsäcke, Wagenkoffer und andere Lederfächer herumlagen, mußte der Wirt noch einen Schrein herauf schaffen, den man in das Vorzimmer, wo die Diener schliefen, stellte, daß man das Weißzeug, die Schlafröcke und die Kleider unterbringen könne. Zuletzt mußten noch die Schirme vor die Fugen der Fenster und Türen gestellt und die leeren Koffer und Lederfächer in das Wagenbehältnis gebracht werden.
Als alles in Ordnung war, sendete Herr Tiburius nach dem Badearzte. Es durfte nicht aufgeschoben werden, und es war überhaupt ungewiß, ob nicht auf die viele, viele Bewegung, die er auf der langen Reise her gemacht habe, eine arge Krankheit folgen könne.
Der Badearzt war nicht zu Hause und auch sonst nirgends zu finden. Herr Tiburius mußte bis auf den Abend warten. Er saß in seiner Stube und wartete. Am Abende kam der Arzt, und die zwei Männer beredeten sich über eine Stunde lang und setzten die ganze Wesenheit des zu befolgenden Heilplanes auseinander.
Am andern Morgen begann Herr Tiburius schon, den Plan ins Werk zu setzen. Man sah ihn in einem langen, grauen, zugeknöpften Oberrocke den Brunnengebäuden zu gehen und in denselben verschwinden. Er nahm darinnen sein erstes Bad. Und wo man die Molken nahm, wo man in der Sonne saß und ein wenig hin und her ging, konnte er später auch gesehen werden. So machte er es jeden Tag, und er ging gewissenhaft dorthin, wo es der Zweck erheischte. Um die von dem Arzte vorgeschriebene Bewegung mittelst Gehen zu machen, hatte er sich eine eigene Art ausgesonnen. Er fuhr nämlich mit seinen Grauschimmeln auf der Straße, die tiefer in das Gebirge führt, eine Strecke fort, bis er zu einem gewissen großen Steine kam, den er gleich am ersten Tage entdeckt hatte. Neben dem Steine war eine ziemlich große, trockene Erdstelle, die aus fest gelagertem Sande bestand. An dieser Stelle stieg er aus und ging nach der Uhr so lange hin und her, als die zur Bewegung festgesetzte Zeit dauerte, dann saß er wieder ein und fuhr nach Hause. Die Leute, die im Bade versammelt waren, lernten ihn bald kennen und sagten, das sei der Herr, der neulich in dem geschlossenen Wagen gekommen sei.
Die Badezeit war eigentlich schon ziemlich vorgerückt, aber da in diesen Gebirgstälern die letzten
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