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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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da die Sonne schon aufgegangen war.
    Jetzt war es Zeit, herum zu schauen.
    Ich kleidete mich so schnell und so sorgfältig an, als ich konnte, ging an ein Fenster, öffnete es und sah hinaus. Ein ganz gleicher, sehr schön grüner Rasen, der durch keine Blumengebüsche oder dergleichen unterbrochen war, sondern nur den weißen Sandweg enthielt, breitete sich über die gedehnte Dachung des Hügels, auf der das Gebäude stand, hinab. Auf dem Sandwege aber gingen Natalie und Gustav herauf. Ich sah in die schönen, jugendlichen Angesichter, sie aber konnten mich nicht sehen, weil sie ihre Augen nicht erhaben. Sie schienen in traulichem Gespräche begriffen zu sein, und bei ihrer Annäherung – an dem Gange, an der Haltung, an den großen dunklen Augen, an den Zügen der Angesichter sah ich wieder recht deutlich, daß sie Geschwister seien. Ich sah auf sie, so lange ich sie erblicken konnte, bis sie endlich der dunkle Torweg aufgenommen hatte.
    Jetzt war die Gegend sehr leer.
    Ich blickte kaum auf sie.
    Allgemach entwickelten sich aber wieder freundlich Felder, Wäldchen und Wiesen im Gemisch, ich erblickte Meierhofe rings herumgestreut, hie und da erglänzte ein weißer Kirchturm in der Ferne, und die Straße zog einen lichten Streifen durch das Grün. Den Schluß machte das Hochgebirge, so klar, daß man an dem untern Teile seiner Wand die Talwindungen, an dem obern die Gestaltung der Kanten und Flächen und die Schneetafeln wahrnehmen konnte.
    Sehr groß und schön waren die Ahorne, die unten am Hügel standen, deshalb mochten sie schon früher bei meinen Reisen durch diese Gegend meine Aufmerksamkeit erregt haben. Von ihnen zogen sich Erlenreihen fort, die den Lauf der Bäche anzeigten.
    Das Haus mußte weitläufig sein; denn die Wand, in der sich meine Fenster befanden, und die ich hinausgebeugt übersehen konnte, war sehr groß. Sie war glatt mit vorspringenden steinernen Fenstersimsen, und hatte eine grauweißliche Farbe, mit der sie offenbar erst in neuerer Zeit übertüncht worden war.
    Hinter dem Hause mußte vielleicht ein Garten oder ein Wäldchen sein, weil ich Vogelgesang herüber hörte. Auch war es mir zuweilen, als vernähme ich das Rauschen des Hofbrunnens.
    Der Tag war heiter.
    Ich harrte nun der Dinge, die kommen sollten.
    Ein Diener rief mich zu dem Frühmahle. Es war zu derselben Zeit wie im Rosenhause. Als ich in das Speisezimmer getreten war, sagte mir Mathilde, daß es sehr lieb von mir sei, daß ich ihre Freunde und ihren Sohn in den Sternenhof begleitet habe, sie werde sich bemühen, daß es mir in demselben gefalle, wozu ihr ihr Freund, der mir den Asperhof anziehend mache, beistehen müsse.
    Ich antwortete, daß ich mich auf die Reise in den Sternenhof sehr gefreut habe, und daß ich mich freue, in demselben zu sein. Von einer Bedeutung sei es nicht, daß mir eine Rücksicht zu Teil werde, ich bitte nur, daß man, wenn ich etwas fehle, es nachsehe.
    Nach mir trat Eustach ein. Mathilde begrüßte auch ihn noch einmal.
    Gustav, der schon zugegen wer, gesellte sich zu mir.
    Die Frauen waren häuslich und schön, aber minder einfach als in dem Rosenhause gekleidet. Meinen Gastfreund sah ich zum ersten Male in ganz anderen Kleidern als auf seiner Besitzung und auf dem Besuche zu Ingheim. Er war schwarz mit einem Fracke, der einen etwas weiteren und bequemeren Schnitt hatte als gewöhnlich, und sogar einen leichten Biberhut trug er in der Hand.
    Nach dem Frühmahle sagte Mathilde, sie wolle mir ihre Wohnung zeigen. Die andern gingen mit. Wir traten aus dem Speisezimmer in einen Vorsaal. Am Ende desselben wurden zwei Flügeltüren aufgetan, und ich sah in eine Reihe von Zimmern, welche nach der ganzen Länge des Hauses hinlaufen mußte. Als wir eingetreten waren, sah ich, daß in den Zimmern alles mit der größten Reinheit, Schönheit und Zusammenstimmung geordnet war. Die Türen standen offen, so daß man durch alle Zimmer sehen konnte. Die Geräte waren passend, die Wände waren mit zahlreichen Gemälden geziert, es standen Glaskästen mit Büchern, es waren musikalische Geräte da, und auf Gestellen, die an den rechten Orten angebracht waren, befanden sich Blumen. Durch die Fenster sah die nähere Landschaft und die ferneren Gebirge herein.
    Es zeigte sich, daß diese Zimmer ein schöner Spaziergang seien, der unter dem Dache und zwischen den Wänden hinführte. Man konnte sie entlang schreiten, von angenehmen Gegenständen umgeben sein, und die Kälte oder das Ungestüm des Wetters oder Winters

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