Werke
Hemdärmel an den Armen und viele hochgipflige Metallknöpfe auf der Weste. Er grüßte den Großvater, als er ihn sah, und führte ihn in die Stube; mich aber ließen sie auf einem kleinen hölzernen Bänklein neben der Tür im Hofe sitzen, und schickten mir ein Butterbrod, das ich verzehrte. Ich rastete, betrachtete die Dinge, die da waren, als: die Wägen, welche abgeladen unter dem Schoppendache ineinander geschoben standen, die Pflüge und Eggen, welche, um Platz zu machen, in einen Winkel zusammengedrängt waren, die Knechte und Mägde, die hin und her gingen, ihre Samstagsarbeit taten und sich zur Feier des Sonntages rüsteten; und die Dinge gesellten sich zu denen, mit denen ohnehin mein Haupt angefüllt war, zu Drillingsföhren, Toten und Sterbenden und singenden Vöglein.
Nach einer Zeit kam der Großvater wieder heraus und sagte: »So, jetzt bin ich fertig, und wir treten unsern Rückweg wieder an.«
Ich stand von meinem Bänklein auf, wir gingen dem Schwibbogen zu, der Bauer und die Bäurin begleiteten uns bis dahin, nahmen bei dem Schwibbogen Abschied und wünschten uns glückliche Heimkehr.
Da wir wieder allein waren und auf unserem Rückwege den Hohlweg hinan schritten, fuhr der Großvater fort: »Als es tief in den Herbst ging, wo die Preißelbeeren reifen und die Nebel sich schon auf den Mooswiesen zeigen, wandten sich die Menschen wieder derjenigen Erde zu, in welcher man die Toten ohne Einweihung und Gepränge begraben hatte. Viele Menschen gingen hinaus und betrachteten den frischen Aufwurf, andere wollten die Namen derer wissen, die da begraben lagen, und als die Seelsorge in Oberplan wieder vollkommen hergestellt war, wurde die Stelle wie ein ordentlicher Kirchhof eingeweiht, es wurde feierlicher Gottesdienst unter freiem Himmel gehalten, und alle Gebete und Segnungen nachgetragen, die man früher versäumt hatte. Dann wurde um den Ort eine Planke gemacht, und ungelöschter Kalk auf denselben gestreut. Von da an bewahrte man das Gedächtnis an die Vergangenheit in allerlei Dingen. Du wirst wissen, daß manche Stellen unserer Gegend noch den Beinamen Pest tragen, zum Beispiel Pestwiese, Peststeig, Pesthang; und wenn du nicht so jung wärest, so würdest du auch die Säule noch gesehen haben, die jetzt nicht mehr vorhanden ist, die auf dem Marktplatze von Oberplan gestanden war, und auf welcher man lesen konnte, wann die Pest gekommen ist, und wann sie aufgehört hat, und auf welcher ein Dankgebet zu dem Gekreuzigten stand, der auf dem Gipfel der Säule prangte.«
»Die Großmutter hat uns von der Pestsäule erzählt«, sagte ich.
»Seitdem aber sind andere Geschlechter gekommen,« fuhr er fort, »die von der Sache nichts wissen und die die Vergangenheit verachten, die Einhegungen sind verloren gegangen, die Stellen haben sich mit gewöhnlichem Grase überzogen. Die Menschen vergessen gerne die alte Not, und halten die Gesundheit für ein Gut, das ihnen Gott schuldig sei, und das sie in blühenden Tagen verschleudern. Sie achten nicht der Plätze, wo die Toten ruhen, und sagen den Beinamen Pest mit leichtfertiger Zunge, als ob sie einen andern Namen sagten, wie etwa Hagedorn oder Eiben.«
Wir waren unterdessen wieder durch den Hohlweg auf den Kamm der Anhöhe gekommen, und hatten die Wälder, zu denen wir uns im Heraufgehen umwenden mußten, um sie zu sehen, jetzt in unserem Angesichte, und die Sonne neigte sich in großem Gepränge über ihnen dem Untergange zu.
»Wenn nicht so die Abendsonne gegen uns schiene,« sagte der Großvater, »und alles in einem feurigen Rauche schwebte, würde ich dir die Stelle zeigen können, von der ich jetzt reden werde, und die in unsere Erzählung gehört. Sie ist viele Wegestunden von hier, sie ist uns gerade gegenüber, wo die Sonne untersinkt, und dort sind erst die rechten Wälder. Dort stehen die Tannen und Fichten, es stehen die Erlen und Ahorne, die Buchen und andere Bäume wie die Könige, und das Volk der Gebüsche und das dichte Gedränge der Gräser und Kräuter, der Blumen, der Beeren und Moose steht unter ihnen. Die Quellen gehen von allen Höhen herab, und rauschen, und murmeln, und erzählen, was sie immer erzählt haben, sie gehen über Kiesel wie leichtes Glas, und vereinigen sich zu Bächen, um hinaus in die Länder zu kommen, oben singen die Vögel, es leuchten die weißen Wolken, die Regen stürzen nieder, und wenn es Nacht wird, scheint der Mond auf alles, daß es wie ein genetztes Tuch aus silbernen Fäden ist. In diesem Walde ist ein
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