Werke
liebes, du mein herziges Kind,« antwortete die Mutter, »er hat dir auch Gaben gesendet, die du bald bekommen wirst.«
Die Schachteln waren ausgepackt worden, die Lichter waren angezündet, die Tür in die Stube wurde geöffnet, und die Kinder sahen von dem Bette auf den verspäteten hell leuchtenden, freundlichen Christbaum hinaus. Trotz der Erschöpfung mußte man sie noch ein wenig ankleiden, daß sie hinaus gingen, die Gaben empfingen, bewunderten, und endlich mit ihnen entschliefen.
In dem Wirtshause in Gschaid war es an diesem Abende lebhafter als je. Alle, die nicht in der Kirche gewesen waren, waren jetzt dort, und die andern auch. Jeder erzählte, was er gesehen und gehört, was er getan, was er geraten, und was für Begegnisse und Gefahren er erlebt hat. Besonders aber wurde hervorgehoben, wie man alles hätte anders und besser machen können.
Das Ereignis hat einen Abschnitt in die Geschichte von Gschaid gebracht, es hat auf lange den Stoff zu Gesprächen gegeben, und man wird noch nach Jahren davon reden, wenn man den Berg an heitern Tagen besonders deutlich sieht, oder wenn man den Fremden von seinen Merkwürdigkeiten erzählt.
Die Kinder waren von dem Tage an erst recht das Eigentum des Dorfes geworden, sie wurden von nun an nicht mehr als Auswärtige, sondern als Eingeborne betrachtet, die man sich von dem Berge herab geholt hatte.
Auch ihre Mutter Sanna war nun eine Eingeborne von Gschaid.
Die Kinder aber werden den Berg nicht vergessen, und werden ihn jetzt noch ernster betrachten, wenn sie in dem Garten sind, wenn wie in der Vergangenheit die Sonne sehr schön scheint, der Lindenbaum duftet, die Bienen summen, und er so schön und so blau wie das sanfte Firmament auf sie hernieder schaut.
Katzensilber
In einem abgelegenen, aber sehr schönen Teile unsers Vaterlandes steht ein stattlicher Hof. Er steht auf einem kleinen Hügel, und ist auf einer Seite von seinen Feldern und seinen Wiesen und auf der andern von seinem kleinen Walde umgeben. Man sollte eigentlich auch einen Garten hieher rechnen; aber es würde doch eine unrechte Benennung sein; denn Gärten der Art, wie sie in allen Ländern im Brauche sind, gibt es in jenem hochgelegenen, mit Hügeln und Waldesspitzen besetzten Landesteile nicht, weil die Stürme des Winters und die Fröste des Frühlings und Herbstes allen jenen Gewächsen übel mit spielen, die man vorzugsweise in Gärten hegt; aber der Besitzer des Hofes hat gegen eine Sandlehne hin, die steil abfällt, und in den warmen Lagen die Sonnenstrahlen recht heiß zurück wirft, Bäume gepflanzt, die auf weichem, schönem Rasen stehen, vor den Abend-, Mitternacht- und Morgenwinden geschützt sind, durch die höhere und eingeschlossene Lage vor dem Reife bewahrt werden, und auf ihrem warmen Platze so schnell gewachsen sind, daß sie auf ihren Edelreisern, die ihnen eingesetzt worden und zu bedeutenden Ästen gediehen sind, jährlich die großen schwarzen Kirschen, die Weichseln, die Birnen und die rotwangigen Äpfel tragen. Von den kleineren Gewächsen, als Johannisbeeren, Stachelbeeren, Erdbeeren, rede ich nicht. Sogar Pfirsiche und Aprikosen reifen an einer an der Sandlehne aufgeführten Mauer dann, wenn sich ein heißer Sommer ereignet, und wenn man das Zuhüllen durch eine Rohrmappe an kühlen Frühlingsabenden nicht vergessen hat. Seine Blumen hegt der Besitzer in verschiedenen gläsernen Häusern, stellt sie an schönen Tagen und in den warmen Sommermonaten auf die hölzernen Gestelle vor dem Hause oder in die Fenster. Selbst in den Zimmern sieht man die schönsten auf dazu eingerichteten Tischen stehen. Diejenigen, welche für die Luft und das Wetter des Landes eingerichtet sind, stehen in dem freien Grunde.
Wenn man über die Sandlehne empor gegangen ist, steigt noch ein Felsen auf, der dem Berge Festigkeit gibt, dessen Geschiebe nicht gegen den Garten absinken läßt und zur Vermehrung der Wärme nicht wenig beiträgt. Der Besitzer des Hofes hat einen Weg mit festem Geländer durch die Sandlehne und um den Felsen empor anlegen lassen, weil man von dort recht schön auf das Haus, auf den Garten und auf die Landschaft nieder sieht. Er hat an einigen Stellen Bänkchen anbringen lassen, daß man da sitzen und die Dinge mit Ruhe betrachten kann. Hinter dem Felsen gegen mitternachtwärts geht Gebüsch, dann folgen noch auf dem immer ansteigenden Boden einzelne Eichen und Birken, dann der Nadelwald, der den Gipfel einnimmt und das Schauspiel beschließt.
Um das Haus liegen,
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