Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
Vom Netzwerk:
Bequemlichkeit sahen und Nahrung wußten, im nächsten Jahre wieder gekommen oder, wenn sie Wintervögel waren, gar nicht fortgegangen. Weil aber auch die Jungen ein Heimatsgefühl haben und gerne an Stellen bleiben, wo sie zuerst die Welt erblickten, so erkoren sich auch diese den Garten zu ihrem künftigen Aufenthaltsorte. Zu den vorhandenen kamen von Zeit zu Zeit auch neue Einwanderer, und so vermehrt sich die Zahl der Vögel in dem Garten und sogar in der nächsten Umgebung von Jahr zu Jahr. Selbst solche Vögel, die sonst nicht gewöhnlich in Gärten sind, sondern mehr in Wäldern und abgelegenen Gebüschen, sind gelegentlich gekommen und, da es ihnen gefiel, da geblieben, wenn ihnen auch manche Dinge, die sonst der Wald und die Einsamkeit gewährt, hier abgehen mochten. Zur Nahrung rechnen wir auch Licht, Luft und Wärme. Diese Dinge geben wir nach Bedarf dadurch, daß wir die Bauplätze zu den Nestern an den verschiedensten Stellen des Gartens anbringen, damit sich die Paare die wärmeren oder kühleren, luftigeren oder sonnigeren aussuchen können. Für welche keine taugliche Stelle möglich ist, die sind nicht hier. Essind das nur solche Vögel, für welche die hiesigen Landstriche überhaupt nicht passen, und diese Vögel sind dann auch für unsere Landstriche nicht nötig. Zu den geeigneten Zeiten besuchen uns auch Wanderer und Durchzügler, die auf der Jahresreise begriffen sind. Sie hätten eigentlich keinen Anspruch auf eine Gabe, allein da sie sich unter die Einwohner mischen, so essen sie auch an ihrer Schüssel, und gehen dann weiter.«
    »Auf welche Weise gebt Ihr denn den Tieren die nötige Nahrung?« fragte ich.
    »Dazu haben wir verschiedene Einrichtungen«, sagte er. »Manche von den Vögeln haben bei ihrem Speisen festen Boden unter den Füßen, wie die Spechte, die an den Bäumen hacken, und solche, die ihre Nahrung auf der platten Erde suchen: andere, besonders die Waldvögel, lieben das Schwanken der Zweige, wenn sie essen, da sie ihr Mahl in eben diesen Zweigen suchen. Für die ersten streut man das Futter auf was immer für Plätze, sie wissen dieselben schon zu finden. Den anderen gibt man Gitter, die an Schnüren hängen, und in denen in kleine Tröge gefüllt oder auf Stifte gesteckt die Speise ist. Sie fliegen herzu und wiegen sich essend in dem Gitter. Die Vögel werden auch nach und nach zutraulich, nehmen es endlich nicht mehr so genau mit dem Tische, und es tummeln sich Festfüßler und Schaukler auf der Fütterungstenne, die neben dem Gewächshause ist, wo Ihr mich heute morgens gesehen habt.«
    »Ich habe das von heute morgens mehr für zufällig als absichtlich gehalten«, sagte ich.
    »Ich tue es gerne, wenn ich anwesend bin«, erwiderte er, »obwohl es auch andere tun können. Für die ganz schüchternen, wie meistens die neuen Ankömmlinge und die ganz und gar eingefleischten Waldvögel sind, haben wir abgelegene Plätze, an die wir ihnen die Nahrung tun. Für die vertraulicheren und umgänglicheren bin ich sogar auf eine sehr bequeme und annehmliche Verfahrungsweise gekommen. Ich habe in dem Hause ein Zimmer, vor dessen Fenstern Brettchen befestigt sind, auf welche ich das Futter gebe. Die Federgäste kommen schon herzu und speisen vor meinen Augen. Ich habe dann auch das Zimmer gleich zur Speisekammer eingerichtet, und bewahre dort in Kästen, deren kleine Fächer mit Aufschriften versehen sind, dasjenige Futter, das entweder in Sämereien besteht oder dem schnellen Verderben nicht ausgesetzt ist.«
    »Das ist das Eckzimmer,« sagte ich, »das ich nicht begriff, und dessen Brettchen ich für Blumenbrettchen ansah, und doch für solche nicht zweckmäßig fand.« »Warum habt Ihr denn nicht gefragt?« erwiderte er. »Ich nahm es mir vor, und habe wieder darauf vergessen«, antwortete ich.
    »Da die meisten Sänger von lebendigen Tierchen leben,« setzte er seine Erzählung fort, »so ist es nicht ganz leicht, die Nahrung für alle zu bereiten. Da aber doch ein großer Teil nebst dem Ungeziefer auch Sämereien nicht verschmäht, so sind in der Speisekammer alle Sämereien, welche auf unseren Fluren und in unseren Wäldern reifen, und werden, wenn sie ausgehen oder veralten, durch frische ersetzt. Für solche, welche die Körner nicht lieben, wird der Abgang durch Teile unseres Mahles, zartes Fleisch, Obst, Eierstückchen, Gemüse und dergleichen ersetzt, was unter die Körner gemischt wird. Die Kohlmeise erhält sehr gerne, wenn sie tätig ist, und besonders, wenn sie um ihre

Weitere Kostenlose Bücher