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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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Heil, und wiederholten es mehrere Male.
    »Witiko, der Obmann im Kriege, und der Obmann zu Hause«, rief David, der Zimmerer.
    »Der Obmann im Kriege und der Obmann zu Hause«, riefen die Menschen.
    »Wir haben es auf jenem Berge so gesagt, daß er uns führen müsse, ehe noch die Schlacht gewesen ist«, rief Zacharias, der Schenke, »und er hat es gut gemacht, und er ist wie wir, und wir sind wie er. Und es ist alles gut.«
    »Und er hat die ganzen Waldleute, die auch nicht zu uns gehörten, geführt, als der grüne Feldherr erschlagen war«, rief Paul Joachim, der Maurer, »und es ist gut gewesen, wir haben ihn verstanden, und alles ist gut gewesen, und ist jetzt gut.«
    »Die zu Hause wissen nicht, wie es im Kriege ist«, rief Stephan, der Wagenbauer, »aber wir, wir können es sagen, daß es nun gut ist.«
    Tom Johannes, der Fiedler, sprang hervor, daß er zwischen den Leuten und den Herren stand, er streckte seine verstümmelte Hand empor und die andere auch, und machte mit den Mienen und den Händen Zeichen, daß er reden wolle. Als alle stille waren, rief er: »Ja, wir wissen es, die wir in dem Kriege gewesen sind, wir wissen es, wir wissen alles; aber alle wissen nicht, wie es sich gebührt, und wie es in der hohen Sitte bei dem Herzoge ist und bei den großen Lechen und bei den Herren und bei denen, die es verstehen, und wer es versteht, dem müssen sie folgen, und ich sage euch, da redet ihr alle, bevor der Herr geredet hat, als ob ihr vornehmer wäret, erst redet der Herr und dann der Untertan.«
    »Du redest auch vor dem Herrn, und mehr als wir alle«, rief Zacharias, der Schenke.
    Die Menschen lachten; aber sie schwiegen.
    Da sprach Witiko: »Redet, es rede, wer da wolle.«
    Sie redeten aber jetzt nichts mehr.
    Da erhob Witiko seine Stimme, und rief: »Richter der Häuser und Orte meines Gebietes, ihr habt mir das Gelöbnis der Untertänigkeit für alle Menschen des Gebietes auf das Kreuz des Heilandes geleistet, ich nehme das Gelöbnis an, und leiste auf das Kreuz des Heilandes euch und allen Menschen des Gebietes das Gelöbnis der Treue eines Herren gegen seine Untertanen und der Erfüllung der Pflichten der Herrschaft entgegen. Ich beginne an dem heutigen Tage die Herrschaft, und sage: den zehnten Teil dessen, was ihr dem hocherlauchten Herzoge Wladislaw als Gebieter des Waldlandes gegeben habt, erlasse ich euch auf die Zeit meines Lebens. Das andere werdet ihr mir entrichten. Die Dienste für mich allein zu meinem Bedarfe und zu meinem Vergnügen werde ich nicht von euch erzwingen, meine Bauwerke, meine Wege, meine Stege und Brücken, meine Reisen, meine Jagden und meine Bewachung schöpfe ich aus meinem Eigentume. In den Diensten für das Gebiet und für den hocherlauchten Herzog werde ich euch nicht bedrücken, und werde euch, wenn die Notwendigkeit dazu kömmt, die Notwendigkeit darlegen. Den Guten werde ich gut sein, wie ein Genosse des Waldes dem Mitgenossen des Waldes ist. Die da fehlen, werde ich zu bessern suchen, und wenn Strafe sein muß, werde ich nach dem Erweise der Schuld milde aber sicher strafen. Wer Hilfe braucht, der komme zu mir, und ich werde nach meinen Kräften helfen. Die Tore meiner Wohnung werden offen stehen, daß keiner meiner Untertanen ausgeschlossen ist. Ich danke euch, daß ihr gekommen seid, gehet zu den Eurigen und verkündet, was ich gesagt habe.«
    Als er diese Worte mit lauter Stimme gerufen hatte, entstand ein Schreien in dem Volke, daß kein einziger Ruf zu verstehen war; aber es war ein Schreien der Zustimmung und ein Schreien der Freude. Sie drängten sich herzu, daß kein Raum mehr zwischen ihnen und Witiko war, und es stieß einer den andern. Und in dem Schreien des Volkes hörte man das Aufweinen von Kindern und das Kreischen von Weibern, die gedrückt wurden. Die Richter aber streckten ihre Hände gegen Witiko, und er reichte jedem die seinige. Und als das Schreien sich gemildert, und als man einzelne Rufe vernommen hatte: »Heil Witiko«, »Segen Witiko«, »Das ist recht«, »Das ist gut«, und als nur mehr die Stimmen durcheinander redeten, nannte Witiko jeden Richter mit seinem Namen, und sagte ihm, daß er seine Insassen und seine Angehörigen grüßen möge.
    Dann wurde das Kreuz des Heilandes in die Kirche getragen, Witiko und Wentislaw und der Pfarrer und der Richter von Plan bahnten sich einen Weg durch die Menschen, und gingen gegen das steinerne Häuschen Witikos. Alle Menschen, die vor der Kirche gewesen waren, gingen mit ihnen, und die zu Hause

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