Werke
so daß der geschickteste Setzer nicht den gesprenkelten Marmor zu entziffern vermag. Dann spalte ich die appetitlich gespitzten Federposen, werfe das Federmesser in dem Augenblick, als Sie darnach greifen, vom Tische herab, so daß die Klinge abspringt, dann verstöre ich die Papiere durcheinander, bringe die mit allerlei Notizen beschriebenen kleinen Blättchen in gehörigen Luftzug, daß sie, wird nur die Türe geöffnet, lustig emporwirbeln, dann klappe ich die aufgeschlagenen Bücher zu und reiße aus andern die hineingelegten Zeichen heraus, dann ziehe ich Ihnen das Papier, während Sie schreiben, unter dem Arme weg, so daß ein schnöder Zirkumflex die Handschrift verdirbt, dann stülpe ich schnell das Glas Wasser um, als Sie eben trinken wollen, so daß alles unterzugehen droht in der Wasserflut, und alle Ihre wässerichten Gedanken zurückkehren in das Element, dem sie angehören. – Genug, ich will all meine Weisheit aufbieten, Sie als Teufelspüppchen recht sinnreich zu quälen, und dann wollen wir sehen, ob es Ihnen möglich sein wird, noch mehr aberwitziges Zeug zu schreiben, als bereits geschehen. – Wie gesagt, ich bin ein stiller, gutmütiger friedliebender Kanzleiassistent, dem schnöde Teufelskünste fremd sind, aber Sie wissen, mein Herr, wenn kleine, nach hinten zu über die Regel heraus geformte Leute mit langen Zöpfen in Zorn geraten, so ist von Schonung nicht weiter die Rede. Nehmen Sie meine wohlgemeinte Warnung wohl zu Herzen und unterlassen Sie jeden ferneren Bericht in Taschenbüchern, sonst bleibt es beim Teufel und seinen Streichen.
Aus allem, mein Herr, werden Sie übrigens hinlänglich ersehen haben, wie gut, so wie viel besser ich Sie kenne als Sie mich. Angenehm kann jetzt unsere nähere Bekanntschaft nicht sein, darum wollen wir uns sorgfältig vermeiden, und ebendeshalb habe ich auch alle Anstalten getroffen, daß Sie meine Wohnung niemals erfahren werden. – Adieu pour jamais!
Noch eins! – Nicht wahr, die Neugierde quält Sie zu wissen, ob mein Herzenskind bei mir ist oder nicht? – Ha! ha! ha! das glaub’ ich! Aber kein Jota erfahren Sie davon, und diese kleine Kränkung sei die einzige Strafe für das, was Sie an mir begangen.
Mit aller Achtung, die Ihnen, mein Herr, sonst gebührt, zeichne ich mich als
Ihren ganz ergebensten
Irenäus Schnüspelpold ,
vormals Kanzleiassistent zu Brandenburg.
Berlin, den 25. Mai 1821.
N. S. Apropos – Sie wissen vermutlich oder können es leicht erfahren, wo man jetzt hier den reichsten und geschmackvollsten Damenputz kauft. Wollen Sie mir das noch heute gefälligst sagen lassen, so bin ich zwischen neun und zehn Uhr abends in meiner Wohnung anzutreffen.
Adresse
Sr. Wohlgeb. Herrn etc. E.T.A. Hoffmann ,
dermalen im Tiergarten bei Kempfer
Wirklich erhielt der, an den dieses Schreiben gerichtet und den wir der Kürze halber mit Hff. bezeichnen wollen, dasselbe gerade zur Zeit, als er in der sogenannten spanischen Gesellschaft, die sich bekanntlich alle vierzehn Tage bei Kempfer im Tiergarten versammelt und keine andere Tendenz hat, als auf gute deutsche Art Mittag zu essen, zu Tische saß.
Man kann denken, wie sehr Hff. überrascht wurde, als er, seiner Gewohnheit nach zuerst die Unterschrift lesend, den Namen Schnüspelpold fand. Er verschlang die ersten Zeilen, als er aber die unbillige Länge des noch dazu mit seltsam verschnörkelten Buchstaben geschriebenen Briefes gewahrte und zugleich sich überzeugte, daß sein Interesse immer mehr und mehr und zuletzt vielleicht auf unangenehme Weise erregt werden dürfte, hielt er es für geratener, den Brief zur Zeit ungelesen in die Tasche zu stecken. War es nun böses Gewissen oder gespannte Neugierde, genug, alle Freunde bemerkten an Hff. Unruhe und Zerstörung, kein Gespräch hielt er fest, er lächelte gedankenlos, wenn der Professor B. die leuchtendsten Witzworte hinausschleuderte, er gab verkehrte Antworten, kurz, er war ein miserabler Kumpan. Gleich nachdem die Tafel aufgehoben, stürzte sich Hff. in die Einsamkeit einer entfernten Laube und zog den Brief hervor, der ihm in der Tasche brannte. Zwar wollte es ihn was weniges verschnupfen, sich von dem wunderlichen Kanzleiassistenten Irenäus Schnüspelpold so schnöde und gröblich behandelt, ja rücksichts seiner Autorschaft so schonungslos abgefertigt zu sehen, indessen vergaß er das im Augenblick und hätte vor Freuden in die Lüfte springen mögen, und das aus zweierlei Ursachen.
Fürs erste wollte es ihm bedünken, als
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