Werke
jungen Fürstin, in Empfang zu nehmen, in dem verfallnen Schloß zu Bassa, ehemals Paphos. – Hier fiel es mir ein, das Horoskop der jungen Fürstin zu stellen. Ich brachte heraus, daß ihr hohes Glück, ein Thron, bestimmt durch die Verbindung mit einem Fürsten; aber zu gleicher Zeit gewahrte ich die Zeichen blutigen Mordes, grauenvoller Untaten, entsetzlicher Todeskämpfe, mich selbst darin verflochten und in dem Augenblick des höchsten Glanzes der Fürstin arm, verlassen, elend, aller meiner Wissenschaft, meiner kabbalistischen Kraft beraubt. Doch schien es, als wenn der Kabbala es vergönnt sein könnte, selbst die Macht der Gestirne zu besiegen, und zwar durch die künstliche Entzweiung der ineinanderwirkenden Prinzipe und Einschaffung eines dritten, zur Lösung des Knotens. Dies letzte war nun meine Sache, wenn ich das Unglück, das mir drohte in dem Schicksal meiner Pflegetochter, von mir abwenden und ruhig und glücklich bleiben wollte bis an mein Lebensende. – Ich forschte und forschte, wie das dritte Prinzip zu erzeugen. Ich bereitete einen Teraphim – Sie wissen, Herr Baron, daß die Kabbalisten damit ein künstliches Bildnis bezeichnen, das, indem es geheime Kräfte der Geisterwelt weckt, durch scheinbares Leben täuscht. Es war ein hübscher Jüngling, den ich aus Ton gebildet und dem ich den Namen Theodor gegeben. Die junge Fürstin freute sich über sein artiges Wesen und seinen Verstand, sowie sie ihn aber berührte, zerfiel er in Staub, und ich gewahrte zum erstenmal, daß dem Fürstenkinde gewisse magische Kräfte inwohnen müssen, die meinem kabbalistischen Scharfblick entgangen. Mit einem Teraphim war daher nichts auszurichten, und es blieb nichts übrig, als einen Menschen zu finden, der durch magische Operationen geschickt gemacht werden konnte, jene Entzweiung zu bewirken und in die Stelle des unheilbringenden Teodoros Capitanaki zu treten. – Mein Freund, der Prophet Sifur, half mir aus der Verlegenheit. Er sagte mir, daß sechs Jahre vor der Geburt der Fürstentochter eine Baronesse von S. im Mecklenburg-Strelitzschen, die die Tochter einer griechischen Fürstin aus Zypern sei, einen Sohn geboren –«
»Was?« rief der Baron, indem er aus den Kissen herausfuhr und den Kanzleiassistenten anblickte mit blitzenden Augen, »was – wie? – Schnüspelpoldchen, Sie sprechen ja von meiner Mutter! – so sollte es doch wahr sein?«
»Sehn Sie wohl,« sprach Schnüspelpold, indem er arglistig schmunzelte, »sehn Sie wohl, wertgeschätztester Herr Baron, nun kommt das Interessante, nämlich Ihre eigene werte Person.« Dann fuhr er fort: »Also der Prophet Sifur entdeckte mir die Existenz eines achtzehnjährigen, sehr hübschen und angenehmen mecklenburgschen Barons, der wenigstens von mütterlicher Seite aus griechischem fürstlichen Stamm entsprossen, bei dessen Geburt alle Gebräuche nach griechischer Art beobachtet worden, und der in der Taufe den Namen Theodor erhalten. Dieser Baron, versicherte der Prophet, würde ungemein geschickt zu dem wirklich lebendigen Teraphim taugen, mittelst dessen das Horoskop zu vernichten und den Fürsten Teodoros Capitanaki samt seinem blutigen Schwert in ewige Vergessenheit zu begraben. Der Prophet schnitzte hierauf ein kleines Männlein aus Korkholz, strich es mit Farben an, kleidete es auf eine Weise, die mir sehr possierlich vorkam, und versicherte, daß dies Männchen eben der Baron Theodor von S. sei, wiewohl in verjüngtem Maßstabe. Ich muß denn auch gestehen, daß, als ich Sie, mein wertgeschätzter Herr Baron, zum erstenmal zu sehen das Glück hatte, mir gleich das Korkmännchen vor Augen stand, es gibt nichts Täuschenderes. Derselbe holde schwärmerische Blick, der Ihre Augen beseelt –« »Finden Sie auch die Schwärmerei in meinem Blick, die den tiefen Genius verkündet?« – so unterbrach der Baron den Kanzleiassistenten, indem er die Augen gräßlich verdrehte.
»Allerdings,« sprach Schnüspelpold weiter, »allerdings! Ferner dieselbe Narrheit im ganzen Wesen und Betragen.« –
»Sind Sie des Teufels!« schrie der Baron erzürnt.
»Bitte sehr,« fuhr Schnüspelpold fort, »bitte sehr, ich meine bloß jenes närrische Wesen, wodurch sich eminente Genies, exzentrische Köpfe von gewöhnlichen vernünftigen Menschen unterscheiden. Es klebt mir, zu meiner Freude, auch etwas von jenem Wesen an, und ich würde noch heftiger ausschreiten, wenn mich nicht mein Haarzopf daran hinderte. – Wir beide, der Prophet und ich, mußten herzlich
Weitere Kostenlose Bücher