Werke
begleitet von munteren Straßenbuben, die jauchzend neben ihm her Kurier liefen. – Durchaus hatte es dem Baron nicht gelingen wollen, sich der Angebeteten als ein kühner, mutiger Mann zu zeigen, selbst das letzte Mittel, das die Verzweiflung ihm eingab, die verstellte Ohnmacht nämlich, schlug fehl durch die heillose Dazwischenkunft des geraden, keine Schonung kennenden Chirurgus.
Soweit das Blättlein. In den Notizen des Barons Achatius von F. hat sich nichts gefunden, was mit dem Vorhergehenden in Verbindung zu bringen gewesen wäre.
Drittes Blättlein
Vier Blättlein können hier schicklich zusammengezogen werden in eines, da sie die fortlaufende Erzählung eines und desselben Ereignisses enthalten. Die Schrift scheint von dem Kanzleiassistenten Schnüspelpold selbst herzurühren.
Der Baron Theodor von S. schlief in der trüben regnichten Bartholomäusnacht so erstaunlich fest, daß ihn selbst das Geheul des Sturmwindes, das Klappern und Klirren des aufgesprungenen Fensterflügels nicht zu wecken vermochte. Plötzlich fing er aber an, die Nase zu ziehen, als verspüre er irgendeinen Geruch. Dann lispelte er kaum vernehmlich: »O, mir gib diese schönen Blumen, du meine süße Liebe!« und schlug die Augen auf. Grenzenlos schien sein Erstaunen, als er das Zimmer blendend erleuchtet, dicht vor Augen aber einen großen duftenden Blumenstrauß erblickte. Dieser Blumenstrauß war aber an dem Rock befestigt, den ein alter Mann angezogen, welchen ein verleumderischer Schriftsteller als verwachsen, krummbeinicht, grotesk in seinem ganzen Wesen geschildert hat. Gut ist es aber, daß besagter Schriftsteller den Mann hat zeichnen lassen, und daß die Zeichnung zum Sprechen ähnlich geraten ist. Jeder kann sich daher überzeugen, daß jene Schilderung gänzlich gegen die Wahrheit anstößt. »Um tausend Gottes willen,« rief der Baron ganz erschrocken, »Herr Kanzleiassistent Schnüspelpold, wo kommen Sie hierher zu dieser Stunde?«
»Erlauben Sie,« sprach Schnüspelpold, nachdem er den Fensterflügel befestigt und sich niedergelassen hatte auf den Lehnsessel, den er dicht ans Bette gerückt, »erlauben Sie, verehrtester Herr Baron, daß ich Ihnen meinen Besuch abstatte. Zwar ist die Stunde ungewöhnlich, indessen gerade die einzige, in der ich mich, ohne Aufsehn zu erregen, zu Ihnen begeben konnte, um Sie in Geheimnisse einzuweihen, von denen Ihr Liebesglück abhängt.«
»Sprechen Sie,« erwiderte der Baron, der sich jetzt erst ganz ermuntert, »sprechen Sie, bester Schnüspelpold, vielleicht gelingt es Ihnen, mich aus der schrecklichen Trostlosigkeit zu reißen, in der ich mich befinde. O Schnüspelpold!« –
»Ich weiß,« fuhr Schnüspelpold fort, »ich weiß, wertester Herr Baron, was Sie sagen wollen, und will nicht verhehlen, daß gewisse alberne Streiche, z.B. der Sturz vom Pferde –«
»O! o! o!« seufzte der Baron und verbarg sich in die Kopfkissen.
»Nun, nun,« sprach Schnüspelpold weiter, »ich will diese mißtönende Saite nicht weiter berühren, sondern nur im allgemeinen bemerken, daß Ihr ganzes Betragen und Treiben, wertester Baron, von dem Augenblick an, als Sie mein Mündel geschaut und sich in sie verliebt hatten, von der Art war, daß alle meine Bemühungen, Ihre Verbindung mit der Schönsten zustande zu bringen, scheitern mußten. Besser ist es daher, Sie mit dem, was zu tun, vertrauter zu machen, dies setzt aber voraus, daß ich Ihnen über meine und meines Mündels Verhältnisse mehr sage, als es gewisser Konstellationen halber eigentlich ratsam sein dürfte. Vernehmen Sie also! – Ich fange, wie die Klugheit jedem in allen Verhältnissen des Lebens gebeut, von mir selbst an. Alle Leute, denen ich in die Nähe komme, sprechen, ich sei ein kurioser Mann, mit dem es nicht recht richtig, ohne daß diese Leute selbst wissen, was sie damit meinen. Allen exzentrischen Männern, d.h. solchen, die aus dem enge gezogenen Kreise des gewöhnlichen Treibens hinausspringen, denen die abgeschlossene Wissenschaft nicht genügt, die Stoff und Nahrung höherer Weisheit nicht in Büchern, sondern die Propheten selbst aufsuchen in fernen Landen, geht es aber so, und auch mir. Erfahren Sie, bester Herr Baron – aber Sie schlafen!« – »Nein, nein,« wimmerte der Baron unter dem Kissen hervor, »ich kann mich nur noch nicht ganz von dem unglückseligen Sturz erholen, erzählt nur, Schnüspelpoldchen!«
»Erfahren Sie also,« fuhr Schnüspelpold fort, »daß ich, nachdem ich Kanzleiassistent geworden,
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