Werke
Schwank und versicherte allgemein, daß man noch nicht die Ehre gehabt; da fuhr der Fremde fort: »Nun, es hätte wenig gefehlt, so wäre ich zu der Ehre gekommen, und zwar auf dem Schlosse des Barons F. im Gebirge.« – Ich erbebte, aber die andern riefen lachend: »Nur weiter, weiter!« – »Sie kennen«, nahm der Fremde wieder das Wort, »wohl alle wahrscheinlich, wenn Sie die Reise durch das Gebirge machten, jene wilde schauerliche Gegend, in der, wenn der Wanderer aus dem dicken Tannenwalde auf die hohen Felsenmassen tritt, sich ihm ein tiefer schwarzer Abgrund öffnet. Es ist der sogenannte Teufelsgrund, und oben ragt ein Felsenstück hervor, welches den sogenannten Teufelssitz bildet. – Man spricht davon, daß der Graf Viktorin, mit bösen Anschlägen im Kopfe, eben auf diesem Felsen saß, als plötzlich der Teufel erschien und, weil er beschlossen, Viktorins ihm wohlgefällige Anschläge selbst auszuführen, den Grafen in den Abgrund schleuderte. Der Teufel erschien sodann als Kapuziner auf dem Schlosse des Barons, und nachdem er seine Lust mit der Baronesse gehabt, schickte er sie zur Hölle, sowie er auch den wahnsinnigen Sohn des Barons, der durchaus des Teufels Inkognito nicht dulden wollte, sondern laut verkündete: ›Es ist der Teufel!‹ erwürgte, wodurch denn aber eine fromme Seele aus dem Verderben errettet wurde, das der arglistige Teufel beschlossen. Nachher verschwand der Kapuziner auf unbegreifliche Weise, und man sagt, er sei feige geflohn vor Viktorin, der aus seinem Grabe blutig emporgestiegen. – Dem sei nun allem, wie ihm wolle, so kann ich Sie doch davon versichern, daß die Baronesse an Gift umkam, Hermogen meuchlings ermordet wurde, der Baron kurz darauf vor Gram starb und Aurelie, eben die fromme Heilige, die ich in der Zeit, als das Entsetzliche geschehen, auf dem Schlosse malte, als verlassene Waise in ein fernes Land, und zwar in ein Zisterzienserkloster, flüchtete, dessen Äbtissin ihrem Vater befreundet war. Sie haben das Bild dieser herrlichen Frau in meiner Galerie gesehn. Doch das alles wird Ihnen dieser Herr (er wies nach mir) viel umständlicher und besser erzählen können, da er während der ganzen Begebenheit auf dem Schlosse zugegen war.« – Alle Blicke waren voll Erstaunen auf mich gerichtet, entrüstet sprang ich auf und rief mit heftiger Stimme: »Ei, mein Herr, was habe ich mit Ihren albernen Teufelsgeschichten, mit Ihren Morderzählungen zu schaffen, Sie verkennen mich, Sie verkennen mich in der Tat, und ich bitte, mich ganz aus dem Spiel zu lassen.« Bei dem Aufruhr in meinem Innern wurde es mir schwer genug, meinen Worten noch diesen Anstrich von Gleichgültigkeit zu geben; die Wirkung der geheimnisvollen Reden des Malers sowie meine leidenschaftliche Unruhe, die ich zu verbergen mich vergebens bemühte, war nur zu sichtlich. Die heitre Stimmung verschwand, und die Gäste, nun sich erinnernd, wie ich, allen gänzlich fremd, mich so nach und nach dazu gefunden, sahen mich mit mißtrauischen, argwöhnischen Blicken an. –
Der fremde Maler war aufgestanden und durchbohrte mich mit den stieren lebendigtoten Augen wie damals in der Kapuzinerkirche. – Er sprach kein Wort, er schien starr und leblos, aber sein gespenstischer Anblick sträubte mein Haar, kalte Tropfen standen auf der Stirn, und von Entsetzen gewaltig erfaßt, erbebten alle Fibern. – »Hebe dich weg,« schrie ich außer mir, »du bist selbst der Satan, du bist der frevelnde Mord, aber über mich hast du keine Macht!«
Alles erhob sich von den Sitzen: »Was ist das, was ist das?« rief es durcheinander; aus dem Saale drängten sich, das Spiel verlassend, die Menschen hinein, von dem fürchterlichen Ton meiner Stimme erschreckt. »Ein Betrunkener, ein Wahnsinniger! Bringt ihn fort, bringt ihn fort«, riefen mehrere. Aber der fremde Maler stand unbeweglich, mich anstarrend. Unsinnig vor Wut und Verzweiflung, riß ich das Messer, womit ich Hermogen getötet und das ich stets bei mir zu tragen pflegte, aus der Seitentasche und stürzte mich auf den Maler, aber ein Schlag warf mich nieder, und der Maler lachte im fürchterlichen Hohn, daß es im Zimmer widerhallte: »Bruder Medardus, Bruder Medardus, falsch ist dein Spiel, geh und verzweifle in Reue und Scham.« – Ich fühlte mich von den Gästen angepackt, da ermannte ich mich, und wie ein wütender Stier drängte und stieß ich gegen die Menge, daß mehrere zur Erde stürzten und ich mir den Weg zur Türe bahnte. – Rasch eilte ich durch den
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