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Werke

Werke

Titel: Werke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Storm
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Wild auf dessen Armen lag. Und schon waren sie oben, und der Junker stand mit grimmem, schier verzerrtem Antlitz vor dem Jungen.
    »Herr! Ach, Herr!« Im Schrecken suchte der des Junkers Arm zu fassen; aber schon hatte der schwere Stock des Jungen Kopf getroffen, daß er lautlos auf den Boden fiel.
    Ein Schrei des blonden Dirnleins hat die Stille unterbrochen: »Pfui, pfui, der böse Junker!« Einen Augenblick noch hat sie groß und angstvoll zu ihm aufgeschaut; dann, unter stürzenden Tränen die Schriften, die sie noch in Händen hatte, von sich werfend, ist sie den Seitenstieg hinabgerannt, der um die Gebäude nach dem Dorfe führte.
    Der Junker Hinrich, der wie leblos dagestanden, ist plötzlich aufgefahren: »Bärbe! Bärbe!«, denn er pflegte mit dem Kinde sonst manch gütig Wort zu reden; dann aber, da sie ihn nicht hörte, hat er sich über den wimmernden Jungen auf den Boden hingeworfen, Haar und Wangen ihm gestreichelt und ihn letzlich mit dem Knechte nach seiner Kammer und auf sein eigen Bett getragen.
    Die dicke Ausgeberin, die mit der Magd schon vor der Küchentür gestanden, ist emsig hinterhergetrabt: »Nun, Junker, da habt Ihr Sauberes angerichtet; da draußen nichts als Nacht und Unwetter, und der Chirurgus meilenweit da drüben in der Stadt!«
    Der Junker hat kein Wort darauf erwidert, aber er ist fort und nach dem Hof hinabgerannt; und kaum eine Stunde später hat er auf seines Vaters großem Rappen vor dem Stadttor angehalten. Als aber nach vielem Rufen ihm geöffnet worden, war auf den dunklen Gassen groß Gewimmel und Gejauchze; war doch am Nachmittage von gesamten Zimmerleuten aus Stadt und Amt der neue Galgen vor dem Ostertor in Präsenz des worthabenden Bürgermeisters aufgerichtet und ihnen dann frei Bier in großen Tonnen vom Magistrat verabreicht worden; da haben die anderen Gewerke auch nicht trocken sitzen wollen, und sind auf den Abend viel lustiger Leute in der Stadt gewesen.
    An einem Häuschen, das sich auch im Dunkeln durch die im Winde klappernden Becken kenntlich machte, hatte der Junker seinen Rappen angebunden. »Holla, Frau Meisterin, ist denn Ihr Mann noch auf den Beinen?«
    Die alte Frau, die mit einem qualmenden Lämpchen im Hausflur vor ihm stand, gab keine Antwort; mit verstürztem Antlitz wandte sie sich um und lief in eine Kammer. »He, Nikolaus, Nikolaus!« hörte er sie rufen, »der Junker von Grieshuus steht draußen!«
    Aber der Junker stand schon in der Kammer und vor der Bettstatt, wo der Amtschirurgus schnarchend und voll süßen Bieres auf den Kissen lag. Da haben er und die Frau Meisterin den trunkenen Mann mit gütlichen Worten sanft gerüttelt, bis die müde Seele wie aus eines Brunnens Tiefe an die Oberwelt gelangte; als aber die mageren Beine nicht aus der Bettstatt vorwärts wollten, hat der Junker zur Ermunterung mit seiner Peitsche hin und her geklatscht und, als die Frau darüber schier verschrocken worden, dem Manne selbst in Wams und Hosen helfen müssen. »So, Meister Nikolaus, Er braucht heut keine Sporen; und soll der Ritt ihm gut vergolten werden!« Dann hat er ihm den Mantel umgeworfen und den Hut aufs Haupt gestülpt: »Nun das Verbandzeug und das Apostalipflaster!«
    Und eh er sich’s versehen, hat der Amtschirurgus hinter dem Junker hoch zu Roß gesessen, die Knie aufgezogen, die Hände um des Reiters Leib geklammert.
    »Ade, Frau Meisterin!« Und unter des Junkers Sporen ist der hochbeinige Rappe durch die dunklen Gassen hingeflogen, dann durch das Tor und über die Felder in die Nacht hinaus. Als sie, schon nahe an Grieshuus, bei der Kirche im Dorf vorüberbrausten, hat der Küster, der eben von einer Hochzeit kam, ein »Alle guten Geister!« ausgestoßen und gemeinet, daß ein Hexenpaar an ihm vorbeifliege; denn der Mantel des Amtschirurgus hat wie ein Weiberrock im Wind gestanden.
    Und endlich klapperten des Rappen Hufen in der Torfahrt von Grieshuus.
    »Da bring ich ihn, Greth-Lise!« rief der Junker fröhlich, als er den hageren Chirurgus vorab in die Kammer schob.
    »Still, still, Junker Hinrich!« Und die wackere Alte, welche eben des Jungen Kopf mit Wasser kühlte, winkte dem Eintretenden abwehrend mit der Hand: »Hier liegt ein Kranker, den Ihr selbst gemacht habt.«
    Da warf der Junker sich vor dem Jungen an die Bettstatt: »Hans Christoph, verklag mich nicht da oben! Wir wollen’s noch bei Lebzeit wettzumachen suchen!« Der Bursche aber richtete sich stöhnend auf dem Ellenbogen in die Höhe, so daß die Füße mit den groben

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